Also, das mit den Tannenbäumen wird mir allmählich zu doof. Jedes Jahr einen armen, ermordeten Baum ins Wohnzimmer zu stellen, um ihn dort verdorren zu lassen und irgendwann im Frühling, wenn ich endlich Zeit dazu finde, der Grünabfuhr zu übergeben, das kann ich nicht mehr verantworten.
Das mit dem künstlichen Tannenbaum finde ich aber ebenso doof. Ist doch vollkommen abwegig, ein hässliches Etwas aus Plastik, das aussieht wie ein armer, ermordeter Baum, ins Wohnzimmer zu stellen, um es dort verstauben zu lassen und irgendwann im Frühling, wenn ich endlich Zeit dazu finde, in einem entlegenen Winkel der Wohnung zu verstauen, wo ich es nächstes Jahr bestimmt nicht wieder finde. Biologisch abbaubar wäre das Zeugs auch nicht und obendrein quälte mich der Gedanke, ich würde allmählich meiner Schwiegermama, die seit Jahren auf ihr Plastikbäumchen schwört, allmählich ähnlich.
Gar keinen Tannenbaum zu haben, finde ich irgendwie halt doch auch doof. Gerade in diesen trüben Zeiten, in denen die Mächtigen wieder glauben, die Welt werde sicherer, wenn man nur möglichst viele Waffen anschafft, sehne ich mich nach Frieden in den eigenen vier Wänden, und den haben wir ganz bestimmt nicht, wenn ich verkünde, wir würden in Zukunft auf das Bäumchen verzichten. Nennt mich ruhig eine Memme, aber diesen Kampf will ich mir nicht antun, das Leben mit fünf Heranwachsenden bietet auch so schon mehr als genug Stoff für Konflikte.
Einen Tannenbaum zu mieten, den ich nach dem Fest der Gärtnerei zum weiteren Hegen zurückgebe, finde ich grundsätzlich ganz und gar nicht doof, mein Bankkonto hingegen weigert sich rundheraus, drei- oder viermal mehr für einen Mietbaum herzugeben als für einen armen, ermordeten. Da kann ich noch lange erklären, der Gärtner müsse doch auch entschädigt werden für den Pflegeaufwand, den so ein Bäumchen übers Jahr mit sich bringt, mein Konto bleibt stur und rückt das Geld nicht raus.
Einen Tannenbaum im Topf zu kaufen, der nach Weihnachten in einem etwas grösseren Topf weiter wachsen darf, nächstes Jahr wieder ins Wohnzimmer kommt und irgendwann, wenn er zu gross für die Stube ist, einen festen Platz im Garten zugewiesen bekommt, erscheint mir da als die beste Lösung. Das Gewissen ist entlastet, weil es sich nicht für den Tod eines unschuldigen Bäumchens verantwortlich fühlt. Mein ästhetisches Empfinden wird nicht durch dem Anblick einer künstlichen Tanne beleidigt. Mein Konto ist zufrieden, weil ein glückliches, eingetopftes Bäumchen nicht mehr kostet als ein armes, ermordetes. Die Grüne in mir jubelt laut, weil ein Bäumchen, das ganz aus der Nähe stammt, bei uns ein dauerhaftes Zuhause bekommt. Der Familienfriede ist gewahrt und die fürsorgliche Mama, die neulich beschlossen hat, immer mal wieder einen Baum zu pflanzen, um kommenden Generationen auf diesem geplagten Planeten ein paar sichere Werte zu hinterlassen, hat das Gefühl, einen unglaublich guten Entscheid getroffen zu haben.
gesso 2; prettyvenditti.jetzt