Backstage: Bewerbung im Consulting – die Karrieremesse

Von Neo_freeman

Sie heißen akademika, Bonding, Horizon oder Jobvector: öffentliche Karrieremessen. Karrieremessen sind praktisch. Als Jobbewerber triffst Du an einem Ort viele potentielle Unternehmensberatungen an. Andersherum haben die Beratungen die Gelegenheit in kurzer Zeit viele Interessenten kennenzulernen. Eine Win-Win Situation.

Ich selbst habe an über 10 Karrieremessen teilgenommen. Zu Beginn meiner Consulting Laufbahn als Jobsuchender, ein paar Jahre später dann als Recruiting-Unterstützung. Im Beitrag nehme ich Dich mit hinter die Bühne einer Beratung. Ich zeige Dir aus interner Perspektive, wie sich Beratungen auf einen Messe Event vorbereiten, worauf Personalreferenten und Consultants bei Interessenten achten und wie der Qualifizierungsprozess von Bewerbern abläuft.

Unternehmensberatungen sind aus drei Gründen auf Karrieremessen

Lesestoff für die perfekte Karrieremesse aus Sicht eines Bewerbers gibt es reichlich (siehe Webtipp 1). Gründliche Vorbereitung, sicheres Auftreten, spannende Kurzvorstellung, gekonnte Fragetechniken und professionelle Verhaltensetikette – das alles ist für Consulting Jobbewerber schon detailliert anderswo beschrieben (siehe Webtipp 2). Ich möchte einen Schritt weitergehen und Dir den Backstage Bereich einer Unternehmensberatung während einer Karrieremesse vorstellen. Meine Absicht: mit dem Wissen, wie es intern bei einer Consultancy läuft, kannst Du Dich anschließend einfacher und gezielter für einen Job als Unternehmensberater bewerben.

Starten wir also mit einer Grundsatzfrage:

„Warum sollte eine Beratung eigentlich auf einer Karrieremesse präsent sein?“

Immerhin belaufen sich die Kosten für Planung, Ausstellung und Nachbereitung auf eine nennenswerte Summe, zieht eine zeitlich befristete Messe vorrangig nur ein regionales Bewerberpublikum an.

Aus genau drei Gründen sind Karriere-, Job- bzw. Absolventenmessen im digitalen Zeitalter weiterhin gefragte Recruitingkanäle:

Grund 1: Bewerbergewinnung
Der Hauptgrund für die Teilnahme an einer Karrieremesse ist die physische Kontaktaufnahme mit potentiellen Mitarbeitern. Beratungen benötigen Nachwuchs und sind ständig auf der Suche nach talentierten jungen Kräften mit hohen Entwicklungspotential. Auf der Messe stellt die Beratung Kontakt zu Dir her. Passt dieses initiale Treffen für beide Seiten, wird der Einstellungsprozess in Gang gesetzt. Der Vorteil für beide Akteure: es besteht bereits eine persönliche Beziehung. Der Sichtung Deiner Bewerbungsunterlagen kann sofort ein Job Interview folgen.

Grund 2: Markenbildung
Nicht zu unterschätzen ist das Employer Branding welches Beratungen durch die Ausstellung auf einer Karrieremesse bewirken. Wie tritt die Firma auf? Welcher Kleiderordnung folgen die ausstellenden Mitarbeiter? Was für Themen treibt die Beratung voran? Diese und weitere Aspekte haben eine Signalwirkung an das Messeumfeld. So lernen junge Absolventen, Wettbewerber, Messeveranstalter und andere Marktteilnehmer das Unternehmen kennen. Und wer weiß: Vielleicht klopfst Du nächstes Jahr bei der Beratung an, die im April mit „dem coolen Messestand und den lockeren Consultants“ aufwarten konnte.

Grund 3: Marktwissen
Last but not least nutzen Unternehmensberatungen die Karrieremessen zur Marktforschung. Was treibt die heutige Bewerbergeneration rum? Welche Gesprächsthemen sind angesagt? Wie präsentieren sich marktbegleitende Consultancies? Messen sind immer eine gute Gelegenheit, den Finger an den Puls der Nachwuchskräfte und Konkurrenz zu legen. Das alles auf kompakten Raum, live und im wahren Leben.

Absolventenmessen sind für Beratungen bewährte Bewerberkontaktgeneratoren

Während einer Karrieremesse möchte eine Beratung so viele exzellente Jobinteressenten wie möglich kennenlernen. Mit diesem Ziel ist sie nicht die einzige. Auch andere Beratungen und die Industrie umwirbt das Feld der Absolventen und Berufseinsteiger. Hauptproblem einer Consultancy: anders zu Produktherstellern ist das Wertangebot ihres Geschäftsmodells sehr abstrakt.

