Barth: “In der WTCC fühle ich mich zuhause”

Fredy Barth stand uns Rede und Antwort

Fredy Barth stand uns Rede und Antwort

Die Halbzeit der WTCC-Saison ist erreicht und die Fahrer und Teams haben nun einen Monat Zeit, Abstand zu nehmen und zu regenieren. Ein Fahrer, dessen Terminkalender aber auch in der Pause prall gefüllt ist, ist Fredy Barth von Wiechers-Sport. Für uns hat er sich dennoch einige Minuten Zeit genommen, um ein paar Fragen zu beantworten.

 

Hallo Fredy, Du bist gerade auf dem Rückweg aus Spa. Was führte dich dorthin?
Der offizielle Test vom 24-Stunden-Rennen.

Du bist ja bekannt dafür, dass du neben der WTCC auch hin und wieder GT-Rennen mitfährst. Das sind ja schon zwei Serien, die sich ziemlich unterscheiden. Was findest du prinzipiell interessanter?
Also die WTCC ist vom Fahrerfeld her schon härter. Ich persönlich fühle mich in der WM schon zuhause. Durch die ganze Welt zu jetten und auf allen möglichen Strecken Rennen zu fahren, die spannend sind, macht schon Laune.

Was ist denn deine Lieblingsstrecke?
Stadtkurse finde ich immer wieder spannend und cool, zum Beispiel Porto oder Macau. Was aber natürlich auch immer wieder spannend ist, ist die Nordschleife, eine Strecke für sich. Und Spa, wo wir heute waren, ist auch nicht ohne. Das sind die vier Strecken, die mir immer ganz gut in Erinnerung sind.

Kommen wir auf den Anfang deiner Karriere zu sprechen. Du hast ja Ende der 90er angefangen. Was waren die Beweggründe mit dem Motorsport anzufangen, vor allem da Rundstreckenrennen in der Schweiz verboten sind?
Mich hab die Ambivalenz zwischen Geschwindigkeit und Ruhe fasziniert, die ich mit Niki Lauda mal erleben durfte, als ich eine Taxifahrt machen konnte. Und schon von klein weg gab es zu Hause eine gewisse Affinität zum Motorsport und Autos durch das Fernsehen und Fahrertrainings. Ich fand auch die Mechanik und die Technik dahinter interessant.

Kann man Niki Lauda auch als Dein Vorbild sehen?
Nein, ein Vorbild war er damals eigentlich nicht, heute vielleicht eher. Prinzipiell war es aber das Erlebnis, nicht das Vorbild. Ich habe kein direktes Vorbild und habe auch nie eines gehabt. Es gibt einfach viele Leute, die bestimmte Qualitäten haben und ich versuche einfach, mir die guten Sachen abzuschauen.

Du bist damals relativ schnell auf Tourenwagen umgestiegen. Warum bist du nicht weiter Formelwagen gefahren?
Finanzen. Eine ganz kurze Antwort.

Gibt es Rennen, egal aus welcher Kategorie, an die du dich besonders gut erinnern kannst?
Ja, Porto war 2009 im Eurocup schön, da habe ich gewonnen. Dann gab es ein tolles Rennen in Pau, auch ein Stadtkurs; auch an mein erstes WTCC-Rennen 2010 in Brasilien. Ein 24-Stunden-Rennen am Nürburgring mit Gentle-Swiss-Racing ist mir auch gut in Erinnerung geblieben, auch mit dem Ford Fiesta in Dubai. Ich bin schon sehr viele Rennen gefahren, aber kann mich praktisch an alle Renneinsätze erinnern. Es ist ja auch schön, dass man so etwas machen darf; dann soll man sich auch daran erinnern.

Was würdest du heute beruflich machen, wenn du nicht im Motorsport unterwegs wärst?
-lacht- Ich wollte eigentlich damals Physik studieren. Was aus mir geworden wäre, weiß ich nicht, vielleicht ein Atomphysiker. Ich kann es wirklich nicht sagen. Mittlerweile bin ich derart im Motorsport verankert, dass ich mir etwas Anderes nicht wirklich vorstellen kann. Ich kann aber mein physikalisches Verständnis in vielerlei Hinsicht im Motorsport nutzen, gerade bei Datenaufzeichnung und Fahrwerkskomponenten.

Barth ist auch in der Blancpain-Serie unterwegs

Barth ist auch in der Blancpain-Serie unterwegs

Du bist ja generell sehr viel unterwegs und wahrscheinlich auch nur selten zuhause. Gibt es Tage, an denen du deinen Job nicht magst und du lieber tatsächlich etwas mit Physik machen würdest?
Mein Job besteht ja nicht nur aus Rennenfahren. Ich mache einerseits Fahrtrainings auf Rundstrecken, dann bin ich auch als Projektleiter für das Jaguar-GT3-Projekt, das ich zusammen mit Emil Frey stemme, verantwortlich. Dazu kommen die Aktivitäten mit den Sponsoren und das belastet manchmal schon. Ich habe wenige Tage, an denen mich entspannen oder zurücklegen kann und dann ist es logisch, dass es Tage gibt, an denen ich lieber einen normalen Job von 9 Uhr morgens bis 5 Uhr abends machen würde. Spätestens nach einer Woche würde ich mich aber wahrscheinlich schon wieder umentscheiden. Was ich natürlich auch gar nicht lustig finde, ist, wenn ein Rennen wie in Porto in den Leitplanken endet. Das kotzt mich auch an, dann würde ich auch lieber etwas Anderes machen.

