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Einfach alle Siebensachen packen und den Alltag hinter sich lassen – Gehörst Du auch zu den Menschen, die dringend eine Auszeit wollen?
Klar, Du würdest abhauen, wenn Du könntest. Aber es geht nicht, weil Dir das Geld fehlt. Oder weil Du Angst davor hast, was Deine Freunde, Deine Familie oder Dein Arbeitgeber davon halten. Oder, oder, oder…
Da liegt das Problem! Nein, ich meine nicht das fehlende Geld oder die Meinung anderer. Das Problem ist, dass Du eigentlich aus dem Alltag ausbrechen willst – und doch nichts unternimmst.
Die gute Nachricht: Du bist nicht alleine mit diesem Gefühl. Zigtausenden Menschen in Deutschland geht es genau wie Dir. Und ich selbst war jahrelang unzufrieden und wollte einfach nur „raus“. Nach fast zehn Jahren im Job habe ich endlich gekündigt, um mit Adriana für fünf Monate durch Lateinamerika zu reisen.
Das willst Du auch? Gut, gut. Aber lass uns von vorne anfangen.
Es ist egal, ob Du einfach mal für ein paar Monate raus willst oder Dein Leben umkrempeln willst: In diesem Blogpost will ich Dir zeigen, warum die richtige Einstellung für Deine Auszeit so wichtig ist und mit welchen Schritten ich angefangen habe, um dem „Hamsterrad“ zu entkommen.
Bereit? Los geht’s!
Gefangen im „Goldenen Käfig“
Ich lass‘ jetzt einfach mal meine virtuellen Hosen runter und erzähle Dir, warum ich raus aus dem Alltag wollte. So lernst Du mich ein bisschen besser kennen und weißt, mit wem Du es zu tun hast.
Es ist nicht so, dass Abhauen schon immer auf Platz 1 meiner Prioritätenliste gestanden hat. Mit 19 Jahren und meinem Abi in der Tasche, war ich erstmal überfordert: So viele Möglichkeiten! „Soll ich jetzt reisen und das Leben genießen? Oder soll ich eine Ausbildung anfangen, studieren und Geld verdienen?“.
Ich wollte eigentlich die Welt sehen, aber ich wollte auch Sicherheit. Ich habe mich damals für den sicheren Weg entschieden: „Reisen kann ich danach immer noch“.
Wer auf den richtigen Zeitpunkt wartet, wartet ewig.
Aus diesem „danach“ sind fast 10 Jahre in einem internationalen Konzern geworden: Nach dem Abi rein in die Ausbildung, dann der erste richtige Job. Nebenbei ein berufsbegleitendes Studium. Danach ein besser bezahlter Job mit mehr Verantwortung. Ein Karrierecoach würde vielleicht sagen: „Glänzende Aussichten mit Ihren 29 Jahren. Alles richtig gemacht!“
Und ich? Ich war unzufrieden, obwohl ich eigentlich alles hatte. (Laura von placeless.de hat einen schönen Denkanstoß über den „Goldenen Käfig“ geschrieben, den ich in diesem Zusammenhang sehr passend finde.)
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich hatte einen guten Job und es war toll, so viel Neues zu lernen. Aber mein Leben hat mich nicht ausgefüllt. Je länger ich im Alltag gefangen war, umso mehr Gründe fand ich, die gegen eine Auszeit sprachen. So habe ich immer wieder auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um auszusteigen. Nur kam der leider nie.
Warum es „den richtigen Zeitpunkt“ für eine Auszeit nicht gibt
Als ich für diesen Post recherchiert habe, bin ich auf eine traurige Studie gestoßen: Jeder zweite Deutsche würde gerne eine Auszeit vom Job nehmen. Die meisten der Befragten suchen einen Neustart, wollen einem Burnout vorbeugen oder zu sich selbst finden.
