Back again!

Von Momstagebuch

Foto copyright by Stephanie Hofschläger / pixelio.de

Nachdem ich über vier Monate von der Bildfläche meines Blogges verschwunden war, habe ich heute, das Gefühl, dass es weiter geht.
Viel ist in den letzten Monaten passiert.
Meine Tochter hat nun mit meiner Enkeltochter Joy Fuß gefasst in der Schweiz. Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt  hat sie sich an das Arbeitsleben als alleinerziehende Mutter gewöhnt und fühlt sich zusehends immer wohler. Erst vor Kurzem sagte sie mir:"Dass es uns in die Schweiz verschlagen hat, ist im Nachhinein gesehen ein richtiger Glücksfall!" Das sagt wohl alles und ich bin so froh und dankbar, dass es meinen beiden Mädels so gut geht. Seit Anfang des Jahres bewohnen sie eine wunderschöne, große 4-Zi-Wohnung mit offenem Kamin,  sehr teuer für deutsche Verhältnisse, doch in der Schweiz ein angemessener Mietpreis.
In meinen Augen hat meine Tochter das einzig Richtige getan und 2 Zimmer untervermietet. Nun hat sie eine WG mit 2 weiteren Mädels, eine kommt aus Frankreich, die andere aus Australien. Sie verstehen sich alle prächtig und die kleine Joy profitiert am meisten. Die Mitbewohnerinnen sind ganz vernarrt in sie und so kommts, dass sie mal mit der einen ins Kino geht oder mit der anderen stundenlang "Let's dance" auf der Spielekonsole spielt... eine große Erleichterung auch für meine Tochter, die so etwas Zeit für sich alleine abzwacken kann :-)
Meine Einkeltochter fühlt sich so sehr wohl dort, es ist eine wahre Freude zu sehen, wie sie aufblüht. Sie versteht schwyzerdütsch sehr gut, hat  auch die Melodie dieser Sprache angenommen und manchmal bin ich versucht, sie deswegen spaßeshalber "Heidi" zu nennen :-) Sie hat viele Freunde in ihrer neuen Klasse gefunden. Die Befürchtungen meiner Tochter, dass Joy  wegen ihrer dunklen Hautfarbe abgelehnt werden könnte, haben sich Gott sei Dank in keinster Weise bestätigt.
Vor Weihnachten hatte ich mit Joy telefoniert und sie erzählte mir:" Oma, heute habe ich in Deutsch eine glatte Sechs bekommen!" Ich war irritiert, bis dato war Joy immer eine sehr gute Schülerin gewesen.
"Der Umzug und die ganze damit verbundene Umstellung!" dachte ich. "Das Mädel macht auch gerade was durch! Kein Wunder, dass sie dann auch mal eine schlechte Note mit nach Hause bringt!"
"Das ist nicht schlimm!" versuchte ich Joy zu trösten. " Du wirst sehen, das nächste Mal gehts schon besser!"
"Aber Oma!" entrüstete sich daraufhin meine Enkeltochter. "Wie soll das denn gehen? Ich kann nicht besser werden! Die Sechs ist doch die beste Schulnote, die man in der Schweiz bekommen kann!" Und dann lachte sie so herzig, sie bekam einen richtigen Lachanfall und wollte sich gar nicht mehr beruhigen :-)
(Anmerkung: in der Schweiz ist die Sechs die beste Note und die Eins die schlechteste Note!)
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Mein älterer Sohn macht mir große Sorgen. Unser Verhältnis hat sich nicht verbessert. Die Gründe dafür liegen teilweise in der Vergangenheit, darüber werde ich noch berichten. Er ist einfach nicht in der Lage, mir meine Fehler, die ich gemacht habe, zu verzeihen.
Wir hatten vor ein paar Wochen eine sehr aufwühlende Aussprache. Danach dachte ich, dass wir nun wieder zueinander finden würden, doch ich habe das Gefühl, dass er sich noch weiter entfernt hat. Vielleicht ist das nötig für ihn, damit er endlich sein Leben in seine Hände nimmt und anfängt zu leben, nach vorne schaut und nicht immer nur nach hinten.
