„Anything But Words“
(Warner Bros. Records)
Geben wir es doch ruhig zu, auch wenn es ein bisschen wehtut: Interpol sind in den letzten Jahren ein wenig langweilig geworden. Ihrem phänomenalen Debüt, dem maximal düsteren „Turn On The Bright Lights“, ließen sie die feine Tanzplatte „Antics“ folgen, dann kam die orchestrale Überhöhung „Our Love To Admire“ und darauf der Versuch, Wave und Elektronik zu verbinden – spätestens bei „El Pintor“ allerdings war nicht mehr zu kaschieren, daß es an tragfähigen Ideen mangelte, nicht mehr genügend Inspiration für ein komplettes Album vorhanden war. Gedanken und Erfahrungen, die sich mutmaßlich auch Paul Banks, der Kopf der Kapelle gemacht hat, zumindest sprachen seine Soloausflüge unter dem Moniker Julian Plenti oder unter Klarnamen, in jedem Falle aber seine Mixtapes, diese Sprache. Von Banks‘ Vorliebe zum HipHop konnten seine Fans schon länger lesen, insofern war die Kollaboraion mit Robert Fitzgerald Diggs aka. RZA, Mastermind des Wu-Tang Clan keine so große Überraschung.
In Diggs hat Banks offenkundig einen Brother in Mind gefunden, denn auch dieser liebt es, seine Grenzen und Fähigkeiten auszutesten, ist er doch nicht nur Musiker und Komponist, sondern agiert seit geraumer Zeit auch als Regisseur und Schauspieler. Manch einer wird beim Hören des vorliegenden Albums aber einer anderen, naheliegenden Assoziation folgen und noch einmal das geniale MashUp „13 Chambers“ von Cecil Otter und Swiss Andy unter dem Pseudonym Wugazi herauskramen – schließlich wurden hier auf erstaunlich stimmige Weise der Hardcore von Fugazi („13 Songs“) und die Rapskills von „Enter The Wu-Tang (36 Chambers)“, dem Meisterwerk des Clans, gekreuzt. Und ganz ähnlich funktioniert auch der Crossover von „Anything But Words“, nur dass die Songs neu und gemeinsam entstanden sind.
Zu den scharfen Rhymes von RZA (und nebenbei auch noch Kool Keith, Method Man und Ghostface Killah) läßt Banks seine schillernden Gitarrenakkorde schwingen und breiten beide einen synthetischen, dunklen Klangteppich, den Banks mit seinem schwelgerischen Gesang noch verfeinert. Die Stücke klingen zuweilen wie nachträgliche Reworks unbekannter Interpolsongs (hier besonders der Titeltrack und „Conceal“), dann wieder übernimmt Banks im Hintergrund den Job des Veredlers, je nach Vorliebe kann man mal mehr und mal weniger die Handschrift des einen oder anderen entdecken, ausgewogen ist es allemal geworden. Auch Florence Welch durfte sich in „Wild Season“, dem wohl entspanntesten, poppigsten Stück des Albums verewigen, auch das gelingt frei von jeder Peinlichkeit ob der ungewohnten Kombi. Wenn das nun alles gute Nachrichten für all jene sind, die sich gern auch mal neben den abgetretenen Pfaden tummeln, so bleibt doch am Ende die bange Frage nach der Zukunft von Interpol – man kann sich so gar nicht recht vorstellen, wie deren nächstes Album, so es eines geben wird, dann wohl klingen mag … ? http://www.banksandsteelz.com/
13.11. Köln, Gloria
14.11. Berlin, PBHF Club