BERLIN.(hpd) Am letzten Sonnabend wurde das Regierungsviertel in Berlin von etwa 8.000 Demonstranten eingekreist. Unter dem Motto “Banken in die Schranken” riefen Attac, campact und occupy Berlin zu einer Protestaktion auf. Die Regierung sollte damit aufgefordert werden, sich für das Wohl des Volkes und nicht allein das Wohl der Banken einzusetzen.
Es scheint, als wäre die Zeit reif dafür. Am letzten Sonnabend trafen sich etwa 20.000 Menschen, um dem Aufruf des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, campact (Demokratie in Aktion) und nicht zuletzt auch der occupy-Bewegung zu folgen. In Berlin wurde das Regierungsviertel eingekreist, in Frankfurt/M. das Bankenviertel.
Die Organisatoren des Protesttages waren – wie sie mehrfach betonten – selbst überrascht, so viele Menschen auf die Straße zu bekommen. Das Regierungsviertel konnte teilweise in Dreierreihen eingekreist werden. Und dabei gab es noch einen nicht geringen Anteil an Menschen, die auf der Wiese vor dem Reichstag standen; es hätten gut und gern auch vier Reihen werden können.
Es war ein erstaunlich freundlicher Protest. Erstaunlich, weil einige der Plakate sehr deutlich die Wut ausdrückten, die die Menschen auf die Straße brachte. Angeschlossen hatten sich zum Beipiel auch die seit mehr als zwei Monaten streikenden Mitarbeiter der Charité-Servicetochter CFM. Begleitet von der Gewerkschaft ver.di waren sie mit die lautstärksten im Demonstrationszug.
Allerdings habe ich auch beobachtet, dass der Großteil der Demonstranten – zumal bei der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor – kaum etwas von Parteien oder Gewerkschaften hören wollte. Mein Eindruck war, dass das, was der Redner von ver.di den Menschen sagen wollte, diese einfach nicht mehr interessiert. Es war regelrecht zu spüren, wie wenig denen noch getraut wird, die Teile des existierenden Machtapparates sind. So ist auch erklärlich, dass kein Redner der LINKEN oder der Grünen auftrat, obwohl deren Fahnen sehr wohl im Demonstrationszug zu zu sehen waren.
Riesigen Applaus jedoch bekamen die Redner von Attac und campact (siehe Video) und die vier, die für die occupy-Bewegung sprachen.
Mein Eindruck ist, dass sich langsam aus dem eher unstrukturierten Anfängen der occupy-Bewegung in Deutschland langsam eine übergreifende gesellschaftliche Bewegung formiert. Es ist für mich auch erstaunlich, mit welchem medialen Interesse diese Kundgebungen in Frankfurt/M. und Berlin begleitet worden sind. Ich sah schon größere Demonstrationen, über die nicht berichtet wurde.
Nicht alle Forderungen, die auf Plakaten geschrieben standen, würde ich uneingeschränkt unterschreiben. Aber das Gefühl, dass sich etwas ändert – und zwar fern der bisherigen Pfade der Politikpatizipation – dieses Gefühl macht mir Mut. Ich gehe davon aus, dass diese Bewegung etwas ändern wird in der Gesellschaft. Denn kein Land läßt sich auf Dauer gegen seine Bevölkerung regieren.
Nic
[Erstveröffentlicht beim hpd]
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