Bildrecht: Stefanie Mühlsteph
Liebe Leserinnen und Leser, im heutigen Post zum Thema Autoren Support gibt es ein spannendes Interview mit der Jungautorin Stefanie Mühlsteph, die seit 2011 bei der Literaturagentur Arrowsmith unter Vertrag ist und uns heute etwas über das Leben und Schreiben als Agentur-Autorin berichtet.
Stefanie Mühlsteph kam über die Anthologie „VampireCocktail“ – in der sie mit der Kurzgeschichte „Bittersüß wie Absinth“ vertreten ist – zum Art Skript Phantastik Verlag. Sie wurde 1987 in Offenbach am Main geboren und 2006 mit ihrer Arbeit bei „Jugend forscht“ mit „beste physikalische Arbeit eines Mädchens“ ausgezeichnet. Nach Beendigung ihres elektrotechnischen Studiums arbeitet sie bei einem weltweit führenden Entwickler von Brems- und Sensorsystemen in der Automobilbranche. Seit 2011 ist sie bei der Literaturagentur Arrowsmith unter Vertrag und genau über diese Arbeit wird sie uns heute ein bisschen was erzählen.
Hi Steffie. Danke, dass du dir für dieses kleine Interview Zeit genommen hast. Ich habe zu danken, dass Du mich interviewen möchtest. Wie bist du zum Schreiben gekommen und in welchem Genre schreibst du am liebsten? Ich habe schon immer gerne geschrieben. Die ersten Ideen und Schriftstücke (von gigantischen zehn Seiten Länge, die für mich damals ein ganzer, halber Roman waren) stammen aus der Grundschule und der fünften Klasse –ganz klassisch mit Schreibmaschine geschrieben. Zum Schreiben kam ich durch Cornelia Funkes „Drachenreiter“, weil ich es doof fand, dass der Held ein Junge war und es keine Hexen in der Geschichte gab. Also habe ich ein Abenteuer aus Hexenmädchen-Perspektive geschrieben: meine erste Fanfiktion. Viele Fanfiktions (Geschichten - von Fans weitergedacht - die auf der Welt eines Romans/Serie/Film basieren) folgten, bevor ich den Mut fand etwas eigenes auf die Beine zu stellen – im Jahre 2008. Ich schreibe Thriller und Science Fiction sehr gerne, wobei Thriller eine äußerst präzise Vorbereitungsphase benötigt und Szenenpläne, damit der Leser nicht gleich auf den ersten Seiten hinter das Geheimnis kommt. SF (obwohl es in Deutschland immer mehr zum kleberschnüffelnden Nerdkind mutiert) liegt mir am Herzen, da man nie weiß, wohin es den Menschen in seiner technischen und biologischen Entwicklung noch treiben wird – und wie die Umwelt und die Gesellschaft sich entfalten werden.Allerdings auch Geschichten und Romane mit phantastischen Elementen liebe ich aus vollem Herzen. Ein Mal Drachenreiter, immer Drachenreiter! Wie viele Bücher bzw. Kurzgeschichten von dir wurden bereis veröffentlicht? Zwei Bücher wurden bislang von mir veröffentlicht (eines unter Pseudonym), seit 2010 sechs Kurzgeschichten in drei verschiedenen Verlagen (weitere folgen), sowie weitere Kurzgeschichten im online Magazin SpielxPress und dem FanProjekt von Literatopia und Fictionfantasy PHANTAST. Außerdem schreibe ich regelmäßig eine Schreib-Kolumne im SpielxPress, in der ich aus dem Nähkästchen eines Jungautors erzähle. 2013 folgt außerdem mein erstes populäres Sachbuch und 2014 ein Urban Fantasy Roman im auf phantastische Literatur spezialisierten Verlag Torsten Low.
Wie bist du auf die Idee gekommen dich bei Literaturagenturen zu bewerben und wie kam es dann zur Zusammenarbeit mit Arrowsmith? Einen Agenten zu haben war bis vor einem Jahrzehnten in Deutschland noch unüblich. Die meisten Autoren sind bei den Verlagen selbstständig Klingen putzen gegangen. Seit einiger Zeit jedoch schwappte der Trend zu den Literaturagentur von Amerika zu uns hinüber. Und das hat nichts mit Popkultur oder übertriebenen Amerikanismus zu tun, sondern ist für die Verlage einfach praktisch. Denn sie müssen nicht mehr selbst tausende von Manuskripte lesen und aussieben, sondern bekommen eine qualitative Vorauswahl von Agenturen angeboten. Sicher kann man als ‚freier Autor‘ immer noch selbst Klinken putzen gehen, doch die Wahrscheinlichkeit eine verhasste Standardabsage zu erhalten ist so um den Faktor 90 größer. Viele bekannte Autoren (eigentlich alle) haben eine Agentur, die für sie Vertragsverhandlungen übernimmt oder kümmert sich darum einem Verlag neue Projekte anzubieten. Außerdem gehen Verlage auch oft zu Agenturen und fragen, ob sie Romane aus dem Genre X oder Y haben. Eine Agentur ist – wie man liest – sehr nützlich. Auch für die eigene schreiberische Weiterentwicklung als Autor. Denn die Agenten und Lektoren einer Literaturagentur haben auch eigenes Interesse darin ihre Schützlinge möglichst gut unterzubekommen – denn sie müssen ihre Brötchen auch irgendwie verdienen. Ich kam zur Arrowsmith Agency wie die meisten Autoren mit einer stinknormalen, seriösen Bewerbung (Anschreiben, Exposé und lange Leseprobe). Es ist wie eine Bewerbung für einen Job. Ich durchlief den gleichen Auswahlprozess wie alle anderen Autoren, die sich dort bewerben, bzw. beworben hatten. In einer Agentur wird, nachdem der Agent oder der Lektor die Leseprobe geprüft und für gut befunden hat, das gesamte Manuskript angefordert, um zu sehen, ob der Autor auch einen Sinn für Spannungsbögen, Charakterentwicklung und dramatischen Aufbau hat. Wenn dies alles stimmt, ist man auf dem besten Wege ein Agentur-Autor zu werden.
