Seit 2002 können die Entwickler von Digital Illusions CE (kurz DICE) auf eine durchaus erfolgreiche Geschichte der Battlefield-Reihe zurückblicken. Selbstverständlich mit Höhen und Tiefen, welche ich seit Battlefield 2 mit den meisten Titeln selbst miterleben durfte. Ob Battlefield V sich in die Reihe der besseren oder schlechteren Exemplare einreiht, erfahrt ihr in folgendem Test.
Battlefield braucht keine Kampagne
Nachdem für mich Battlefield 3 und Battlefield 4 zum Besten zählen, was ich bisher an taktischem Shooter spielen durfte, war Battlefield Hardline für mich ein Graus. Die Rückkehr aufs Schlachtfeld in Battlefield 1 war für mich da nur die logische Konsequenz. Mit Battlefield V kehrt die Serie nicht nur von der Aufzählung her zurück zu seinen Wurzeln, sondern bietet mit dem Zweiten Weltkrieg ein altbekanntes Setting. Anders als erwartet, erleben wir in Battlefield V aber nicht zum wiederholten Male den D-Day, sondern werden an eher unbekanntere Orte geführt. Das Herzstück bietet indes erneut der Mehrspieler-Modus. Zwar bietet DICE, anders als die Konkurrenz, eine Kampagne an. Diese kann man aufgrund des fehlenden historischen Kontextes, meines Erachtens nach, aber getrost vernachlässigen. Geboten bekommen wir hier nämlich eher Hollywood-Reife Szenarien als düstere Zweite Weltkriegskost. Ich persönlich bin mehr ein Freund von realistischen und historisch nachvollziehbaren Inhalten. In der Kampagne suchen wir diese Inhalte vergeblich. Wenn ich ehrlich bin, erwarte ich in Battlefield keine tiefgründige oder umfangreiche Kampagne, auch in Battlefield 1 (wo die Kampagne deutlich mehr bot), habe ich diese sehr wenig gespielt. Die Action und Atmosphäre finden wir nämlich ganz woanders. Nämlich im Mehrspieler!
Mehrspieler-Vielfalt ohne Rush
Der Mehrspieler-Modus bietet erneut abwechslungsreiche Modi, die für kurze aber auch längere Runden einladen. Neben fünf Modi, die für einzelne Runden ausgewählt werden können, bietet der „Große Operationen" Modus zwei zusätzliche Modi an, die jeweils nur dort gespielt werden können. Die „Großen Operationen" orientieren sich dabei an dem bekannten Modus aus Battlefield 1. Bei den „Großen Operationen" werden wir durch fiktive Tage begleitet, die jeweils eine Runde auf dem virtuellen Schlachtfeld bedeuten. Dabei hat das Ergebnis von Tag 1 spielerische Auswirkungen auf Tag 2, welcher sich wiederum auf Tag 3 auswirkt. In Battlefield 1 konnten sich geschwächte Teams noch über eine zusätzliche Angriffskraft in Form der Behemoths freuen, nun wirken sich die Ergebnisse viel kleinschrittiger aus. So erhalten die „Verlierer" von Tag 1 an Tag 2 bspw. weniger Respawns, weniger Munition oder haben weniger Fahrzeuge zur Verfügung. Die neue Struktur setzt zudem voraus, dass alle Teile der Karte bzw. die mit der Großen Operation verbundenen Schauplätze auch tatsächlich besucht und bespielt werden können. Eine durchschnittliche Runde „Große Operation" dauert zirka eine Stunde, kann je nach Ausgeglichenheit der beiden Truppen aber auch schon mal länger dauern.
