Automatisierung von Arbeit: Leute - Massenarbeitslosigkeit droht!

Von Gerd Bewersdorff @derallrounder
Wer es immer noch nicht glauben will, die "Jobwunder" sind bald vorbei. Was dann? Wohin mit dem Rest der Bevölkerung? Wird es die "Gettos" der Armen und Reichen geben? Der Prozeß ist bereits seit Jahren im gange.

Wer hat in Zukunft noch  einen guten Job? Die Räder der Automatisierung drehen sich gnadenlos weiter. Bild pixabay


Kahlschlag: Jeder zweite Job fällt langfristig weg! Einer aktuellen Studie zufolge sind 47% aller Jobs durch Automatisierung gefährdet. Massenarbeitslosigkeit ist vermutlich die natürliche Folge.
Das Paper zur Automatisierung von Arbeit erschien vor anderthalb Jahren. Bis vor kurzem hat sich darum kaum jemand gekümmert, obwohl die Zahlen ziemlich erschreckend sind. Würden 47% aller Jobs durch Computer und Roboter ersetzt, dann ist Vollbeschäftigung wohl endgültig ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Einschränkend muss man natürlich sagen, dass die Gefahr der Automatisierung keine ist, die sich plötzlich manifestiert. Es ist ein Prozess, der viele Jahre in Anspruch nimmt. Vielleicht sind deshalb die meisten Menschen und Politiker sehr entspannt.
Früher oder später wird sich die Haltung ändern müssen!
Gefährdet sind vor allem Jobs, in denen Menschen nicht viel verdienen. Bereits heute geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Was geschieht erst, wenn Menschen mit geringer Qualifizierung überhaupt keine Chance mehr auf einen Job haben?
Gefährdet sind vor allem Jobs, in denen es einen hohen Grad an standardisierten Prozessen gibt. Dazu gehört z.B. der Job eines Kassierers. Die Tätigkeit ist einfach. Der gleiche Prozess wiederholt sich immer und immer wieder. Produkte werden über einen Scanner gezogen. Kunden zahlen entweder mit Karte oder Bargeld. Wird mit Bargeld gezahlt, dann kommt es immerhin zu einer gewissen Form der Interaktion, die nicht komplett standardisiert ist. Trotzdem lässt sich diese Form der Arbeit problemlos automatisieren. In vielen Bereichen hat das bereits stattgefunden. Früher kaufte man sein Bahn- oder Flugticket noch am Schalter. Heute tun das nur noch die wenigsten.
Bereits praktizierte Beispiele
Einige Lebensmittelketten haben inzwischen angefangen, den Self-Checkout einzuführen. Dabei übernehmen Kunden die Rolle des Kassierers. Sie scannen die Produkte selbst und zahlen dann mit Karte. Das wird noch nicht flächendeckend eingesetzt. Bis es soweit ist, wird es aber vermutlich nicht mehr lange dauern. Man erinnere sich nur an die Airlines. Self-Checkin brauchte auch eine gewisse Zeit, bis es sich durchgesetzt hat. In wenigen Jahren wird es vermutlich keine Möglichkeit mehr geben, von einem Menschen eingescheckt zu werden. Auch die Gepäckaufgabe wird immer mehr an Kunden ausgelagert. Die meisten Flughäfen bieten inzwischen die Möglichkeit für Reisende, das Gepäck selbst aufzugeben.

Welche Berufe sind betroffen?
So wie es dem Personal bei den Airlines erging wird es auch dem Personal in vielen anderen Bereichen gehen. Je nach Berufsgruppe ist die Wahrscheinlichkeit eine andere.
Grafik 1 zeigt die Wahrscheinlichkeiten der Automatisierung für einige ausgewählte Berufsgruppen. Insgesamt haben die Autoren des Papers über 700 Berufe untersucht. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit der Automatisierung von Faktoren abhängig, die beschreiben, wie einfach es ist eine Tätigkeit durch einen Computer oder Roboter zu ersetzen.