Wie muss man sich die Arbeit als Autorin in einer Literaturagentur vorstellen - welche Vor- und Nachteile hat man gegenüber „freien“ Autoren, mit welchen Chancen kann man rechnen und welche Einschränkungen muss man auf sich nehmen? Die Arbeit in einer Literaturagentur ist nicht anders als freier Autor, nur dass man nochmal zusätzlich einen deftigen Arschtritt bekommt, wenn man die Deadline überschreitet. Und tatkräftige Unterstützung vom Lektorat der Agentur. Denn wie gesagt: Sie wollen ihre Schützlinge schon aus eigenem Interesse fördern. Vorteile ist ganz klar die Unterstützung. Man muss sich um nichts mehr kümmern und kann unbesorgt schreiben und sich als Autor weiterentwickeln. Die Agentur ist eine Art Rundum-Sorglos Paket für den Autor. Sie formatieren die Leseproben, wie es die Verlage mögen, reden mit Lektoren aus Verlagen (haken nach, wenn nach XY Wochen keine Rückmeldung kommt) und kümmern sich um alle juristischen Angelegenheiten, sowie die Vertragsverhandlungen. Dafür verlangt eine Agentur natürlich etwas. Und das ist nicht nur bei Vermittlung einen Anteil des Erlöses (ist klar, die Menschen müssen auch von etwas leben), sondern auch den Willen des Autors nicht nur stur Genre X abzudecken, sondern auch in Genre Y, Z und E zu schreiben. Außerdem muss ein Autor lernen sich zu organisieren. Das heißt, er muss, bevor er etwas anfängt zu schreiben, ein Exposé anfertigen und der Agentur vorlegen – und sich beim schreiben auch an dieses Exposé halten. Das hat den Sinn, dass ein Autor seine Zeit nicht für etwas verschwendet, das ihm vielleicht am Herzen liegt, aber auf dem Markt ein Interesse von null erzeugt. Netto: Der Autor muss damit leben Mainstream zu schreiben. Schreiben für die breite Masse der Leser und nicht für 200 oder 500 Menschen. Die Agentur greift auch ein, wenn eine Idee zwar auf den ersten Blick gut wirkt, aber noch Löcher in Dramatik und Handlungsaufbau klaffen. Meist entwickelt dann der Agent/ die Agentin die Idee mit dem jeweiligen Autor weiter. Man muss sich außerdem reinreden lassen und Kritik vertragen können. Es gibt sogar Fälle, in denen Romanideen nach der Leseprobe eingestampft wurden, weil zu wenig Interesse von Seiten der Verlage bestand. Denn als Agenturautor ist man nicht länger naiver Schreiberling, sondern Business-Mensch. Man muss wissen, was man zu schreiben bereit ist, über den Tellerrand schauen und auch hinnehmen müssen, wenn das Herzprojekt bei den Verlagen kein Interesse weckt. Eine Agentur hilft dem Autor immens, aber ist keine Garantie für einen Verlagsvertrag oder den nächsten Bestseller. Was war für dich persönlich der größte Erfolg als Autorin? Als ein Anruf mit den Worten „Sie wollen es.“ (= populäres Sachbuch) aus meiner Agentur kam. Obwohl jeder Vertrag (ob Kurzgeschichte oder Roman) einen Nervenkitzel hat (der auch nie weniger wird), war dies bislang mein größte Erfolg.Aber wer weiß, vielleicht toppt 2013 ein neuer Erfolg diesen Erfolg. Die Literaturwelt ist ein großes Überraschungsei. Man kann zwar schütteln und wiegen, aber ob am Ende ein Figürchen drin ist, weiß man nur, wenn man das Ei knackt. Welche Tipps kannst du anderen Autoren geben, die sich ebenfalls bei Literaturagenturen bewerben wollen? Keep cool and stay calm.
Bloß nicht den Kopf verlieren und schlimmstenfalls den Agenten mit e-Mails und Anrufen bombardieren. Oder gar unhöflich werden (solche Fälle gab es schon). Es ist, als bewirbt man sich für eine Arbeitsstelle und genau als solche sollte es auch verstanden werden. Wer denkt „mal schnell“ einen Bestseller landen werden zu wollen, der sollte lieber in eine der vielen Casting-Shows gehen. Die Literaturwelt ist langsam, kräftezehrend und verlangt viel von einem Jungautor ab (am meisten Disziplin und Geduld). Wer jedoch am Ball bleibt, sich nicht unter kriegen lässt und auch Tipps von erfahrenen Autoren annimmt, wird seine Chance bekommen.
Vielen Dank für dieses Interview und weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg als Autorin. Immer gerne, liebe Grit. Und ich hoffe, dass ich ein paar Jungautoren etwas helfen konnte. Das hoffe ich ebenso und auch, dass Euch dieses kleine Interview gefallen hat und Euch auf Eurem Weg als Autor weiterbringt. Was haltet Ihr von Literaturagenturen? Grit
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