Die beiden Modi, die nur in den „Großen Operationen" vorkommen, sind Luftlandung und Final Stand. Bei Luftlandung werden klassische Kriegsereignisse wie ein Fallschirmabsprung auf dem Schlachtfeld geboten, den man frei wählen kann. Da sich die Flugzeuge aber einem nicht abnehmbaren Dauerfeuer ausgesetzt sehen, liegt es am Spieler selbst, das Risiko einzugehen näher an den jeweiligen Operationspunkten abzuspringen. Um sich weiter vorzukämpfen, müssen die angreifenden Truppen abspringen, sich einzeln verstreute Bomben schnappen und diese Richtung Artilleriegeschütz bringen. Die verteidigende Fraktion versucht eben genanntes zu verhindern. Umso mehr Geschütze zerstört wurden, desto weiter können die ankommenden Flugzeuge fliegen und die Spieler abwerfen. In Final Stand kommt es bei Gleichstand zu einem „Last Man Standing" ähnlichen Finale. Die gleichstarken Teams erhalten dabei keine Respawns und kämpfen bis zum Tod. Die Durchmischung der verschiedenen Spielmodi, die ich im folgenden noch kurz darstelle und den zwei gebundenen Modi in den „Großen Operationen", bietet erstaunlich viel Abwechslung, wenn man die entsprechende Zeit mitbringt. Pausen gibt es nicht wirklich (außer die langen Ladebildschirme, dazu aber später mehr), sodass man quasi mehr als eine Stunde pro Runde einplanen muss.
Wer sich zeitlich oder evtl. sogar spielerisch nicht mit den Großen Operationen auseinandersetzen möchte, kann in Battlefield V aber auch auf andere Modi zurückgreifen, die jeweils eine Runde umfassen:
Wo Battlefield draufsteht, darf der Eroberungsmodus nicht fehlen. Mit bis zu 64 Spielern kämpfen wir auf weitläufigen Karten um jede einzelne Flagge. Umso mehr Flaggen unser Team besitzt, desto schneller fallen die Tickets des gegnerischen Teams. Interessante Neuerung ist zudem, dass wir mit jeder Klasse nun auch Barrieren aufstellen können, mit denen wir die Flaggen nun individueller und abwechslungsreicher verteidigen können. Wo in vergangenen Battlefield-Teilen die Deckungen mit der Zeit immer weniger wurden, können wir diese nun teilweise wieder aufbauen oder auch taktische Zugänge für Fahrzeuge mit entsprechenden Straßensperren blockieren.
Im Modus Durchbruch ist die Karte in mehrere Abschnitte aufgeteilt, die zu Beginn der Runde zum Gebiet des verteidigenden Teams gehören. Das angreifende Team muss daher Abschnitt für Abschnitt nach einem festen Schema abarbeiten und sich zum Sieg vorkämpfen. Sobald das angreifende Team alle Punkte in einem Sektor erkämpft hat und diese eine gewisse Zeit halten kann, schaltet sich der nächste Abschnitt frei. Diesen Modus werden Battlefield-Veteranen aus den Operationen in Battlefield 1 kennen. In Battlefield V kehrt der Modus als „Standalone" zurück.
Vorherrschaft ist ebenfalls ein Modus, der vielen bereits bekannt sein dürfte. Wer Fahrzeuge verabscheut und lieber zu Fuß unterwegs ist, wird auf den minimierten Schlachtfeldern hier seinen bevorzugten Spielmodus finden. Fahrzeuge sind hier nämlich tabu und es gibt weniger Flaggenpunkte als im Modus Eroberung, was den längeren Fußwegen zugeschrieben sein dürfte. Zudem gibt es noch den Modus Team-Deathmatch, welcher seine Beschreibung bereits im Namen enthält. Wer die meisten Kills in einer bestimmten Zeit erhält, gewinnt die Runde.
Leider haben die Entwickler von DICE einen meiner Lieblingsmodi in Battlefield V gestrichen. Rush sucht man in Battlefield V leider vergebens. Ersetzen soll diesen der neue Modus Frontlinien. Dieser soll eine Mischung aus Eroberung, Rush und dem Vernichtung-Modus aus Battlefield 4 sein. Hierbei kämpfen beide Teams immer nur um eine Flagge und sobald diese für eine bestimmte Zeit gehalten werden konnte, schaltet sich ein neuer Sektor frei, sodass man sich strategisch der feindlichen Basis nähert. Hat man alle strategischen Punkte nacheinander erobert, muss man im finalen Schachzug durch Sprengladung die Runde beenden. Quasi wie Tauziehen mit Knalleffekt. Der Modus ist zwar interessant und durchaus reizvoll, nichtsdestotrotz fehlt mir der klassische Rush-Modus in Summe dann doch.
Und wie sollte es in der heutigen Zeit auch anders sein, soll im März 2019 zudem ein Battle Royal Modus erscheinen.