Aus diesem Grund installieren Beratungen auf Jobmessen gerne konkrete Anziehungsmagneten. Das beginnt bei der Kaffeemaschine mit dem gratis Latte Macchiato, dem nützlichen USB-Stick als Werbegeschenk oder dem Gewinnspiel zum Apple MacBook. Das Credo: ein Messebesuch soll erst angezogen, dann aktiv beteiligt und schließlich positiv an die Beratung als relevanten Arbeitgeber erinnert werden. Hauptsache nicht in der Masse untergehen. Achte einfach bei Deinem nächsten Besuch auf diese Anziehungsmagneten.

Auf der Messe rechnet ein Beratung mit zwei Arten von Besuchern:

  1. Gelegenheitsbesucher, die zufällig am Stand eintreffen und sich spontan und unverbindlich über die Beratung und die Karrierepfade informieren. Diesen ungeplanten Bekanntschaften stellt meist ein Personalreferent die Beratung vor, erklärt die Bewerbungsanforderungen und vereinbart dann nächste Schritte.
  2. Jobinteressenten, die gezielt den Stand der Beratung aufsuchen und einen persönlichen Kontakt herstellen wollen. Diese Personen werden von Beratern betreut, die von ihrem Consulting Alltag berichten und den Besucher unter die Lupe nehmen.

Insbesondere Kandidaten der Kategorie 2, also die potentiellen Bewerber, sind für die Beratung relevant. Für ein vertiefendes Gespräch sind in Schnitt 20-30 Minuten eingeplant. Bei 8 Messestunden kommt ein Verantwortlicher damit auf potentiell 16 Einzelgespräche. Betreuen zwei Personen den Firmenstand, sind ein einem Tag 32 qualifizierende Gespräche möglich. Rechnest Du eine Erfolgsquote von 5 Prozent, sind das für die Beratung 1 bis 2 Neueinstellungen pro Messetag.

In Ergänzung bieten die Messeveranstalter weitere Kontaktformen wie Speed-Bewerbung an. In kurzer Abfolge treffen Interessent und Beratung für maximal 5 Minuten zusammen und haben die Möglichkeit ihre Passung auszuloten. Auch andere Kennenlernarten wie Mini-Assessment Center, gemeinsame Workshops oder Impulsvorträge mit anschließender Diskussion sind möglich.

Messen sind für Beratungen nicht billig. Neben den Ausstellungsgebühren (Stand, Positionierung in Messebroschüre und auf Webpage, Werbebanner in Messehallen, etc.) schlagen die Fehlzeiten des betreuenden Personals und eventuell auch die Dienstreisekosten zu Buche. Ein Berater, der einen Tag lang einen Messestand betreut, steht einen Tag seinen Kunden nicht zu Verfügung. Betreuen zwei Consultants und ein Personaler insgesamt zwei Messetage einen Stand, sind das immerhin sechs Arbeitstage, die aufgewendet werden müssen. Organisation und Nachbereitung nicht mit eingerechnet.


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Eine Jobmesse ist ein Projekt mit klaren Terminen

In der Regel ist die Personalabteilung einer Beratungen für das ‚Projekt‘ Karrieremesse verantwortlich. Monate vor dem Termin plant sie mit der Messeleitung den Stand und verhandelt die Konditionen. Nach und nach werden für die organisatorische und inhaltliche Ausgestaltung die Berater einbezogen. Wer betreut wann den Messestand? Auf welche Kandidaten möchte sich das Unternehmen konzentrieren? Welche Unterlagen verteilt man an Interessenten? Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen wird sich gegen die Beratung in direkter Nachbarschaft abgegrenzt? Sobald das Messekonzept steht, wird der Auftritt über die unternehmensinternen Kanäle (Webseite, Soziale Netzwerke, etc.) kommuniziert.

An den Messetagen sind dann sowohl Personalreferenten als auch Berater anwesend. Ersteres übernehmen Deine koordinativen Fragen, letztere führen mit Dir Diskussionen auf der Sachebene. Die Gesprächsnotizen halten die Verantwortlichen auf sogenannten Bewerberbögen fest. Für jeden Interessenten wird notiert, was besprochen wurde, worin die Stärken und Schwächen der Person liegen und welche nächsten Schritte festgezurrt wurden.

Im Anschluß der Messe stecken Berater und Personaler die Köpfe zusammen und entscheiden anhand der ausgefüllten Bewerberbögen:

  • Welche Kandidaten lohnt es aktiv weiter zu verfolgen?
  • Wem soll bei Anfrage ein Telefoninterview vorgeschlagen werden?
  • Wer erhält auf elektronischem Wege eine Absage?

