Eine Arbeitnehmerin, die bei einer Universität als Sachbearbeiterin beschäftigt war, sollte sich u.a. im Jahr 2009 um die Abmeldung von Mülltonnen kümmern. Die Arbeitnehmerin hatte erhebliche Probleme bei der Arbeitsorganisation. Ob eine Abmeldung tatsächlich erfolgt war, war bis zu letzt zwischen der Arbeitnehmerin und der Universität streitig.
Abmeldung von Mülltonnen
Später erhielt die Universität diverse Gebührenbescheide und Mahnungen (16) über insgesamt über € 4.936,70. Die Arbeitnehmerin behauptete aber weiter, dass diese die Mülltonnen bereits abgemeldet hätte und die Bescheide zu Unrecht ergangen seien. Die Arbeitnehmerin behauptete, dass diese gegen die Abgabengebührenbescheide (für die Mülltonnen) bereits Widerspruch eingelegt hätte. Kopien der Schreiben befanden sich in der Akte, allerdings ohne entsprechende Ausgangs- und Zugangsnachweis. Auf Nachfrage räumte die Arbeitnehmerin dann ein,dass die Widersprüche von ihr nachträglich erstellt wurden und auch nicht an die Gegenseite übersandt wurden. Sie behauptete aber weiter, dass die Abmeldungen der Mülltonnen tatsächlich erfolgt seien.
Abmeldung strittig, aber nicht die “Fälschung der Widersprüche”
Nach Anhörung des Personalrates (dieser erteilte aber keine Zustimmung) kündigte die Universität der Klägerin des Arbeitsverhältnis – nach Ersetzung der Zustimmung des Personalrates durch die Einigungsstelle – ordentlich zum 30.09.2012.
Die Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Sie verlor in der ersten und zweiten Instanz. Danach legte sie Revision zum BAG ein. Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision zurück.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das BAG (Urteil vom 23.1.2014, 2 AZR 638/13) führte dazu Folgendes aus:
Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „bedingt“, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers – etwa eine Abmahnung oder eine Versetzung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftigeVertragstreue zu bewirken (BAG 27. September 2012 – 2 AZR 811/11 – Rn. 16 mwN; 9. Juni 2011 – 2 AZR 284/10 – Rn. 34 mwN). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 – 2 AZR 495/11 – Rn. 16; 9. Juni 2011 – 2 AZR 284/10 – Rn. 35).
2. Die Klägerin hat ihre vertraglichen Pflichten – die tatsächliche Abmeldung der Mülltonnen zu ihren Gunsten unterstellt – dadurch erheblich und schuldhaft verletzt, dass sie innerhalb der Zeitspanne von etwa einem Jahr auf insgesamt 16 Schreiben der Stadt nicht reagiert und anschließend zwei in Wahrheit nicht versandte Widerspruchsschreiben unter falschem Datum erstellt und zu den Akten genommen hat. Damit ist sie nicht nur ihren Hauptleistungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Sie hat darüber hinaus durch Manipulation der Akten versucht, ihre Pflichtverstöße zu verschleiern und eine korrekte Aufgabenerfüllung vorzutäuschen. Auf diese Weise hat sie das in sie gesetzte Vertrauen des beklagten Landes zerstört.
Gerade beim planmäßigen Vorgehen zu Ungunsten des Arbeitgebers liegt die Wirksamkeit einer Kündigung nahe. Entscheidend ist hier, dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitnehmer unwiderbringbar zerstört ist. Wer vertraut einen Arbeitnehmer, der Scheiben manipuliert hat? Von daher war die Abmahnung hier nicht mehr notwendig.
RA A. Martin