Mein Nachbar weiß viel über mich. Er weiß, wie ich heiße und wenn er nicht blind ist, weiß er sogar, wie ich aussehe und wo ich wohne. Wenn er ein bisschen googelt findet er heraus, dass ich gerne beim Radio rum hänge und ich mich sehr für Filme interessiere. Er könnte auch herausfinden, wer meine Freunde sind, was für Musik ich höre, dass ich kein Vegetarier bin, wann ich Geburtstag habe, dass ich ohne Kaffee unausstehlich sein kann. Das alles sind Dinge, die man ohne Probleme über mich erfahren kann, weil ich diese Informationen selbst in Umlauf setze. Der gläserne Mensch ist nur so gläsern, wie er das selbst will. Wäre ich ein Street-Art-Künstler, der Nacht für Nacht weltweit unterwegs ist, um Wände zu bemalen, würdest Du es wissen?
„Exit Through The Giftshop“ ist ebenfalls ein Kunstwerk. Durchsetzt mit viel Ironie und wenig fundierten oder echten Informationen. Man darf nicht denken, man erfährt tatsächlich mehr über diese ominöse Person. Man erfährt nur etwas über Thierry, der wahrscheinlich auch nicht echt ist. Was man allerdings erfahren kann, ist, wie Street-Art an sich funktioniert. Das Gefühl, welches dahinter steht, wird wahrscheinlich sehr gut vermittelt und steigert die Faszination am Thema. Außerdem lässt sich herrlich über all die pikierten und spießigen Kunstkenner lachen, die sich ein Stück Wand in ihre private Galerie stellen, nur weil darauf eine Cartoon-Ratte mit Tomaten jongliert.
Exit Through The Giftshop (GB, 2010): R.: Banksy; D.: Banksy, Thierry Guetta, Jay Leno, u.a.; M.: Roni Size, u.a.; Offizielle Homepage
In Weimar: lichthaus
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.