Du hast es geschafft. Der Arbeitsvertrag Deiner Traumberatung ist unterzeichnet und der erste Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber steht an. Laut E-Mail der Personalreferentin erwartet Dich ein zweitägiges Onboarding. Onboarding? Womit kann man da rechnen? Geht es direkt in die Projektarbeit? Oder ist das ein verkapptes Inhouse-Training? Erneut nehme ich Dich in diesen Beitrag mit hinter die Kulissen einer Unternehmensberatung. Ich zeige Dir, wie die Onboarding Phase typischerweise abläuft und durch welche Maßnahmen Du ab Deinem ersten Arbeitstag punkten kannst.
Das Onboarding steht am Beginn Deines Arbeitsverhältnisses
Starten wir mit dem Wort ‚Onboarding‘. Dieser aus dem amerikanisch-englischen Sprachgebrauch stammende Begriff steht für ‚taking on board‘, zu deutsch ‚an Bord nehmen‘. Onboarding ist im Consulting üblich. Bevor es in die Projekte geht und Du Deine ersten Kunden berätst, wirst Du mit den Gepflogenheiten Deines neuen Arbeitgebers sowie Deinen Aufgabenspektrum Vertraut gemacht. Die Hauptziele dieser strukturierten Integrationsphase sind:
- Mitarbeiter binden: Du erhältst einen ersten internen Eindruck von Deinem neuen Arbeitgeber. Dieser möchte ein attraktives Bild vermitteln, Dich vom ersten Arbeitstag an zur Spitzenleistung anregen und Dich langfristig an sich binden.
- Firmenkultur verankern: Du lernst die Beratung, ihr Geschäftsmodell, ihre Unternehmenskultur, ihre Werte sowie Deinen Wertbeitrag kennen. Einige Consultants nennen diesen Teil des Onboardings (scherzhaft?) ‚Brainwashing‘.
- Arbeitsfähigkeit herstellen: Du bekommst das für die Beratung erforderliche Arbeitsmaterial und Equipment sowie Instruktionen, wie Du dieses im Alltagsgeschäft nutzt.
- Aufgabenwissen vermitteln: Du erhältst das für Deine Beratungsprojekte erforderliche fachliche und methodische Knowhow.
- Vernetzung fördern: Du entwickelst Beziehungen innerhalb und außerhalb Deines Beratungsbereiches zu Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern.
Onboarding ist ein Prozess, der von Beratung zu Beratung verschieden mit unterschiedlicher Intensität abläuft. So habe ich in einer Consultancy gearbeitet, bei der neue Mitarbeiter innerhalb eines halbtägigen ‚Welcome Days‘ aufgenommen worden. Bei einem anderen Arbeitgeber war ich Teil einer einwöchigen ‚Onboarding Class‘ und wurde anschließend auf ein 3-tägiges Projektmanagement-Seminar entsendet. Zudem nahm ich bis zum Ende meiner 6-monatigen Probezeit immer wieder an internen ‚Onboarding Events‘ am Freitagnachmittag teil. Kollegen von mir wiederum berichteten von einem 3-tätigen Consulting Bootcamp, welches ihr früherer Arbeitgeber einmal im Jahr ausrichtete.
Wie für den Einstellungsprozess, ist auch für die Onboarding Phase die Personalabteilung einer Beratung verantwortlich. Die Referenten binden die Geschäftsführung, Fachbereichsverantwortliche, andere Berater sowie insbesondere Deinen Vorgesetzten in die Eingliederungsmaßnahmen ein (siehe Webtipp). Da es sich um ein wiederkehrenden Prozess handelt, nutzen die Human Resources Kräfte oft Checklisten und vorgefertigten Onboarding Unterlagen (Erste Schritte im Unternehmen, Das Kleine 1×1 im Consulting, etc.), die sie von Durchgang zu Durchgang erweitern und optimieren.
Typischer Ablauf des Onboardings im Consulting
In der Regel findet das Onboarding am Hauptsitz der Unternehmensberatung statt. Bist Du einer Niederlassung zugeordnet, dann wird der Trip in die Zentrale Deine erste offizielle Dienstreise sein.
Kleine Beratungen organisieren die Eingliederungsmaßnahme bei Bedarf, daher nachdem mindestens zwei Consultants neu angefangen haben. Bei mittleren und großen Consultancies findet das Onboarding hingegen immer zum Monatsanfang statt.
Wie läuft das Onboarding typischerweise ab? Nachfolgend ein Beispiel für eine zweitägige Auftaktsveranstaltung:
Vor dem ersten Arbeitstag – Vorbereitungen
Mit der Vertragsunterzeichnung startet auch die Onboarding Phase. Die Personalabteilung nimmt mit Dir Kontakt auf und informiert Dich über das erste Event. Möglicherweise wirst Du gebeten…
- Unterlagen auszufüllen (Vertraulichkeitserklärung, betriebliche Altersvorsorge, BahnCard, etc.),
- Informationsmaterial zu sichten(Unternehmensbroschüre, Beraterleitbild bzw. Code of Conduct, Consultant Entwicklungsplan, etc.) oder
- bestimmte Entscheidungen bzgl. Deines Equipments zu fällen (Notebook-Ausstattung, Smartphone-Modell, Dienstwagen-Konfiguration, etc.).
