Baños

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Ich bin in Baños angekommen, jenem Städtchen am Tungurahua, der 1999 ausgebrochen ist und seitdem, mal mehr mal weniger stark, aktiv ist.

Mittags erklomm ich die Stufen zum Mirador de la Virgin del Agua Santa. Auch hier huldigte man dem Kreuzweg Jesu’. Oben angekommen erwarte mich jene Jungfrau. Aus Beton, auf einem unerreichbaren abweisenden Podest thronend. Ach! Ihr Zöglinge Abrahamitischer Religionen, bemitleidenswerte Geschöpfe! Warum baut ihr eure Gotteshäuser, eure Heiligenbilder immerzu in den Himmel, höher als der Mensch sein kann, wenn Gott doch im Herzen sein soll? Unzählige Paare haben sich hier verewigt: Herzen in allen erdenklichen Formen und Farben, hunderte von Namen und Daten. Und ich erinnerte mich, wie ich damals mit Cäcilia auf der Holzburg saß, billigen Lambrusco trank und unsere Namen ins Holz ritzte. Die Burg riss man ab. Jahre später.

Danach folgte ich einem Pfad zu einem Aussichtspunkt, von dem man den Tungurahua sehen sollte. Mit jedem Schritt nach vorne trat ich einen Schritt zurück in die Vergangenheit. Wann habe ich mich zuletzt an Grashalmen, muhenden Kühen, Wolken, verwitterten Bretterbuden, am Betreten unbekannter Pfade erfreut? Ein Gefühl des Glücks schwappte in kribbelnden Wellen über mein Herz, drang in alle Glieder des Körpers. Warum verliert der Mensch die Faszination an Dingen, die ihn als Kind fesseln? Als Kind konnte ich mir vieles nicht erklären – es blieben Geheimnisse, Mysterien. Ich wusste mich damals tagelang an einem kleinen Bach zu beschäftigen: Habe Steinchen rein geworfen, Dämme geschichtet, Ameisen gequält, Stöcker gesammelt, den Serenaden der Natur gelauscht. Dort, wo heute in meinem Dorf eine Neubausiedlung steht, standen damals verschlissene, rostige Traktoren, Anhänger, Pflüge – von Gras überwuchert, im Boden versunken. Welch Abenteuer es war, auf dem Weg zum Bäcker (immer Samstags) diesen Platz zu durchqueren. Bei den Sonntagsspaziergängen mit Eltern – welch Martyrium! – erzählte ich meinen Bruder von in den Wolken wohnenden (uns bedrohenden) Außerirdischen, von Galaxien und Schwarzen Löchern. Vater gefiel das nicht: Der große pummelige Bruder durfte die nächsten Sonntagsspaziergänge vorausgehen.

Die Realität entknotet das Knäuel Phantasie: Die Erfahrungen um menschliches Verhalten, das Wissen um physikalische Gesetze, biologische Regeln, gesellschaftliche Anforderungen, Zukunftssorgen entzaubern die großen Rätsel, machen uns nüchtern, reflektierend, kalkulatorisch – Erwachsen. Aber manche von uns bewahren sich das Kind. Wir grübeln zu oft darüber nach, was wir wie machen können: Wir allen haben Talente! Man muss sie nur finden – sie liegen an jenem Ort Namens Muse – und die Stimmen jener überhören, die nach unserem Reichtum schielen.

Ameisen krabbeln über meine Arme. Ich kaue auf einem Grashalm. Ich hoffe, Du findest, was du suchst.“ Ich weiß nicht was ich hier suche. Ich weiß nicht ob ich überhaupt suche. Ich bin lediglich hier. Hier auf „meiner“ Insel kann ich gehen, wie die ersten Menschen, die ihren Fuß in die afrikanische Steppe setzten, kann gehen, wie ein Nomade vor Krankheit, Umweltkatastrophen, dem Tod der Ahnen, Zwist, Krieg. Der Mensch wurde sesshaft, und die Farbe Grün, die Farbe der Hoffnung. Einige von uns sind geblieben, wer wir einst waren.

Das goldene Abendlicht flüchtet auf die schneebedeckten Bergspitzen. Dort, wo der Mensch nur schwer hinkommt. Und die Berge ziehen die Wolken hoch. Wie eine Zudecke. Die Nacht wird kalt und der Schlaf macht schutzlos. Die Stimmen im Tal werden leiser. Und ich sitze hier. Und schaue aus meinem Hotelfenster.



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