Baltikum: auf und davon

Von Der Muger @derMuger
Unsere Fähre heisst „Urd“ und soll uns von Liepāja nach Travemünde bringen. Man kann jetzt nicht unbedingt behaupten, die Urd sei ein Traumschiff. Eher so ein angejahrter Frachter mit eingebautem Parkhaus.

Wir sind zeitig am Hafen und dürfen daher früh aufs Schiff. Leider müssen wir aufs Unterdeck, unter der Waserlinie. Und das heisst, tendenziell kommen wir auch als letzte wieder raus. Pünktlich um sechs auspufft schwarzer Rauch aus dem Schornstein, und kurz darauf fahren wir los.
Auf dem Schiff sind alle drei Decks voller lettischer Sattelschlepper. Wir sind fast die einzigen Touristen an Bord. Zum Znacht wähle ich Schnitzel, welches sich dann aber als kein solches entpuppt, sondern als eine panierte Hackfleischknolle. Mundet aber auch.
Wir haben eine Aussenkabine, also eine mit Fenster und Meerblick. Dazu einen Fernseher mit drei sehr fremdsprachigen Programmen, ein schmales Etagenbett und eine „Nautik Seife mit Meeresalgen“. Und geblümte Vorhänge und an der Wand einen blaugelben Linoldruck von einem Wasservogel, der seeehr tot dreinschaut.
Die Meeresalgen-Seife finde ich übrigens sehr passend. Der „Urd“ passierte vor einigen Wochen in ein kleines Hopperla. Sie wurde von einem anderen Schiff gerammt, schlug leck und sank im Hafenbecken auf Grund. Die Einschlagstelle ist, da frisch gestrichen, noch gut zu sehen.
Unser Schiff erweist sich als äusserst angenehm. Zweckmässig und praktisch. Kein Firlefanz. Und die lettischen Lastwagenfahrer sind ganz angenehme Passagiere, ruhig, nett und müde. Die meisten liegen den ganzen Tag in ihren Kabinen. "Scandlines" können wir wirklich empfehlen.
Abends um acht landen wir in Travemünde und um neun sind wir aus dem Schiffbauch raus. Der feste Boden hat uns wieder. Los geht’s, südwärts. Wir fahren noch bis Soltau, wo wir in einem Wald einen schönen Übernachtungsplatz finden.
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