Das lange Warten lohnt sich
Die langen Ladezeiten in Battlefield 1 vor und zwischen den Runden haben die Entwickler erfolgreich nach Battlefield V übertragen. Jeder Runden-Start wirkt zudem holprig, weil man als PlayStation 4 Pro Spieler andauernd in neue Ladebildschirme verfrachtet wird. Zu Beginn meines Tests habe ich mich noch gewundert, warum zum Beginn einer Runde erst die Map offen ist, ich aber keinen Spawn auswählen kann. Einige Sekunden (manchmal sogar Minuten) später habe ich einen kurzen schwarzen Bildschirm (quasi einen neuen kurzen Ladebildschirm), nun kann ich aber einen Spawn auswählen, an dem ich dann nochmal bis zu 45 Sekunden warte. Ein wenig Licht ins Dunkle kam dann, als ich das erste mal in einem festen 4er-Squad spielte, wo ein Spieler keine PlayStation 4 Pro hatte. Seine Ladezeiten waren nämlich deutlich länger als die der PlayStation 4 Pro Spieler, sodass das zweite mal „Nachladen" die Konsequenz der Synchronisation aller Spieler sein dürfte. Das hätte bzw. muss man technisch einfach besser lösen. Ich sehe kein Problem darin, dass Spieler mit der leistungsstärkeren Konsole bereits auf dem Schlachtfeld warten (dort dann gerne mehr als die 45 Sekunden) aber schon die eigene Ausrüstung individualisieren können, anstatt in einer technisch unsauberen Warteschlange zu landen. Es sei bemerkt, dass diese Art des „Wartens" nicht immer reproduzierbar war, sondern sich in den einzelnen Modi und Runden verschieden darstellte. Nichtsdestotrotz wirkt die Zusammenführung aller Spieler (ob langsame oder schnelle Hardware) sehr unsauber und unkontrolliert.
Aber wie es in der Überschrift schon so schön heißt, das Warten lohnt sich. Und es lohnt sich so wirklich. Battlefield V ist atmosphärisch eines des besten, wenn nicht sogar das beste Kriegsspiel, was ich jemals spielen durfte. Mit entsprechendem 7.1 Surround-Headset und 4K-HDR Fernseher ist man deutlich tiefer in der Schlacht drin, als das Gameplay-Videos oder auch dieser Test vermitteln könnten. Die Grafik ist (von den Darstellungsfehlern mal abgesehen) eine Augenweide, die im Bereich eines Mehrspieler-Titels meines Erachtens nach zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Konkurrenz besitzt.
Nichtsdestotrotz haben sich insbesondere in den ersten Tagen nach Release deutliche Grafikfehler und HDR-Probleme gezeigt, welche der bekannten qualitativen Arbeit von DICE nicht gerecht werden. Auch ploppen einfach mal so Gegenstände in der Landschaft auf, die vorher noch nicht da waren. Das sind nervige Begleiterscheinungen, die wohl langsam das Ende dieser Konsolengeneration ankündigen. Glücklicherweise handelt es sich bei diesen Fehlern um vereinzelte Ausreißer nach Unten und bilden lediglich Ausnahmen. Trotzdem sollte sich DICE hier nochmal ransetzen, um auch die letzten nervigen Probleme einzustellen.
Atmosphäre und Spielgefühl
Ich finde die Balance in einem Spiel erklärt man am besten mit der eigenen Wahrnehmung. Fühlt sich ein Tod „unfair" an und wiederholt sich dieses Gefühl zu oft, kann es durchaus sein, dass etwas an der Balance der Klassen nicht stimmt oder die strategischen Punkte auf der Karte dem Gegner einen Vorteil verschaffen. Insbesondere, wenn die Ereignisse sich auf den einzelnen Karten an bestimmten Punkten wiederholen oder trotz Übermacht eine Sackgasse an einer der Flaggen entsteht, kann die Balance der Karte schon mal in Frage gestellt werden. Nach zahlreichen Spielstunden in den unterschiedlichen Spielmodi und auf den diversen Karten kann ich sagen, dass diese sich angenehm ausbalanciert und fair anfühlen. Die Hitboxen sind nachvollziehbar und sobald ich selbst mal ins Gras gebissen habe, war es meist auch mein eigenes Unvermögen in der jeweiligen Situation. Schade ist nur, dass DICE zu Beginn des Spiels nur acht Karten zur Verfügung stellt, die in den einzelnen Modi mal größer und mal kleiner ausfallen. Auch die zwei Fraktionen (Großbritannien und Deutschland) sind zu wenig um Abwechslung zu bieten. Hier lege ich viel Hoffnung in den neuen Live-Service von Battlefield. Das als „Tides of War" titulierte Programm soll regelmäßig weitere Inhalte mit sich bringen, sodass bereits Anfang Dezember 2018 neue Karten und Fraktionen ins Spiel implementiert werden. Näheres dazu findet ihr auf der offiziellen Homepage von Battlefield V.
