Grenzenlose Technologiegläubigkeit euphorisierter Manager wie aufgeschreckter Politiker offenbaren Bahnchef Richard Lutz‘ feuchte Träume vom „Bahnfahren ohne Fahrkarte“. Wenn es nach Lutz geht, soll in Zukunft kein Ticket mehr für die Bahn gebraucht werden. Dummerweise soll es aber auch keines mehr geben.
Das ist nicht etwa ein Aufruf zum massenhaften Schwarzfahren, sondern er spielt auf ein digitales Ticketsystem an, das die klassische Fahrkarte schon bald ersetzen könnte. Und da wird es dann doch recht merkwürdig.
Als freiwillige Alternative wäre das ja sehr in Ordnung. Wie geplant als einzige Möglichkeit, in Zukunft das öffentliche Verkehrsmittel Bahn legal zu nutzen, ist es wohl mehr der feuchte Traum eines überkandidelten Managers, der zu abgehoben ist, um seine Kundschaft zu kennen und zu wissen, dass er damit sein Kundenpotential mehr als halbiert.
Denn nicht jeder hat ein Smartphone und viele wollen auch keins. Die einen wegen der komplizierten Bedienung, die anderen wegen der Bespitzelung durch Politik und Wirtschaft. Und so treibt man die Menschen wieder zurück in den Individualverkehr – am besten mit Dieselfahrzeugen von VW und Co.
Bespitzelung statt Anonymität
Nach dem direkten oder indirekten Verbot, anonym zu telefonieren (Vorratsdatenspeicherung) oder anonym zu bezahlen (Bargeldabschaffung) soll dem Bürger in Zukunft auch das anonyme Bahnfahren durch den Wegfall der Papiertickets unmöglich gemacht werden – ganz im Sinne und auf der Linie der Regierungskoalition.
Unseren Politikern und Wirtschaftsbossen wäre der Umzug ins Second Life der Linden Labs zu empfehlen. Da können sie dann ihre perversen Allmachtsfantasien ausleben, ohne real existierenden Menschen zum Leben in einem Überwachungsstaat zu zwingen.