Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23. August 2018 – 2 AZR 133/18) hat entschieden, dass bei einer rechtmäßigen – offenen – Videoüberwachung das Video als Beweis für den Diebstahl einer Arbeitnehmerin verwendet werden darf, auch wenn die Aufzeichnung schon mehrere Monate alt war und eigentlich gelöscht hätte werden müssen. Die obigen Ausführungen des Bundesarbeitsgericht geltend für das alte Datenschutzrecht.
§ 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG in der bis zum 25. Mai 2018 geltenden Fassung (aF) lautet:
Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.
Die Arbeitnehmer war in einem vormals von dem Beklagten/ Arbeitgeber betriebenen Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle tätig. Dort hatte der Beklagte eine offene Videoüberwachung installiert, um sein Eigentum für Diebstahl – vor allem durch Kunden – zu schützen.
Nachdem der Arbeitgeber einen Fehlbestand an Tabakwaren festgestellt hatte, sah er sich im August 2016 die Videoaufzeichnungen des Ladens an und stellte fest, dass die Arbeitnehmer im Febr. 2016 an zwei Tagen vereinnahmte Geld einsteckte (Unterschlagung).
außerordentliche und fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin außerordentlich und fristlos.
Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage und meinte, dass die Daten/ Videoaufzeichnungen schon längst hätten gelöscht werden müssen, so dass ein Verwertungsverbot eingetreten ist. Dies sahen die Vorinstanzen genauso und gaben der Klägerin Recht.
Das Bundesarbeitsgericht sah dies anders und wies den Rechtsstreit zur Sachverhaltsaufklärung an das LAG Hamm zurück und führte in seiner Pressemitteilung vom 23.08.2018 (Nr. 40/18) dazu aus:
Die Speicherung von Bildsequenzen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, wird nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig, solange die Ahndung der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber arbeitsrechtlich möglich ist. Auf die Revision des Beklagten hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts das Berufungsurteil hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Sollte es sich – was der Senat nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilen kann – um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung gehandelt haben, wäre die Verarbeitung und Nutzung der einschlägigen Bildsequenzen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG aF* zulässig gewesen und hätte dementsprechend nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt. Der Beklagte musste das Bildmaterial nicht sofort auswerten. Er durfte hiermit solange warten, bis er dafür einen berechtigten Anlass sah. Sollte die Videoüberwachung rechtmäßig erfolgt sein, stünden auch die Vorschriften der seit dem 25. Mai 2018 geltenden Datenschutz-Grundverordnung einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin im weiteren Verfahren nicht entgegen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kanzlei Marzahn – Hellersdorf in Berlin