Ich liebe meinen Sohn. Sie ist schon ein Phänomen, diese Mutterliebe. Egal, was dein Kind dir an den Kopf wirft, ob in deinen Augen gerechtfertigt oder ungerechtfertigt, du suchst immer einen Grund, alles zu verstehen und zu akzeptieren.. Mutterliebe verzeiht alles. Nun kämpfe ich schon mehr als 10 Jahre um ein gutes Verhältnis zu meinen erwachsenen Sohn. Doch ich komme keinen Schritt weiter, er lässt es nicht zu. Trotzdem: ich werde immer weiter machen, werde nie ruhen diesbezüglich. Ich lasse ihn sein Leben leben, das ist klar. Aber ich werde es nicht zulassen, dass der Kontakt zwischen uns ganz abbricht.
Sein größtes Problem mit mir ist nach wie vor, dass ich ihn - während meiner Beziehung zu Dreju - vernachlässigt hätte. Als mein Jüngster dann geboren war, musste er viel auf seinen kleinen Bruder aufpassen, weil ich nachts arbeiten war. Dadurch habe er nie eine unbeschwerte Jugend gehabt, sagt er. Dadurch habe er sich als Mensch 2. Klasse gefühlt und fühlt sich heute noch so, sagt er. Das sei der Grund, warum er zwei mal sein Studium abgebrochen habe. Dies sei auch der Grund, warum es mit den Frauen nicht so klappen würde, dies ist der Grund, warum er sein Leben nicht im Griff hat, es ist meine Schuld.
Ich nehme die Verantwortung für meinen Teil der Schuld auf mich, aber ich weigere mich, für alles die Verantwortung zu übernehmen, denn ich finde, er übersieht zwei ganz wesentliche Punkte:
- Was ist mit der Selbstverantwortung meines Sohnes für sein Leben? Er sagt selbst, es ist bequem, bei allem Negativem, was einem widerfährt, zu sagen:"Kein Wunder bei der sch... Kindheit, die ich hatte..."
Es ist einfach, mit dem Finger auf mich zu zeigen und zu sagen:"Du bist daran schuld!" Es ist schwer, derzeit wohl noch zu schwer für ihn, mit dem Finger auf sich selbst zu zeigen und zu sagen:"Da hast Du dieses Problem wohl unterschätzt! Da lern ich jetzt draus und machs das nächste Mal besser!"
- War ich ganz alleine für ihn und seine Schwester verantwortlich während seiner Kindheit und Jugend? Gab  und gibt es da nicht auch noch einen Vater dazu? Wo war dieser für ihn all die Jahre! Wo ist der Vater heute für ihn? Was hat er dazu beigetragen, dass es unserem gemeinsamen Sohn heute so schlecht geht? Kein Anruf zum Geburtstag oder zu Weihnachten, nicht ein einziges Papa-Wochenende, keine Ferien mit Papa, kein Vorbild, kein Idol, mit dem sich mein Sohn hätte identifizieren können. Er weiß nicht, wie sich Vaterliebe anfühlt, weiß nicht wie es ist, wenn man mit dem Vater umbeschwert auf einem Bolzplatz rumkickt, Männergespräche führt, eine Radtour macht, zusammen am Lagerfeuer sitzt,... all das durfte mein Sohn nie kennen lernen, denn sein Vater hat sich bei ihm so gut wie nie gemeldet. Was hat das mit ihm angestellt? Welche Ursachen seiner heutigen Probleme sind seinem vaterlosen Aufwachsen zuzuschreiben?
Fragen über Fragen.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Eines Tages wird mein Sohn mir wieder unbeschwert in die Augen schauen können, ohne diese ewigen Vorwürfe und diese Traurigkeit, die jetzt aus seinen Blicken sprechen.
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Meinem Jüngsten geht es gut. In der Schule könnte es besser gehen, dafür aber läuft er zur pubertären Hochform auf... und knallt mit seinem hormongesteuerten Verhalten auf eine Mutter, die aber sowas von in den Wechseljahren steckt... eine hochexplosive Angelegenheit, kann ich Euch sagen!
