barrierefrei? ja, aber…

Von Bernhard Jenny @bernhardjenny

wenn der vorsitzende eines gestaltungsbeirates aussagen über die barrierefreiheit im wohnungsbau sagt, es sei „ein enormer Kostenfaktor und unlogisch, weil die Anzahl der Menschen mit Einschränkungen ist nicht 100 Prozent“, dann kann das nicht mit besonders viel überlegung zu tun haben.

denn das wesen der barrierefreiheit ist in einem staat, der die „UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ unterzeichnet hat, ein gesamtgesellschaftliches. das haben offensichtlich noch nicht alle, selbst solche, die es von berufswegen wissen müssten, nicht verstanden.

konsequent weitergedacht hiesse eine einschränkende aussage, wie sie der vorsitzende des gestaltungsbeirates (lt. orf salzburg) getroffen hat, dass es zb. auch bei den öffentlichen bussen genügen würde, wenn nur soviele barrierefreien busse fahren würden, wie es prozentuell menschen gibt, die auf barrierefrei busse angewiesen sind.

bitte nachdenken. was hilft einer rollstuhlfahrerin, die in salzburg-nord den bus benutzen will, wenn der „prozentuell angemessene“ bus gerade in salzburg-süd unterwegs ist? oder was hilft ein barrierefreier bus um 10:00 uhr, wenn er aber um 10:30 benötigt würde? schade, dass noch nicht alle busse barrierefrei sind, aber die absicht ist zumindest gegeben, dies zu schaffen.

diese absicht sollte auch beim bau von wohnungen gegeben sein. sollen menschen, die eine barrierefreie wohnung brauchen, auf die „vorauswahl“ der bauherren/frauen angewiesen sein, in welcher lage eine barrierefreie wohnung gebaut wird? sollen menschen mit rollstühlen sich überlegen müssen, mit wem sie sich befreunden oder wen sie besuchen?

der altbestand an wohnungen ist ohnehin lange nicht barrierefrei, also ist es ganz im sinne einer inklusiven gesellschaft, neue wohnungen ausschliesslich barrierefrei zu bauen.

denn nicht die sondereinrichtung, die sondervorrichtung, die sonderlösung sind inklusiv. sondern jene massnahmen, die allen entgegenkommen und flächendeckend daher partizipation ermöglicht.

es ist also ein „no go“, wenn der anspruch auf partizipation räumlich, zeitlich oder sonst wie bewusst eingeschränkt wird.

es entlarvt die sprechenden, wenn sie sagen:
barrierefrei? ja, aber…

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grafik: bernhard jenny cc by unter verwendung des barrierefrei-piktograms

Schlagwörter: barrierefrei, barrierefreiheit, gestaltungsbeirat, inklusion, salzburg, walter angonese