Glücklicherweise gibt es in Battlefield V lediglich kosmetische Einkaufsmöglichkeiten. Der Rest an Equipment, den man sich entsprechend verdienen kann, muss mühsam freigespielt werden. Die Entwickler rund um Publisher Electronic Arts scheinen aus dem Desaster um Star Wars Battlefront 2 gelernt zu haben. Die aktuell gewählte Mechanik ist eine für mich annehmbare Entwicklung. Zudem sollen alle zukünftig angekündigten Inhalte kostenlos für alle Spieler erscheinen. Der Premium-Pass gehört somit der Vergangenheit an. Diese Entscheidung dürfte insbesondere den leeren Servern entgegenwirken, die die Konsequenz der Trennung von DLC-Spielern und dem Rest der Spielerschaft war.
Klassenvielfalt
Die Anzahl der vorgenannten Upgrades pro Klasse (von denen es wieder die klassischen vier gibt) bleiben dabei im überschaubaren Rahmen. Auch die individuellen Rüstungen, die sich die Spieler erspielen können, fügen sich nachvollziehbar in die Spielumgebung sein. Interessante Neuerung ist indes, dass man sich innerhalb eines Trupps, unabhängig der gewählten Klasse, wiederbeleben kann. Zwar dauert dies deutlich länger als beim Sanitäter, trotzdem halte ich dies für eine sinnvolle Neuerung im Spiel, um das Zusammenspielen weiter zu fördern.
Die einzelnen Klassen bieten in Battlefield V zudem Kampfrollen, die die Ausrichtung eurer Klassen maßgeblich beeinflussen. Neben dem Sturmsoldaten, ist der Sanitäter, der Versorgungssoldat und der Aufklärer mit von der Partie. Die Kampfrollen gewähren euch dabei zwei unterschiedliche Eigenschaften, die zu eurer Spielweise passen sollten. Beim Sanitäter ist dies neben dem Feldsanitäter der Kampfsanitäter. Der Feldsanitäter kann sich dabei schneller zu einem verbündetem Spieler am Boden bewegen und erhält mehr Anforderungspunkte, wenn man Teamkameraden mit Sanitätstaschen versorgt. Das Pendant, der Kampfsanitäter hingegen ist Nahkampfexperte, sodass als Nahkampfangriffe automatische Takedowns sind und man kann schneller aus brenzligen Situationen fliehen, wenn man niedrige Gesundheit hat. Durch die Kampfrollen lassen sich die einzelnen Klassen individueller gestalten und bieten somit eigentlich acht Klassen im Spiel. Eine durchaus gelungene und abwechslungsreiche Neuerung.
Fazit
Wenn ich ehrlich bin, war ich von der Ankündigung zu Battlefield V und dem damit verbundenen Setting schon etwas enttäuscht. Das V im Namen bot sich meines Erachtens für ein neues V ietnam Setting an. Auch die Rückkehr in die Echtzeit hätte mir durchaus gefallen. Trotz fehlender Vorfreude habe ich mich an diesen Test gewagt und es nicht bereut. Battlefield V hat massig Atmosphäre und läuft technisch und spielerisch sauber, sodass eine spaßige Runde an die nächste angereiht werden kann. Die nervigen Grafikfehler mal außen vor gelassen. Die neuen Kampfrollen in den jeweiligen Klassen sind gut durchdacht und lassen sich taktisch klug einsetzen. Auch die Neuerungen im Zusammenspiel, welches das gegenseitige Wiederbeleben implizieren, sind erfreulich. Die Ladezeiten und die wahrnehmbaren Einbußen in der Technik lassen einen dann aber doch nach einer neuen Konsolengeneration lechzen. Positiv hervorheben möchte ich zudem, dass alle zukünftigen Inhalte kostenfrei für alle Besitzer von Battlefield V erscheinen und verfügbar sein werden. Das dürfte die Server auf längere Zeit am Leben halten, und darauf freue ich mich!