Die wichtigsten Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen, sind soziale Intelligenz, Kreativität und Wahrnehmung. Kreative Aufgaben lassen sich nur sehr schwer von Computern übernehmen. Letztlich muss alles programmierbar sein. Kreativität ist nicht einfach zu programmieren. So ähnlich verhält es sich bei sozialer Intelligenz. Dort, wo sie gebraucht wird, dürften es Computer schwer haben (z.B. Public Relations). Dort, wo soziale Intelligenz kaum gebraucht wird, können Maschinen übernehmen (z.B. Reinigung).
Bei Wahrnehmung geht es vor allem darum etwas, was man sieht, einordnen und darauf reagieren zu können. Ein Chirurg wird daher schwer zu ersetzen sein. Es gibt bereits Medizinroboter. Diese unterstützen Chirurgen jedoch nur bei ihrer Arbeit. Die komplette Automatisierung in der Chirurgie – gerade für sehr schwierige und selten durchzuführende Operationen – wird wohl erst sehr spät kommen.
Grafik 2 zeigt die Wahrscheinlichkeit der Automatisierung für Berufsgruppen. Dabei wird zwischen 3 Wahrscheinlichkeitskategorien unterschieden. 33% der Beschäftigten sind so gut wie gar nicht von der Automatisierung betroffen, 47% hingegen müssen ernsthaft um ihren Job bangen.

Die Grafik zeigt die Zahl der Beschäftigten pro Sektor. Sie wurde auf den US Arbeitsmarkt abgestimmt. Man kann dabei gut erkennen, was ich oben bereits beschrieben habe: kreative und komplexe Tätigkeiten sind weniger von der Automatisierung bedroht. In der Grafik sind das etwa Berufe aus dem Bildungssektor, Kunst, Medien, Management und Gesundheitswesen. Als besonders gefährdet gelten Produktion, Verkauf (etwa Kassierer) und Transport.
Wie schnell Jobs ersetzt werden hängt von zwei Faktoren ab: Akzeptanz und Kosten. Zuallererst muss ein Unternehmen Kosten sparen können. Ansonsten würde es die notwendigen Investitionen in die Automatisierung nicht tätigen. Es gilt jedoch auch, dass nicht alles, was möglich ist, auch letztlich Sinn macht. Konsumenten fühlen sich wahrscheinlich wohler, wenn ihnen ein Mensch die Haare schneidet und nicht ein Roboter.
Bis sich bestimmte Berufe ersetzen lassen kann es lange dauern, weil Konsumenten die Veränderung auch akzeptieren müssen. Dass es früher oder später aber soweit kommt, daran besteht kaum ein Zweifel. Ein Beispiel ist das selbstfahrende Auto. Je nachdem, wen man fragt, wird die Technologie noch 5 bis 10 Jahre Entwicklung brauchen bis sie marktreif ist. Wird sie deswegen auch angenommen? Fragt man heute begeisterte Autofahrer, dann lautet die Antwort ganz klar: Nein. Die Argumente: fahren macht Spaß und ich traue der Technologie nicht zu, dass sie besser ist als ein Mensch. Letzteres lässt sich eher schnell ausräumen. Man darf nicht vergessen, dass Flugzeuge kaum noch manuell bedient werden. Trotzdem fliegen immer mehr Menschen. Anscheinend stört es sie nicht, dass sie von einer Maschine geflogen werden.
Tatsächlich dürften sich in vielen Bereichen Fehler fast vollständig vermeiden lassen, wenn Menschen durch Technik ersetzt würden. Im Bahnverkehr kommt es immer wieder vor, dass Menschen Signale übersehen und es in der Folge zu Unfällen kommt. Eine Maschine kann ein Signal nicht übersehen.
Ein starkes Argument für Konsumenten dürfte ebenfalls der Preis sein. Automatisierung kann vieles günstiger machen. Wenn die Arbeitskraft gespart werden kann, dann dürften sich die Preise für viele Produkte oder Dienstleistungen halbieren. Man denke nur ans Taxifahren.
Zusammenfassend kann man sagen: die Automatisierung ist keine Zukunftsvision, sie findet seit vielen Jahren statt. Im Gegensatz zum 20. Jahrhundert dürfte sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten der Prozess deutlich beschleunigen. Die Jobs in Berufsgruppen, in denen fast alles standardisiert ist, werden wegfallen. Das wird vor allem jene hart treffen, die bereits jetzt immer weniger verdienen und immer weniger die Chance haben, Vermögen aufzubauen. Das kann zu einem großen sozialen Problem werden. Der Trend ist genauso ernst zu nehmen wie der demographische Wandel. Es ist genauso langfristig und problematisch. Kümmern tut das bisher noch niemanden. Das ist ein blinder Fleck. Sich nicht mit dem Thema auseinanderzusetzen ist ein großer Fehler.
Quelle godemode-trader.de
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