BAG: Befristung einzelner Arbeitsbedingungen – hier regelmäßige Arbeitszeit

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.3.2016, 7 AZR 828/13) hatte entschieden, dass die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht der Befristungskontrolle nach den Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes unterliegt, sondern der Inhaltskontrolle (als AGB) nach §§ 305 ff. BGB.

Sachverhalt

Der Kläger/ Arbeitnehmer war als Lehrer in einer katholischen Einrichtung in Teilzeit tätig. Der Arbeitsvertrag wurde mehrfach befristet. Der Kläger arbeitete zunächst mit 12 Unterrichtsstunden pro Woche. Darüber hinaus wurde in einem Zusatzvertrag  4 zusätzliche  Wochenstunden vereinbart. Diese sollten aber befristet gewährt werden. Als Befristungsgrund wurde angegeben:

Die Befristung erfolgt hinsichtlich der Deputatsreduzierungen anderer Lehrkräfte an der Heimschule K und wegen des befristeten Mehrbedarfs an Unterrichtsstunden durch die Umstellung von G9 auf G8.

Der Kläger klagte u.a. auf Feststellung, dass ein unbefristetes Anstellungsverhältnis mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 16 stunden besteht.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Alle Instanzen; auch das BAG gaben dem Kläger diesbezüglich Recht.

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass die befristete Erhöhung der Arbeitszeit sich nach dem „AGB-Recht“ richte und das Gericht die Klausel des Arbeitgebers u.a. auf die Angemessenheit zu überprüfen habe. Bei einer Erhöhung der Arbeitszeit in nicht unerheblichem Umfang erfordert jedoch zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 BGB Umstände, die die Befristung eines über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossenen Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Eine Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang liegt – so das BAG – in der Regel vor, wenn sich das Erhöhungsvolumen auf mindestens 25 % eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft.

Das BAG führt dazu in seiner Entscheidung aus:

Nach der Rechtsprechung des Senats können ausnahmsweise zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung durch die Befristung einer Vertragsbedingung Umstände erforderlich sein, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Dies ist der Fall bei der Befristung einer Aufstockung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang (BAG 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 43; 15. Dezember 2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 24, BAGE 140, 191). Die dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zugrunde liegende Wertung, dass der unbefristete Arbeitsvertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme ist (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 1 und S. 12), gilt auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit. Das sozialpolitisch erwünschte – auch seinem Inhalt nach – unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer ein dauerhaftes Auskommen sichern und zu einer längerfristigen Lebensplanung beitragen. Für die Lebensplanung des Arbeitnehmers ist regelmäßig auch die Höhe des von ihm erzielten Einkommens maßgebend. Diese hängt ua. vom Umfang seiner Arbeitszeit ab. Eine längerfristige Planungssicherheit wird dem Arbeitnehmer daher nicht schon allein durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ermöglicht, sondern nur dann, wenn auch der Umfang der Arbeitszeit unbefristet vereinbart wird (vgl. BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 486/04 – zu B II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 274). Das schützenswerte Interesse des Arbeitnehmers an der unbefristeten Vereinbarung des Umfangs seiner Arbeitszeit wird umso mehr beeinträchtigt, desto größer – ausgehend von einer zeitlich unbegrenzten Teilzeitbeschäftigung – der Umfang der vorübergehenden Arbeitszeitaufstockung ist. Bei einer solchen Vertragsgestaltung kann der Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeit befristet erhöht wird, seinen Lebensstandard nicht an einem mit weitgehender Sicherheit kalkulierbaren, in etwa gleichbleibenden Einkommen ausrichten. Auch lässt sich eine befristete Aufstockung der Arbeitszeit – jedenfalls ab einem erheblichen Umfang – der Sache nach kaum noch unterscheiden vom Abschluss eines zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrags, der unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz unterfällt. Daher bedarf die Befristung der Arbeitszeiterhöhung jedenfalls bei einem erheblichen Umfang besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite. Sie liegen nicht vor, wenn nicht auch ein gesonderter Vertrag über die Arbeitszeitaufstockung insgesamt hätte zulässig befristet werden können (BAG 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 43; 15. Dezember 2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 24, aaO).

……

Danach handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Aufstockung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang. Die Arbeitszeit des Klägers wurde befristet für die Dauer des Schuljahres 2011/2012 um vier Unterrichtsstunden wöchentlich erhöht. Ein Vollzeitdeputat umfasst eine Unterrichtsverpflichtung von 25 Wochenstunden. Das mit dem Kläger vereinbarte Aufstockungsvolumen beläuft sich daher auf 16 % eines Vollzeitdeputats. Ein derartiges Arbeitszeitvolumen kommt typisierend als Teilzeitarbeitsplatz nicht ernsthaft in Betracht.

……..

Da die Beklagte wegen der Deputatsreduzierung oder Arbeitsverhinderung anderer Lehrkräfte seit dem Schuljahr 2001/2002 einen ständigen Bedarf an der Aufstockung der Arbeitszeit des Klägers im Umfang von mindestens drei Unterrichtsstunden wöchentlich, seit dem Schuljahr 2007/2008 in zum Teil erheblich höherem Umfang, hatte, kann der Beklagten ein berechtigtes Interesse daran, auch für das Schuljahr 2011/2012 wiederum eine nur befristete Aufstockung der Arbeitszeit im Umfang von vier Unterrichtsstunden vorzunehmen, nicht mehr zugebilligt werden. Bei der zeitweiligen Arbeitsverhinderung und Deputatsreduzierung von Stammpersonal handelt es sich jedenfalls seit dem Schuljahr 2001/2002 um einen Dauertatbestand. Der Wunsch der Beklagten, auf derartige Arbeitsverhinderungen und Deputatsreduzierungen flexibel reagieren zu können, rechtfertigt es nicht, die Arbeitszeit einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft über Jahre hinweg jeweils nur befristet aufzustocken, wenn ein dauerhafter Bedarf an der zusätzlichen Arbeitsleistung besteht. Für die Befristung der Arbeitszeiterhöhung für das Schuljahr 2011/2012 war zwar zusätzlich die bevorstehende Umstellung von G9 auf G8 maßgeblich. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass aufgrund dieser Umstellung künftig nicht mehr mit Arbeitsverhinderungen und Deputatsreduzierungen von Lehrkräften und sich daraus ergebendem zusätzlichen Beschäftigungsbedarf für den Kläger zu rechnen ist.

Rechtsanwalt Andreas Martin



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