Baumarktkette mahnt Bauhaus-Studenten ab

Von Frontmotor
Einer meiner -wirklich so erlebten- Lieblingswitze über die Entfremdung zwischen Wessis und Ossis lautet ja: "Reisetipps für den Osten? Fahrt doch mal nach Dessau und schaut Euch das Bauhaus an." Antwort: "Warum sollen wir denn dafür bis nach Dessau fahren?"
Klar stolpert man nach einem Umzug immer mal über die Frage, ob die Baumarktkette irgendwas mit der Gropiusschule zu tun hatte. War es etwa nach der Gründung der Erstausrüster von Architekturstudenten und Möbeldesignern im Praktikum?
Nichts dergleichen. Der Baumarktkettengründer hat nichts mit Dessau, Weimar oder gar Berlin zu tun. Er ist gebürtiger Schwabe. Sein Name: Baus. (Der Mann lebt in der Schweiz, Zeitungen beißen sich an ihm die Zähne aus, z.B. Bilanz) Von Baus zum Bauhaus brauchte es vielleicht nur einen inspirierten Abend. Und ich kenne Leute, die sprechen Bauhaus durchaus so einsilbig wie den Namen dieses Gründers aus. Ich kenne aber auch Leute mit dem dicken BAUHAUS Wälzer im Bücherregal, den man auch auf irgendeinem Foto von John und Yoko sieht und mancher hält es für einen Katalog.
Vielleicht habe ich mich nach der Besichtigung der Meisterhäuser in Dessau mal flüchtig gefragt, warum ich erst hier erfuhr, dass diese Möbeldesigns, die ich schon lange kannte, a) aus den 20ern stammen und b) ich noch nie unter dem Namen Bauhaus wahrgenommen hatte. Die Frage verging dann wieder. Doch heute erfuhr ich die Antwort:
In einem Interview (Link) mit der Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs auf Dradio ging es zuerst darum, dass die Bauhausschule 1933 von den Nazis verboten wurde. So weit bekannt. Und nach dem Krieg meldete o.g. Baus Markenrechte fürs "Bauhaus" an. Er war einfach schneller als die Designschule, die diesen Namen erfunden hatte und in die USA emigriert war. Aus den USA brachte Baus auch seine Idee für einen Heimwerkermarkt mit. Baus wusste sicher, was er da tat. Aber bis heute verfolgt er Verletzungen seiner Markenrechte konsequent mit Abmanhnungen. Zuletzt bekam das eine Bauhausbegeisterte Studentengruppe zu spüren, die ein Textilunternehmen gründeten und Taschen mit der Aufschrift "My Bauhaus is better than yours" verkaufte (Link).
Ich habe mal im Register des Patentamtes nachgeschaut. Und tatsächlich: Seit 1970 ist Bauhaus eine eingetragene Marke für eine Fülle von Warenklassen: Link

Rechtlich kann man der Bauhaus AG nichts. Das Markengesetz ist anders als das Patentgesetz. Eine Wortmarke muss nicht neu sein, um sie anmelden zu können. Sie muss nur gerade frei sein. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurden z.B. auch viele etablierte Marken frei, die sich später andere aneigneten. Die Marke bleibt solange besetzt, bis der Inhaber aufhört, sie zu benutzen oder die Gebühren zu zahlen.
Ich finde das unerhört. Aus zwei Gründen:
Der Begriff Bauhaus ist erstens von einer kreativen Gruppe für eine Stilrichtung erfunden worden, die heute weltweit bekannt und als geniales Kreativwerk anerkannt ist. Große Unternehmer wie Max Braun und Steve Jobs haben auf deren Designprinzipien Weltunternehmen gegründet. Die Besetzung durch einen Schrauben, Hammer und Bohrmaschinenverkäufer, der sicher nicht ohne Bedacht auch stilisierte Lampen verkauft, hat dagegen nichts mit der Popularisierung der Bauhaus-Idee zu tun. Das zeigt er durch sein Vorgehen gegen die Studentengruppe.
Zweitens wären die Bauhaus Genies vielleicht noch selbst auf die Idee gekommen, ihre Wortschöpfung schützen zu lassen, sie waren eben noch nicht in der Kommerzialisierungsphase angekommen. Aber die Nazis machten ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Ist vielleicht weit hergeholt und bisschen zu stark. Aber ein bisschen erinnert mich das an Arisierungsgeschichten, nur diesmal auf dem Gebiet des geistigen Eigentums. Zudem völlig legal, siehe Markenrecht.
Frau Jaegl sagt zum Schluss des Interviews, dass ihr Dessauer Kollege vorhat, der Bauhaus AG eine "kultivierte Koexistenz" vorzuschlagen. Denn Museen wie das Bauhaus sind auf private Einnahmen angewiesen. Dass die Museen ihre populären Ikonen als Re-Editionen nicht mal unter eigenem Namen verkaufen dürfen, ist ein ganz schlechter Witz.
Sollte die Bauhaus AG nicht mit sich reden lassen, sollten wir eine Bewegung daraus machen, bis der Gesetzgeber eingreift.
Besucht alle einfach mal: http://www.betterbauhaus.com/