Bereits zu diesem Zeitpunkt kannst Du der Personalabteilung organisatorische Fragen stellen. Falls Du Zeit und Lust hast, bittest Du zudem um Lesetipps mit deren Hilfe Du Dich fachlich in Dein Beratungsfeld einarbeitest.
Einige Unternehmensberatungen laden neue Mitarbeiter zu Firmenveranstaltungen ein, obwohl die Neuen noch gar nicht offiziell bei ihnen arbeiten. So kann es vorkommen, dass weit vor Deinem ersten Arbeitstag eine Einladung zum Sommerfest, Weihnachtsfeier oder einem Team-Event in Deinen (elektronischen) Briefkasten flattert. Mein Tipp: nimm diese gut gemeinte Offerte an. Auch ich erhielt vor einem Arbeitgeberwechsel von der neuen Beratung eine Einladung zu einem Städte Tripp. Während des Events konnte ich bereits sozial in das Unternehmen hineinschnuppern.
Tag 1 – Begrüßung und Administration
Vormittag: Begrüßung + Vorstellung des Unternehmens
Ein Personalreferent heisst Dich im neuen Unternehmen Willkommen. Nach Smalltalk bei Kaffee und Keksen geht es in den ersten Themenblock: die Vorstellung der Beratung. Dazu präsentiert ein Mitglied des Management Teams das Unternehmen, die historische Entwicklung sowie die Organisationsstruktur, beispielsweise anhand der Unternehmenspräsentation ausgeschmückt mit kleinen Stories und Anekdoten. Zudem werden die Erwartungen an Dich und die weiteren neuen Beraterkollegen erläutert. Anschließend steht der Partner für Fragen und Antworten bereit.
Nach der Firmenvorstellung dreht die Personalreferentin eine gemeinsame Runde durch das Bürogebäude. Du wirst den Back Office Kräften vorgestellt, lernst wo Drucker und Kaffeemaschine stehen und nimmst die Büro- und Arbeitsflächen in Augenschein. Vielleicht triffst Du dort auch ein paar Consultants. Das gemeinsame Mittagessen mit Personalern, Beratern und weiteren Neuankömmlingen gibt Dir im Anschluss die Möglichkeit zum lockeren Austausch.
Nachmittag: Administrative Eingliederung
Am Nachmittag steht ein organisatorischer Programmpunkt auf der Agenda: Du erhältst Deine Consulting Ausrüstung, wie Notebook, Smartphone, Gebäudezugangskarten, Ausweise, Kreditkarte, Firmenwagen, etc.. Zudem wird Dir generelles Arbeits- und Infomaterial wie Kontaktlisten, Dokumentvorlagen, Kalkulationsschablonen, etc. übergeben. IT Administratoren richten Deine Systemkonten (E-Mail und Kalender, Zeiterfassung, Dienstreisebuchung, Customer Relationship Management System, etc.) ein und klären technische Fragen (W-LAN, Druckeranschluss, VPN-Zugang, etc.). Last but not least hast Du Gelegenheit Dein Equipment einzurichten und zu testen.
Im zweiten Teil erklären Dir Personalreferenten die internen Prozesse wie die Planung und Abrechnung Deiner Dienstreisen, dem Management von Wissen, der Weiterbildung und Entwicklung sowie dem Vorgehen bei Urlaub und Krankheit. Falls vorhanden, wird Dir auch ein aufbauendes Mentoren- und Patenkonzept präsentiert. Erneut gibt Dir ein gemeinsames Abendessen Gelegenheit zum Netzwerken. Vielleicht dreht ihr als Ausklang noch eine gemeinsame Runde durch die (Dir fremde) Stadt.
Tag 2: Einführung in Unternehmen und Aufgabenbereich
Vormittag: Detaillierte Vorstellung des Unternehmens
Am zweiten Tag stellen Fachbereichsverantwortliche die Beratungsfelder des Unternehmens im Detail vor. Wen berät die Firma? In welchen Fragen? Wo auf der Welt? Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen? Worin bestehen die wirtschaftlichen, soziale und technischen Trends? Erwarte fachliche und methodische Informationsvorträge mit der Option zur Diskussion. Auch Teamaufgaben können zum Ablauf gehören und die Vorlesungsatmosphäre auflockern.
Erneut kannst Du bei Mittagessen mit den anderen Neubeginnern Verbindungen knüpfen. Einige Beratungen laden darüberhinaus jüngere Beraterkollegen ein, die erst einige Monate für das Unternehmen arbeiten und Dir gerne von ihren Ersterfahrungen beim Einstieg ins Consulting berichten.
