Bohnen: (zurzeit)
Espresso
- Bosques de San Francisco, Antigua, Guatemala (The Barn)
- Bonanza Naturals, Mischung aus Brasilien, El Salvador, Äthiopien (Bonanza Coffee Roasters)
Filter
- Los Pirineos, Tecapa, El Salvador (Kafischmitte)
- Karimikui, Kenya (Kafischmitte)
- Kochere, Yirgacheffe, Äthiopien (The Barn)
- Nyawira, Embu, Äthiopien (The Barn)
- Finca Licho & Hachira (Henauer Kaffee)
Röster: (zurzeit)
- Kafischmitte, Langnau i.E.
- G. Henauers Sohn AG (Henauer Kaffee), Höri
- The Barn, Berlin (DE)
- Bonanza Coffee Roasters, Berlin (DE)
Maschine: La Marzocco Strada EP (Siebträger)
Bericht:
ENDLICH. Schon seit Jahren wird in der Kaffeeindustrie von der sogenannten “Third Wave” gesprochen oder von “Specialty Coffee”. Konsumenten beginnen Kaffee nach Anbauregion zu kaufen, Röster beschreiben ihre Produkte mit genauen Geschmacksprofilen, wie man es bisher höchstens vom Weinetikett kannte, und Gastronomen lernen vermehrt, dass sich guter Kaffee nicht einfach auf Knopfdruck zubereiten lässt. Während dieser Trend im Ausland schon seit längerer Zeit vermehrt spezialisierte Kaffeelokale hervorbrachte, die nicht nur verschiedene Kaffees sondern auch verschiedene Zubereitungsformen im Angebot haben, hatte sich diese dritte Welle hier leider bis anhin nur in Teilstücken manifestiert: Den progressivsten Röstern fehlt das hauseigene Café bzw. Stadtnähe, Lokale mit Kaffeeauswahl beschränken diese oft auf Espresso, und bei den ersten Annäherungsversuchen an den neu zelebrierten Filterkaffee steht mangels Bekanntheit der Erlebnisfaktor im Vordergrund, um überhaupt einmal Gäste für das Ungewohnte zu gewinnen. Doch nun wurden die Gebete der Specialty Coffee Anhänger erhört und mit Bear Brothers & Cow erstmals ein Third Wave Coffee Tempel in Zürich eröffnet – eine Pilgerstätte für experimentierfreudige, qualitätsorientierte Kaffeeliebhaber. Hier bieten zwei junge Quereinsteiger all das, was die Szene in den letzten Jahren vorwiegend im nördlichen Ausland als erstrebenswerte Standards hervorgebracht hat: hell geröstete Kaffees mit Geschmacksprofilen jenseits von Nuss und Schokolade, Zubereitung mit diversen Filterverfahren, wie V60, Aeropress, oder Siphon, mit exakt temperiertem Wasser, kalt gebrühter Kaffee, und fast schon nebenbei natürlich Espresso aus der Maschine mit variablen Druckprofilen. Dass man das Meiste an verwendetem Zubehör auch gleich für zu Hause kaufen kann, ist ein praktischer Zusatz für all jene, die neu auf den Geschmack kommen, “etablierte” Heimbaristi werden sich aber vermutlich besonders über den Verkauf der importierten Kaffees aus internationalen Spitzenröstereien freuen, deren Versandkanäle Privatkunden oft nur erschwert oder gar nicht offen stehen. Aber trotz aller Begeisterung, fragt sich natürlich trotzdem auch noch wie denn das ganze schmeckt. Bei meinem Besuch entschied ich mich zuerst für einen V60 Filterkaffee, und zwar den äthiopischen Kaffee Kochere der deutschen Rösterei The Barn. Das Resultat enttäuschte nicht, das oftmals teeartige Profil äthiopischer Kaffees kam wunderbar zur Geltung. Danach liess ich mir natürlich auch die Espressi nicht entgehen – deren zwei sind zurzeit im Angebot: Einige Mischung aus trocken aufbereiteten Kaffees von Bonaza Coffee Roasters und einen nass aufbereiteten Single Origin Kaffee aus Guatemala von The Barn. Ersterer dürfte dem durchschnittlichen schweizer Espressotrinker vermutlich etwas mehr munden, da die Süsse von trocken aufbereiteten Kaffees der stärkeren Säure der hellen Röstung ausgleichend entgegenwirkt. Dem Bosques de San Francisco hingegen fehlt diese natürliche Süsse, weshalb die Säure deutlich dominanter und der Espresso wohl eher etwas für experimentierfreudige Konsumenten ist. Da sich die Espressi in ihren Geschmacksprofilen an den nördlichen Gewohnheiten von Säurebetontheit orientieren, ist selbst diese “normalste” Form der Zubereitung bei Bear Brothers & Cow etwas spezielles, bzw. schlichtweg Neuland. Für Zürich ist die Eröffnung dieses Lokals jedenfalls eine riesen Sache. Einziger Wehrmutstropfen ist die noch ungewisse Zukunft, denn der Mietvertrag der Lokalität ist etwa auf ein halbes Jahre beschränkt. Doch bis dahin ist Bear Brothers & Cow eine klare Kampfansage an die Zürcher Kaffeegastronomie, der trotz stetigen Fortschritten etwas Konkurrenz durchaus gut tut. Mit mehr qualitätsorientierten Lokalen steigt hoffentlich auch die Nachfrage und bringt somit den Ball so richtig ins Rollen. 5 Zürich-Bohnen für dieses Lokal, das Zürich endlich einen Platz auf der Karte der internationalen Spezialitätenkaffee Szene sichert.