BAG: Feiertagsvergütung und Nachtarbeitszuschlag bestimmen sich wenigstens nach dem gesetzlichen Mindestlohn.

Erstellt am 29. September 2017 von Raberlin

Die Arbeitnehmerin war langjährig bei der Arbeitgeberin als Montagekraft beschäftigt. Laut anwendbaren Tarifvertrag war u.a. einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein „Urlaubsentgelt“ iHd. 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vorgesehen. Die arbeitsvertragliche Vergütung war im Jahr 2015 aber laut Arbeitsvertrag nur mit 7,00 Euro brutto bzw. 7,15 Euro vereinbart, daneben erfolgte die Zahlung einer Zulage, bezeichnet als „Zulage nach MiLoG“ (um auf den damaligen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto die Stunde zu kommen).

Problematisch war hier aber nicht der normale Stundenlohn, sondern die Vergütung für die Feiertage, für die Urlaubstage und der Nachtarbeitszuschlag.

Diese Vergütungen berechnete die Arbeitgeberin nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohnes (damals € 8,50 brutto pro Stunde), sondern aufgrund der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung (€ 7,00 bzw. € 7,15).

Darüber hinaus rechnete der Arbeitgeber ein gezahltes (tarifliches) „Urlaubsgeld“ auf die Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmerin an.

Die Arbeitnehmerin klagte und verlangte mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit 8,50 Euro brutto und meint, dass auch der Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen sei.

Sowohl das Arbeitsgericht und Sächsisches Landesarbeitsgericht
(Urteil vom 27. Januar 2016- 2 Sa 375/15) – haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten/ Arbeitgeberin blieb vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgericht- abgesehen von einer geringen rechnerischen Differenz – ohne Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16 ) führte dazu in seiner Pressemitteilung vom 20.09. Nr. 40/17 aus:

Zwar gewährt das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gilt auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem MiLoG bestimmt; dieses enthält keine hiervon abweichenden Bestimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheidet aus. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssen nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 Euro berechnet werden, da dieser Teil des „tatsächlichen Stundenverdienstes“ im Sinne des MTV ist. Eine Anrechnung des gezahlten „Urlaubsgeldes“ auf Ansprüche nach dem MiLoG kann nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gibt und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht