Die Achtziger sind derzeit ja ziemlich populär, was für uns, die wir sie erlebt haben, nur schwer nachvollziehbar ist. Beim Anblick von neonfarbenen Sneakers überkommt mich stets dieses ungute Gefühl, das ich damals schon hatte, als ich unbedingt cool sein wollte aber tief in meinem Inneren spürte, dass ich mich mit Dauerwelle, Jeans-Mini und Top in Neon-Pink zum Affen mache. Zeigt mir Luise im Laden die Schuhe, die sie schön findet, seufze ich: “Ach Kind, die sind ja furchtbar altmodisch. Sowas trugen die Leute, als ich zwölf war.” Mir graut vor dem Tag, an dem der erste Teenager mit von Stolz geschwellter Brust seine stone-washed Jeans mit breitem Blitz entlang den Seitennähten spazieren führt. Da ist es kaum verwunderlich, dass mein heutiger Trip in die Achtziger der reinste Horror war.
Es ist nämlich so: Meiner Schwiegermama geht es zurzeit nicht sonderlich gut und weil ich es allmählich satt habe, dabei zuzusehen, wie sie von einem Arzt zum anderen gereicht wird, ohne dass man sie ernst nimmt, anerbot ich mich, sie zu ihrem nächsten Arzttermin zu begleiten. Also fuhr ich in die Region, wo sie lebt, eine Region, die in den Achtzigern stehen geblieben ist. Wer wissen möchte, wie das damals war, muss unbedingt dorthin fahren. Würde sich nicht alles bewegen, man wähnte sich in einem Pompeji der Achtziger. Die Schuljugend trägt die gleichen Klamotten wie wir damals, Velofahrer lassen sich von Mofafahrern auf dem Fahrradstreifen ziehen wie wir damals, an den Scheunentoren hängen Plakate von Heavy Metal Bands, die damals beliebt waren. Frauen mit den gleichen Nicht-Frisuren, wie man sie damals trug, wenn man das mittlere Alter erreicht hatte, die Firmenschilder die gleichen wie früher, die Häuserfassaden in den gleichen dumpfen Farbtönen, die in Mode waren, als auffallen noch verboten war, die neonfarbenen Werbetafeln handbeschriftet mit altmodischen Slogans, die jeden Werbefuzzi vor Fremdscham erröten lassen. Die Arztpraxis ist so eng und düster und der Arzt so herablassend, wie wir es uns in unserer Kindheit gewohnt waren und vor mir fährt ein Lastwagen mit der Aufschrift “Move your Füdli”, was zu gut Hochdeutsch heisst, man solle seinen Hintern gefälligst bewegen. Grauenvoll.
Ich habe dann mein “Füdli” tatsächlich bewegt, nämlich zurück in die Gegenwart, wo der Anblick von scheusslichen, neonfarbenen Sneakers mich erkennen liess, dass jede Region wieder topmodern erscheinen kann, wenn sie lange genug in der Vergangenheit verharrt.