Babylächeln oder Kleinkindgespräche (Blogparade #babyfrage)

Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, laufen mir jeden Tag kinderwagenschiebende Mütter über den Weg. Früher - kinderlos - hätte ich gedacht: "Haben die es gut, das muss ein Leben sein!" Nun habe ich zweimal die Erfahrung gemacht und denke nur: "Oh Gott, nicht einen einzigen Tag möchtest du das nochmal erleben!" Diese Erschöpfung, diese Fremdbestimmung, diese Einsamkeit, diese Trostlosigkeit, diese intellektuelle Unterforderung. Mir kommen sofort die Bilder in den Kopf, auf denen ich stundenlang mit meinem Baby auf dem Boden hocke und hundertmal Baubecher übereinander stapele. Oder am Fenster stehe und das Kind schuckele, während für alle anderen Menschen das Leben einfach so weiterging. Oder bei Eiseskälte, gliederschmerz- und krankheitsgeplagt 4 Stunden mit dem Kinderwagen spazieren musste, damit das Kind mal etwas länger schlief. Bilder, auf denen ich nicht eine einzige Mahlzeit in Ruhe verspeisen konnte. Auf denen ich abends alle halbe Stunde ins Kinderzimmer herbeigeschrien wurde und nachts stundenlang mit dem Baby durch die dunkle Wohnung lief. Auf denen ich tränenüberströmt, todunglücklich oder wütend-aggressiv mit meinem neuen Leben haderte. Diese Bilder ließen sich unendlich fortsetzen und ich bin einfach nur glücklich, dass diese Zeit vorbei ist. Jetzt, mit einem 5 und einem 3 Jahre alten Kind, gibt es auch Herausforderungen, aber lange nicht so existenzielle wie im ersten Babyjahr. Und über eines bin ich mir mittlerweile im Klaren: ich bin einfach keine Baby-Mama.
Passend dazu hat der Blog Das Elternhandbuch eine Blogparade ins Leben gerufen: Baby? Nein, danke! Warum ich große Kinder so sehr liebe! Groß sind meine Kinder zwar noch nicht, aber schon lange keine Babys mehr und ich bin dafür sehr dankbar. Man kann mit ihnen Unterhaltungen führen und sich oft schon auf Vernunftebene begegnen. Man hat gemeinsame Erlebnisse, an die man sich erinnert, und kennt das Kind schon lange genug, um (meist) zu wissen, wo der Schuh drückt. Man weiß um die Vorlieben und Marotten des Kindes, ebenso kennt das Kind die Eigenarten seiner Eltern und hat seinen Platz in der Familie gefunden. Die Kinder werden selbstständiger und unabhängiger, wodurch man selbst Stück für Stück seine Unabhängigkeit wiedergewinnt. Ich kann meinen 5-Jährigen schon eine kurze Zeit allein in der Wohnung lassen, die Kinder bestellen ihre Kugel Eis (fast) allein, gehen ohne mich auf die Toilette (aber gern mit mir) und der Große will schon ganz oft nicht mehr Karussell fahren, wenn wir auf einem Fest sind. Der Buggy wird bald überflüssig sein und viel Kleinkindkram wird nach und nach verkauft.
Wenn ich mit meinem Großen allein unterwegs bin, fühlt sich das ganz toll an. Wir sind dann ein Team, unterhalten uns und nichts erinnert mehr an das hysterisch schreiende Baby im Kinderwagen. Auch wenn man mit ihm allein zuhause ist, kann man sich relativ gut entspannen. Man ist einfach nicht mehr ständig in Bereitschaft und muss sich nicht mehr komplett auf das Kind konzentrieren. Er war schon zweimal allein mit meinem Mann für ein Hotelwochenende unterwegs und kann sich im Gegensatz zu früher mittlerweile sehr gut darauf einstellen. Meine Lieblingsmomente sind, wenn wir uns beide ruhig, jeder für sich, beschäftigen, der Große Lego baut und ich etwas für mich mache. Mit der Kleinen funktioniert das noch nicht, aber ich weiß nun, dass diese Zeit kommen wird.
Babylächeln oder Kleinkindgespräche (Blogparade #babyfrage)Quelle: Pixabay
Mit der Kleinen kann ich mich so bewusst unterhalten, das ist eine wahre Freude. Obwohl sie noch deutlich mehr auf mich angewiesen ist als der Große, merkt man dennoch deutlich, wie sie langsam flügge wird. Und das ist so toll, ich genieße jeden einzelnen Schritt. Noch nicht ein Mal habe ich mir eine frühere Phase zurückgewünscht, sondern habe die Erfahrung gemacht, dass es für mich immer einfacher wurde, je älter die Kinder wurden, wie im Text Kleine Kinder, keine Sorgen? schon beschrieben. Ich bin auch überhaupt nicht neidisch auf schwangere Frauen oder frischgebackene Eltern, denn wenn ich ein Baby sehe, denke ich zuerst immer an die unangenehmen, fordernden, nervenaufreibenden Aspekte dieser Zeit. Obwohl die Babyzeiten beider Kinder sehr verschieden waren (mein Großer war ein High-Need-Kind, die Kleine nicht), habe ich immer das Ende herbeigesehnt und mich über jeden Geburtstag meiner Kinder gefreut. Das Zusammenleben mit unserem Großen ist tatsächlich erst etwa mit 4 Jahren entspannter geworden, das ist also jetzt etwas über ein Jahr her, und der Kontrast zu den Jahren davor ist wirklich extrem. Das war einfach nur kräftezehrend. Der knappe Geschwisterabstand (26 Monate) trug zur Erschöpfung noch mehr bei und wirbelte die Familie erneut durcheinander. Ich erinnere mich nur an sehr wenige ruhige, entspannte, glückliche Momente aus den ersten Jahren.
Mittlerweile ist Stabilität eingetreten, jedes Familienmitglied hat ein eigenes Leben und der Alltag fühlt sich wieder relativ normal an. Das heißt nicht, dass es nicht anstrengend ist; aber meine gesamte Existenz ist nicht mehr so erschüttert wie in der Babyzeit. Ich bin wieder ich, zwar noch mit vielen Einschränkungen, aber ich kann wieder leben. In der Babyzeit habe ich nur funktioniert. Hoffentlich liebevoll funktioniert, aber eben nur für die Kinder existiert. Das ist vorbei, gottseidank. Ich brauche das nicht, dass ein kleines Wesen komplett auf mich angewiesen ist. Manchen Müttern gibt das Bestätigung und einen Lebenssinn, ich dagegen fühle mich dadurch wie eingesperrt und ausgesaugt. Das hätte ich nie und nimmer, erst recht nicht in diesem Ausmaß, erwartet und es dauerte lange, bis ich akzeptierte, dass es eben so ist. Ich bin keine Baby-Mama.
Ich mag es, dass meine Kinder älter werden. Ich mag es, mich mit ihnen zu unterhalten. Ich mag es, dass sie Meinungen, Vorlieben, Interessen, Ansichten entwickeln und äußern. Ich mag es, wie sie sich in ihr Leben einfinden. Ich mag es, dass sie mich nicht mehr für ihre elementaren Bedürfnisse brauchen, sondern für anspruchsvollere Dinge. Ich freue mich darauf, meine Kinder beim Älterwerden zu begleiten, ihnen meine Interessen und Leidenschaften näherzubringen, sie die Welt entdecken zu lassen und mit ihnen spannende Fragen zu diskutieren. Ich freue mich auf einen Pool gemeinsamer Erinnerungen und das weitere Zusammenwachsen. Ich freue mich auf die erste Städtereise mit ihnen, die erste Bergwanderung, die erste Museumsführung, auf ruhige und genussvolle Restaurantbesuche, auf die Ausweitung unseres Urlaubsziel-Radiuses durch längere Autofahrten, auf anspruchsvollere Gesellschaftsspiele und wissensvermittelnde Kinderbücher, aus denen man selbst noch lernt. Ich freue mich auch auf ihre zunehmende Abnabelung, auf mehr Unabhängigkeit und Selbstständigkeit für beide Seiten. Dadurch wird unser Verhältnis seine Einseitigkeit verlieren und immer gleichberechtigter werden.
Vieles davon wäre mit dem Großen allein schon jetzt möglich. Mit der Kleinen noch nicht, aber es wird kommen. Und dem fiebere ich entgegen, darauf freue ich mich und möchte nicht zurück. Die Babyzeit empfand ich nie als erfüllend, nicht mit der relativ pflegeleichten Kleinen und erst recht nicht mit dem anstrengenden Großen. Ich hätte sie getrost überspringen können. Ein wissbegieriges Gespräch mit einem Kleinkind bedeutet mir mehr als ein zahnloses Babylächeln. Je älter sie werden, umso mehr Spaß macht es. Natürlich gibt es tagtäglich Situationen und immer wieder längere Phasen, die so gar keinen Spaß machen. Aber die Tendenz steht fest. Ich bin gespannt, ob sich diese Serie weiterhin so fortsetzt. Hoffentlich!

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