Dieses rigorose Filtern von Neukontakten geht ruck-zuck, immerhin kommen bei mehreren Messetagen locker eine hohe zweistellige, manchmal sogar eine dreistellige Zahl von Interessenten zusammen. Die qualifizierten Kontakte werden anschließend in einen Bewerberpool überführt. Bei kleinen Beratungen ist das eine verschlüsselte Excel Datei, mittlere und große nutzen ein eigenes HR System.

Das Messeprojekt endet mit einer gemeinsamen Lessons Learned Sitzung in dem die Beteiligten der Consultancy reflektieren, was gut gelaufen und welche Verbesserungen auf dem nächsten Event in Angriff genommen werden. Denn anders als bei Dir gilt für eine Unternehmensberatung: nach der Karrieremesse ist vor der Karrieremesse. Die nächste Absolventenveranstaltung ist nur wenige Monate entfernt.

Q&A – die Karrieremesse

Frage 1 – Ab wann im Studium sollte ich eine Karrieremesse besuchen?
Schnuppere bereits während Deiner Ausbildungszeit Messeluft und sammle während ersten Kurzbesuchen wertvolle Erfahrung. Unternehmensberatungen suchen auch nach guten Praktikanten und Werkstudenten. Warum nicht das Consulting für ein Semester als Studi ausprobieren? Als Absolvent solltest Du 6 Monate vor Deinem Abschluss – beispielsweise mit dem Beginn Deiner Masterarbeit – mit den Jobmessen beginnen. Dieser Zeitraum ist absehbar, die Beratungen an Dir interessiert.

Frage 2 – Wann ist geeigneter Zeitpunkt für einen Messebesuch?
Für den Besuch empfehle Dir die Randzeiten, also direkt nach dem die Karrieremesse ihre Pforten geöffnet hat oder kurz bevor sie diese schließt. Warum? An Randzeiten ist der Ansturm von Interessenten am geringsten. Personaler und Berater können Dir mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen, immerhin warten keine anderen Kandidaten in der Schlange. Besonders gefragte Beratungen solltest Du am ersten Tag direkt nach Öffnung der Karrieremesse einen Besuch abstatten.

Frage 3 – Wie sollte ich meinen Messebesuch gestalten?
Plane unbedingt im Vorfeld, welche Unternehmensberatungen Du in welcher Reihenfolge besuchen möchtest. Beginne mit der zweiten Wahl, also Consultancies bei den Du nicht unbedingt arbeiten möchtest und sammle in diesen Warm-Up Gesprächen Erfahrung. Nach drei Proberunden bist Du dann fit für die persönliche Vorstellung bei Deiner Traumberatung.

Frage 4 – Wie kann ich bei den Beratungen einen guten Eindruck hinterlassen?
Informiere Dich vor der Karrieremesse über die einzelnen Beratungen, am besten in dem Du einen pro Firma einen kleinen Handzettel mit den wichtigsten Unternehmensinfos anfertigst. Personaler und Berater rechnen Dir diese Vorbereitung hoch an. Hinterlasse beim Besuch Deinen Lebenslauf und ein kurzes Anschreiben samt Kontaktdaten. Festige direkt am Messeabend die Kontakte mit den besuchten Beratungen. Setze dazu kleine individuelle Dankes-Nachrichten auf und Signalisiere Deine Bereitschaft im Einstellungsprozess einen Schritt voranzuschreiten. Deine Botschaft: Klarheit, Einfachheit und Verbindlichkeit.

Frage 5 – Was kommt bei den Beratungen auf Messen nicht gut an?
Messebesuche sind keine Jäger & Sammlerevents. Verzichte auf die Mitnahme von Werbe- und Gratismaterial wie Kugelschreiber, Notizblöcke oder Tragetaschen. Es geht nicht um Gummibärtütchen, sondern Kontakte in die Unternehmen hinein. Eine kleine Tasche mit Schreibmaterial, Kopien Deiner Kurzbewerbung inklusive Kontaktdaten sowie einer Flasche Wasser – das reicht. Vermeide ebenfalls ein zu langes ‚Besetzen‘ eines Beraters oder Personalers am Messestand. Vereinbare nach einem 20-minütigen Gespräch lieber den nächsten Schritt.

Fazit

Für Unternehmensberatungen bieten Karrieremessen ein bewährtes Instrument der Mitarbeitergewinnung. Wenn nach zwei Messetagen drei Neueinstellungen zu Stande kommen, hat sich die Veranstaltung bereits gelohnt. Nutze die Messen, um mit mehreren Beratungen auf Tuchfühlung zu gehen und ein Gespür für die Unternehmenskultur zu bekommen. Spricht Dich diese an, hinterlässt Du eine Kurzbewerbung und unterstreichst mit einer Dankesnachricht Dein Interesse.

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