Reisen ist ein gutes Stichwort: die WTCC ist fertig mit Europa und jetzt geht es nach Übersee. Sind diese Rennen eine besondere Belastung im Hinblick auf die Logistik, vor allem für die Teams?
Für das Team ist das auf jeden Fall eine zusätzliche Belastung, was die Planung angeht, aber auch als Fahrer ist es nicht ganz ohne, weil man jedes Mal relativ lange unterwegs und weit weg ist. Mit meinem Zeitplan ist das nicht immer einfach. Von daher sind die Überseerennen auch mit der Zeitverschiebung schon sehr anstrengend, zumal ich auch versuche, die Reisezeit so kurz wie möglich zu halten und entsprechend wenig Zeit habe mich zu reaktivieren oder es vorher oder nachher noch zu genießen. Andererseits ist es aber auch schön. Man kommt an Orte, an die man sonst nicht kommen würde.

Der Jetlag spielt also definitiv eine Rolle?
Ja, schon. Mal geht es besser, mal weniger. Woran das genau liegt, kann ich nicht sagen. Vor allem das erste Jahr in Japan war ich jede Nacht wach und konnte dann nicht mehr schlafen. Das ist nur mäßig optimal.

Wie sieht ein WTCC-Wochenende denn generell aus?
Ein Rennwochenende fängt schon eine ganze Weile vorher mit der Flugbuchung an. Rein sportlich versuche ich mich eine Woche vorher mit der Strecke auseinanderzusetzen, schaue mir YouTube-Videos oder Daten mit Geschwindigkeiten und Gängen anzuschauen und mache mir am Vorabend Notizen auf Streckenplänen, damit ich die Strecke kennenlerne.
Die Anreise ist meistens einen Tag vor der ersten Session, also freitags oder donnerstags. Ich versuche eigentlich immer, das möglichst knapp zu halten, um nicht zu lange aus der Schweiz oder sonstigen Tätigkeiten wegzubleiben. Am Abend der Ankunft gibt es eine Streckenbegehung, dann ein Gespräch mit dem Ingenieur, bei dem wir durchsprechen, was wir ausprobieren und machen wollen. Danach kommt die Fahrerbesprechung und oftmals noch PR-Termine.
Der Samstag ist oft sehr dicht gedrängt mit den Freien Trainings und Qualifyings. Meistens sind noch Gäste da, die wir empfangen und zum Beispiel durch die Boxengasse führen. Mit Gästen oder Sponsoren gehen wir oftmals noch abendessen. So ein Rennwochenende geht eigentlich im Eiltempo an einem vorbei.

Das klingt fast so als wäre das eigentliche Rennen nur Nebensache. Das kriegt man als Zuschauer gar nicht so mit.
Das eigentliche Rennenfahren ist zwar immer die Motivation und der Hauptgrund für die Aktivitäten, aber rein zeitlich gesehen ist es eigentlich tatsächlich eine Nebensache. Das ist die sogenannte Quintessenz -lacht-

Hättest du denn gerne mehr Track Time wie in der Formel 1 oder der DTM?
Manchmal haben wir ja eine zusätzliche Testsession am Freitag. Ich finde, das sollte es jedes Mal geben. In Porto sind wir zum Beispiel aufgrund des Stadtkurses alle schon Donnerstag angereist und das ganze Team war schon vor Ort. Die Begründung, warum wir am Freitag oft nicht fahren, ist ja die Budgetsenkung. Man versucht sich, auf die Sessions am Samstag und Sonntag zu beschränken, damit weniger Personal weniger lang abwesend ist.
Aber oftmals sind die Leute aufgrund der logistischen Gegebenheiten oder Presseterminen ja sowieso schon am Donnerstag vor Ort, sodass wir eigentlich auch am Freitag fahren könnten. Für mich hat das relativ wenig mit effektiver Kostensenkung zu tun und eine halbe Stunde mehr halte ich für angebracht, denn diese WTCC-Autos haben so viele Einstellmöglichkeiten. Wenn du keine 50 Ingenieure in der Garage oder ein Basis-Setup, bist du eigentlich schon verloren, gerade wenn du ein bisschen daneben liegst.

Gibt es denn Leute im Fahrerlager, mit denen du dich besonders gut verstehst?
a, es gibt gewisse Fahrer, die ich ganz gut mag und es gibt gewisse Fahrer, die ich halt etwas weniger mag. Ich belasse es gerne ohne Namen. -lacht-
Nein, mit vielen Leuten habe ich ein gutes Verhältnis und freue mich auch, die zu sehen. Das ist dann so ein bisschen familiär. Und überall im Leben, gibt es halt Leute, auf die könnte man auch gut verzichten.

Triffst du dich mit anderen Fahrern auch in der Freizeit? Timo Glock trifft sich ja z.B. in seiner Freizeit relativ oft mit anderen Fahrern zu einer Fahrradtour.
Es gibt schon gewisse Fahrer, mit denen ich in Kontakt bin, aber das sind oft die Fahrer von Emil Frey Racing oder Marcel Fässler und Neel Jani aus der Schweiz. Die schweizer Motorsportszene ist ja relativ klein. Daher kommt es mal vor, dass man sich trifft, oder zusammen auf einer Messe sitzt, oder abends mal weg geht. Aber um explizit Sachen zu unternehmen, fehlt mir einfach die Zeit. Ich muss ehrlich sagen, dass, wenn ich schon Zeit habe und zuhause bin, ich sie lieber zuhause mit meiner Freundin und meinen Freunden aus Jugendzeiten verbringe. Das ist schon schwierig genug.

Der zweite Teil des Interviews folgt morgen. Darin geht es unter anderem um die derzeitige WTCC und die Zukunft.


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