Die gesetzlichen Kündigungsfristen zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen sind in § 622 BGB geregelt. Von diesen Regelungen sind Abweichungen nur in engen Grenzen durch eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag möglich.
So ist in § 622 Abs. 6 BGB dazu geregelt:
Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Vereinbarungen im Arbeitsvertrag – hier gilt fast immer AGB-Recht
Darüberhinaus muss man wissen, dass die Rechtsprechung fast alle Vereinbarungen im Arbeitsvertrag als allgemeine Geschäftsbedingungen ansieht. Deshalb werden Vereinbarungen im Arbeitsvertrag streng von den Arbeitsgerichten kontrolliert.
Vereinbarung über längere als gesetzliche Kündigungsfrist grundsätzlich zulässig
Wie sich aus der obigen Regelung des § 622 Abs. 6 BGB ergibt, können Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbaren, wenn die Verlängerung der Frist auch für den Arbeitgeber gleichermaßen gilt.
Höchstgrenze ohne Kündigungsmöglichkeit – 5 Jahre Bindungsdauer
Eine zeitliche Grenze der Kündigungsfrist (Höchstdauer) ist in dieser Norm durch den Gesetzgeber nicht geregelt worden. Allerdings ist es so, dass nach § 15 Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eine Höchstgrenze für die Kündigungsmöglichkeit im befristeten Arbeitsverhältnis geregelt ist (5 Jahre).
Dort ist geregelt:
§ 15 Abs. 4 TzBfG
Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
Bundesarbeitsgericht: Urteil zur 3-jähriger Kündigungsfrist
Dazu nun folgender aktueller Fall des Bundesarbeitsgericht:
Ein Speditionskaufmann war seit 2009 bei der Arbeitgeber in Leipzig zunächst für € 1.400 brutto beschäftigt. Im Jahr 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung, die vorsah, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf 3 Jahre zum Monatsende verlängerte. Gleichzeitig hob die Arbeitgeberin das monatliche Bruttogehalt auf 2.400,00 Euro an. Eine weitere Gehaltserhöhung wurde für einige Jahre eingefroren.
Nachdem ein Kollege des beklagten Arbeitnehmers festgestellt hatte, dass auf den Computern der Arbeitgeberin im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm „PC Agent“ installiert war (Überwachung des Computers des AN durch den Arbeitgeber) , kündigten der Arbeitnehmer und weitere fünf Arbeitnehmer am 27. Dezember 2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Januar 2015.
Dagegen ging nun die Arbeitgeberin vor, dass die vereinbarte 3-Jahres-Kündigungsfrist – nicht eingehalten wurde und will gerichtlich festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Arbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2017 fortbesteht.
Die Arbeitgeberin verlor den Prozess. Auch das Sächsisches Landesarbeitsgericht (Urteil vom 19. Januar 2016 – 3 Sa 406/15) ging davon aus, dass die vereinbarte Kündigungsfrist von 3 Jahren unzulässig war.
Die Revision der Arbeitgeberin zum Bundesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 26. Oktober 2017 – 6 AZR 158/16) führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 48/17 vom 26.10.2017 folgendes aus:
Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird.
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Das Landesarbeitsgericht hat hier ohne Rechtsfehler eine solche unausgewogene Gestaltung trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist bejaht. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht