Autorität ist, wenn die Kinder durchgreifen – Rezension

Von Berlinerbande @berlinerbande

Und nun wieder ein neues Buch von Blogg dein Buch. Diesmal vom Ludwig Verlag.

Autorität ist, wenn die Kinder durchgreifen
Taschenbuch, 358 Seiten
12,95 €
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Klappentext:
Wahre Geschichten aus der Familienhölle
Wer seine Kinder Penelope und Adorno nennt, muss sich nicht wundern, wenn sie autoritär zurückschlagen. Und wir genießen dieses Familiengemetzel. Daniel Cohn-Bendit

Der Autor:
Peter Unfried ist Chefreporter der taz, Kolumnist, Buchautor und seit 1998 Familienvater. Er lebt mit einer Frau, einer Tochter und einem Sohn in Berlin-Kreuzberg. Aufgewachsen ist er in Stimpfach, Baden-Württemberg. Damals fürchtete er sich sogar vor dem Schaffner. Obwohl er eine rechtmäßig gültige Monatsfahrkarte hatte. Heute bewundert er seine Kinder, wenn sie am Flughafen von San Francisco wie selbstverständlich Richtung Mietwagenbereich marschieren. Zuletzt erschienen von ihm “Das Leben ist eine Ökobaustelle” (Ludwig 2011, als Co-Autor der Schauspielerin Christiane Paul) und “Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich” (Dumont 2008).


Rezension:
Eine kleine schwäbische Familie, die nun in Berlin wohnt und dessen Oberhaupt in Erzählweise über die alltäglichen Problemchen berichtet. Die beiden Kinder Penelope (13jährige Teeniegöre) und Adorno (11jähriger Rabauke) hören mehr recht als schlecht auf ihre beiden Eltern, die zu Hause nur “die Macht” (die Mutter) und “Puh” (der Vater) genannt werden.

Wie verändern sich Kinder und deren Beziehung zu ihren Eltern während der Pubertät? Wohin geht die nächste Familienferienfahrt? Wie erklären wir dem Fleischermeister-Opa, dass die Kinder ab sofort nur noch Vegetarier sind? Diesen und anderen schwerwiegenden Fragen versucht der Autor in amüsanter Weise auf die Spur zu kommen:

Wenn mich jemand nach den Gemeinsamkeiten zwischen Penelope und Adorno fragt, dann verweise ich darauf, was passiert, wenn sie nach Hause kommen und nur mich vorfinden. Dann fragen beide als Erstes: “Wo ist die Macht?” Dann sage ich: “Wieso?” “Ich will sie was fragen.” ” Frag doch mich.” Penelope sagt dann: “Ach, nicht so wichtig.” Adorno geht wortlos. Mir stellen sie nur Idiotenfragen, die zwingend mit Ja beantwortet werden müsssen. Darf ich Cola trinken? Darf ich keine Hausaufgaben machen? Darf ich in den Mauerpark gehen, und du stellst keine dummen Fragen? So was.

Doch meist kann er den Erklärungen und Sprüchen seiner Kids nicht wirklich folgen und muß sich mit kurzen Antworten wie “Total hobbylos.” zufrieden geben. Zugegeben, das Leben mit Menschen im schönsten Pubertätsalter ist nicht immer leicht, doch einige angesprochene Dinge, konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Und zum Schmunzeln haben mich viele Dinge gar nicht gebracht: Unerklärlich und auch unverzeihlich zum Beispiel das Benehmen der Mutter, als es darum geht, in welches Gymnasium die beiden Sprösslinge am Besten gehen werden. Daraus wurde eine ziemliche Großveranstlatung gemacht, die darin endete, dass Mama die Hausaufgaben für den Jungen erledigte (damit die Heftführung sauber ist und die HA überhaupt erledigt werden). Selbstständigkeit lehrt das in meinen Augen nicht. Und ja: ich weiß, wovon ich rede. Ist meine Tochter doch selbst auch gerade 13 und letzten Sommer aufs Gymnasium gekommen.

Da werden die Kids dazu gebracht, Schulsprecher zu werden und gute Mine zu unbeliebten Mitschülern zu machen. Alles nur, um bessere Zensuren und einen guten Platz im Elite-Gymnasium zu erhalten. Dabei haben Beide das Zeug zu Großem – auch ohne dieser teils fragwürdige Unterstützung.

Doch es bleibt in dem Buch nicht nur bei dem Verhältnis zu seinen Kindern. Ab und an versucht der Schreiber auch, das Geheimnis zwischen Mann und Frau zu erklären:

Zwei Regeln für ein glückliches Leben: Du darfst niemals das Aussehen einer Frau gegenüber einer anderen Frau positiv erwähnen, das ist die Regel Nummer 1. Die Regel Nummer 2 ist, niemals die Intelligenz einer Frau gegenüber einer anderen Frau positiv erwähnen. Jedenfalls nicht, wenn sie als potentielle Konkurrentin eingestuft werden könnte.

So weit, so gut. Gehört alles irgendwie mit zum Familienalltag. Doch warum sich der Autor immer wieder wehmütig bei Vergleichen seiner eigenen Jugend und der heutigen verliert, versteh ich nicht ganz. Bzw. wurde mir irgendwann auch einfach zu viel.:

Manchmal denke ich: Sie leben tatsächlich in der Gegenwart. Und ich lebe längst in der Vergangenheit.

Mir persönlich waren die Ausschweifungen über Ökostrom und Vegetarier zu umfangreich und verzwackelt. Auch die vielen Erzählungen über Nachbarn und Familienangehörige, die man eigentlich ja gar nicht leiden kann, waren mir irgendwann zu viel. Natürlich gehört das alles zu der Geschichte um Penelope und Adorno dazu, aber doch bitte in Maßen. Die Autorität der Kids blieb lange Zeit komplett auf der Strecke.

Dafür kam der Autor zum Ende des Buches immer mehr zu der Erkenntnis, dass sein Leben schön war und ist, so wie es nun mal ist und er mit niemanden tauschen möchte.  Cool. Mich hätte bei dem Buchtitel mehr die Meinungen der Kids interessiert. In meinen Augen ist der Roman eher eine Autobiographie, als eine Erklärung über die alltäglichen Dinge zwischen Kindern und Eltern. Schade eigentlich.

Der Ansatz ist super, an der Umsetzung hapert es in meinen Augen, denn wirklich durchgreifen tun Penelope und Adorno nicht. Und witzig ist der Roman nur stellenweise. Vielleicht liegt mir auch einfach der trockene Schreibstil von Peter Unfried nicht. Für mich leider nicht empfehlenswert.