Nachmittag: Individuelle Einführung in den Aufgabenbereich
Dein direkter Vorgesetzter empfängt Dich. Nach einer Begrüßung und einer Vorstellung des Teams wirst Du in die anstehende Projektarbeit eingeführt, eine Art Mini-Onboarding in Deine Beratungsmannschaft sowie in die Kundenengagements. Dazu erhältst Du…
- Projektunterlagen (Projektbericht, Stakeholder Übersicht, etc.),
- weiteres Equipment (Zugriff Kundensysteme, Kundenbürozugänge, etc.) sowie
- erste kleinere Aufgaben.
Beispielsweise könntest Du gebeten werden, Dein Beraterprofil anzulegen oder Dich mit dem unternehmensinternen Zeiterfassungssystem vertraut zu machen. Auch zurrt Dein Chef sicherlich die nächsten Schritte mit Dir fest, entwickelt mit Dir einen Einarbeitungsplan und vereinbart Mitarbeitergespräche (siehe Webtipp). Daher: Wo bist Du demnächst im Einsatz? Welche Termine solltest Du jetzt bereits im Kalender notieren? Was für Ziele sollst Du bis wann erreich haben?
Zum Ende des zweitägigen Events bittet Dich eine Personalreferentin um Dein Feedback. Du bewertest, was beim Onboarding gut verlief und welche Facetten zukünftig besser gemacht werden können. Der Termin endet mit einem offiziellen Abschied.
Tag X: Seminare, Mentorenprogramm & andere Integrationsmaßnahmen
Vielleicht wirst Du direkt nach der Einführungsveranstaltung auf ein Consulting Training geschickt. In diesem lernst Du für Deine Beratungsarbeit erforderliches Methoden-Knowhow wie Projektmanagement, Präsentieren bzw. Anforderungsmanagement kennen oder erweiterst Deine Fachkompetenzen wie Automotive, Finanzwesen bzw. Einzelhandel. Auch offerieren einige Consultancies ein Mentoren- bzw. Patenprogramm. Dazu begleitet Dich ein erfahrener Berater als Rollenvorbild bei Deinen ersten Gehversuchen im Consulting Job.
Ergänzende Integrationsmaßnahmen sind regelmäßige Onboarding Feedbackgespräche mit der Personalabteilung, Teamtreffen mit den anderen Neustartern sowie Arbeitsgruppen für interne Projekte. Nach Deiner Probezeit, spätestens jedoch nach einem Jahr, endet die Onboarding Phase.
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Q&A – das Onboarding
Frage 1 – Wie kann ich mich auf das Onboarding vorbereiten?
Bringe zum Termin Deine offenen inhaltlichen und organisatorischen Fragen mit. In den einzelnen Programmblöcken bringst Du die Punkte dann mit ein. Nutze die Einführungszeit um Dir unternehmensintern ein Netzwerk zu knüpfen. Suche insbesondere Kontakt zu anderen Neubeginnern. Diese stehen vor derselben Situation wie Du und sind häufig allzu gern bereit, die Einführungsphase gemeinsam in Angriff zu nehmen.
Frage 2 – In welcher Garderobe sollte ich zum Onboarding erscheinen?
Obwohl es sich um eine interne Veranstaltung handelt, empfehle ich Dir zum Onboarding mindestens im Business Casual Outfit zu erscheinen. Weshalb? Zum einen der erste Eindruck. Du willst Dich bei den neuen Kollegen als professioneller Neuzugang vorstellen, welchem der Consulting Dresscode bekannt ist. Zum anderen zur Betonung Deines Arbeitswillens. Ab Tag 1 bist Du bereit für den Beratereinsatz, gibst 100 Prozent ab der ersten Minute.
Frage 3 – Was passiert, falls ich den Onboarding Auftakttermin versäume?
Projektbedingt kann es durchaus vorkommen, dass Du vom ersten Arbeitstag an beim Kunden vor Ort bist und berätst, damit nicht am Onboarding Event teilnehmen kannst. Auch können Krankheit oder der Arbeitsstart zu Monatsmitte Deine Anwesenheit verhindern. Alles halb so schlimm! Lasse Dich für den nächsten Termin registrieren und bitte um die arbeitsrelevanten Unterlagen (Systemzugänge, Arbeitsanweisung Dienstreise, etc.) sowie Ausrüstungsgegenstände (Notebook, Smartphone, etc.).
Fazit
Mit dem Onboarding integrierst Du Dich in das operative Geflecht Deines neuen Arbeitgebers. Dabei variieren der genau Ablauf und Inhalt von Beratung zu Beratung. Profitiere von dieser Startphase und lege Dir eine methodische, fachliche und soziale Basis auf der Du anschließend optimal in Deine Beratungsprojekte startest. Einen erfolgreichen Arbeitsbeginn!
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