Die Musik ist nach wie vor sein ständiger Begleiter, seine Trompete ist (fast) immer dabei :-)
Doch auch er hat ein unübersehbares Problem mit seinem vaterlosen Aufwachsen: er nimmt ständig an Gewicht zu! Ich versuche mein Bestes, ihn zu einem vernünftigen Essverhalten zu animieren, habe Süßigkeiten aus unserem Haushalt so gut wie verbannt, habe selbst einige Kilos abgenommen, doch bei ihm will es einfach nicht klappen. Er sagt zwar immer, dass er abnehmen will, aber sein Heißhunger ist größer. Was kann ich tun? Da es zuhause nicht klappen will, habe ich mit Engelszungen auf ihn eingeredet, doch in den Sommerferien zum Abnehmen auf eine Nordseeinsel zu fahren. Dort gibt es von unserer Krankenkasse eine Abnehmklinik speziell für übergewichtige Kids. Doch er wehrt sich mit Händen und Füßen.
Das ist wohl das nächste dringende Problem, das ich angehen muss.
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Und wie geht es mir? Auf der einen Seite fühle ich mich so wohl wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich denke, das hat einerseits etwas mit meinem Alter zu tun (ich bin nun 51), andererseits auch mit den Wechseljahren. Irgendwie werde ich mir selbst immer bewusster, erlebe mich selbst intensiver. Ich bin nicht mehr die Ellen, die nur aus Pflichten und Arbeit besteht. Ich bin Ellen, eine Frau, ein Mensch, eine Persönlichkeit, natürlich weiterhin mit Pflichten.... aber auch mit Rechten... und ganz wichtig... mit Bedürfnissen.
Letztes Jahr im August habe ich mit 50 Jahren beruflich nochmals ganz von vorne angefangen. Ich bin gelernte Industriekauffrau, arbeite nun in einer Stadtverwaltung und habe sehr viel Publikumsverkehr. Ich liebe diese Aufgabe, gehe darin auf, genieße den persönlichen Kontakt mit den Menschen. Ich bin in der glücklichen Lage sagen zu können, dass mir mein neuer Job - nachdem ich fachlich von der Pieke auf nochmals alles lernen musste - nun so richtig Spaß macht!
Ich bin im hiesigen Spielmannszug ein aktives Mitglied. Ich habe mit 49 Jahren angefangen, die Querflöte zu lernen und bereite mich gerade - zusammen mit meinen jugendlichen Mitmusikern als mit Abstand die Älteste - auf einen Musiklehrgang vor, an dessen Ende eine Prüfung steht.  Ich habe den Ehrgeiz und will diese Prüfung unbedingt bestehen! Das Querflöte spielen ist mir zu einem liebgewonnenen Stück Lebensqualität geworden, das ich nicht mehr missen möchte.
Und vor ein paar Wochen bin ich mit einer Freundin zum allerersten Mal in meinem Leben (!) auf ein Popkonzert gegangen. Was für ein Spaß! Ich habe das so sehr genossen! Als junge Frau war es mir nicht möglich, auf Konzerte zu gehen, denn ich war ja bereits mit 19 Jahren Mutter! Als alleinerziehende Mutter hatte ich lange Jahre das Geld nicht dazu. Das habe ich heute auch noch nicht, aber ich hatte Freikarten geschenkt bekommen und so bin ich mit 51 Jahren das erste Mal in den Genuss gekommen, wirklich ein unvergessliches Erlebnis für mich :-)
Ich nehme mein Leben an und versuche, dem Positiven den größten Raum zu lassen. Ich bin richtig zufrieden, es geht mir gut.
Auf der anderen Seite sind da die Probleme mit meinem älteren Sohn, die mich immer wieder beschäftigen und tief berühren.
Am Blog habe ich nicht weiter geschrieben, weil ich zu aufgewühlt war. Die Vergangenheit hatte mich mit aller Macht wieder eingeholt, Erinnerungen kamen hoch, die ich längst verdrängt hatte. Es war nicht einfach, da nochmals ganz genau hinzuschauen. Ich brauchte Abstand, damit sich die Wogen, die in mir waren, sich wieder glätten konnten. Jetzt fühle ich mich wieder ruhig genug, weiter zu schreiben. Ihr könnt hier also wieder weiter lesen.
Vielen Dank übrigens an Euch alle. Für mich unglaublich, aber obwohl ich ein halbes Jahr nicht mehr geschrieben habe, wurde Mom's Tagebuch über 25.0000 mal angeklickt!! Mal sehen, wo die Reise noch hingeht :-)