Ein krasses Ergebnis, oder? Aber warum machen es so wenige Menschen tatsächlich, wenn es doch so viele wollen? Erstaunt haben mich die Gründe, die Leute von einer Auszeit abhalten:
Fast die Hälfte aller deutschen Arbeitnehmer wünscht sich eine Auszeit vom Job (Quelle: Wimdu.de/Grafik: Rucksackrausch)
Jetzt, wo wir uns jetzt schon etwas besser kennen, will ich ganz ehrlich sein: Ich halte das Ergebnis für eine Lüge.
Nein, das Ergebnis an sich stimmt natürlich. Ich glaube aber, dass viele Menschen nicht ehrlich zu sich selbst sind. Zwar gibt es auch in unserer Gesellschaft viele Leute, die gerade so über die Runden kommen und sich eine Auszeit nicht leisten können. Aber ich glaube nicht, dass dieser Anteil bei fast 50(!) Prozent liegt.
Ich denke eher, dass viele Leute:
- nicht bereit sind, ihren Lebensstandard runterzuschrauben und auf etwas zu verzichten, oder
- zu faul sind, um sich um den ganzen Papierkram zu kümmern, oder
- nicht den Mut haben, sich eine Auszeit zu nehmen oder den Problemen aus Angst aus dem Weg gehen.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Du willst eine Auszeit nehmen. Der Grund, warum Du es bisher noch nicht getan hast, ist simpel: „Ich weiß nicht, wie ich das finanzieren soll“.
Wenn ich Dir nun 10.000 Euro in die Hand drücken würde, was würdest Du tun? Würdest Du Dir eine Auszeit nehmen und verreisen? Oder würdest Du Dich plötzlich fragen, was Dein Arbeitgeber davon hält? Was mit Deinem Auto passieren soll, mit Deinem Krempel, Deiner Wohnung? Wäre es nicht einfacher, die Entscheidung zu verschieben? Klar, aber nicht, ohne dass Du Dir vorher sagst:“Irgendwann mache ich es bestimmt.“
Die Sache mit der Komfortzone
Wäre es nicht mit 18 Jahren und weniger Verpflichtungen einfacher gewesen für mich zu reisen, als jetzt, mit fast 30 Jahren? Ziemlich sicher sogar, abgesehen von der Finanzierung der Reise. Aber selbst später, nach Ausbildung und Studium, habe ich mich nicht getraut. Warum habe ich so lange gebraucht, um den Schalter in meinem Kopf umzulegen?
Es ist bequemer, im Status Quo festzustecken, als seine Komfortzone zu verlassen.
Eine längere Auszeit vom Alltag zu nehmen, ist kein Selbstläufer. Du musst über Monate viele Dinge klären und bereit sein, Deine Komfortzone zu verlassen. Und genau das war mein Problem:
- Wie soll ich eine Reise finanzieren?
- Was passiert mit meiner Krankenversicherung?
- Soll ich meine Wohnung kündigen?
- Wo soll ich meine Sachen unterstellen?
- Wie sieht das in meinem Lebenslauf aus?
- Was denkt mein Arbeitgeber?
- Wie reagiert mein Umfeld?
… und was passiert eigentlich, wenn das Abenteuer vorbei ist?
Diese Fragen waren für mich der Hauptgrund, meine Auszeit immer wieder zu verschieben. Hatte ich zu wenig Geld für eine Auszeit? Eigentlich nicht. Ich war nur sehr gut darin, mein Geld für unnötige Dinge auszugeben.
Anders gesagt: Ich habe meine Prioritäten nicht auf die Auszeit gelegt. Und innerlich war ich sogar froh darüber. Es ist bequemer, im Status Quo festzustecken, als seine Komfortzone zu verlassen. Das Problem ist nur: So schaffst Du den Ausstieg nicht!
In 3 Schritten zum richtigen Mindset für Deine Auszeit
Als Aussteiger bist Du zwar kein Einzelfall, aber wir sind in der Minderheit. Deshalb musst Du lernen, anders zu denken, als die meisten anderen Menschen.
Du wirst immer zig Gründe finden, die aus rationaler und ökonomischer Sicht gegen eine Auszeit sprechen.
Hast Du schon mal jemanden getroffen, der nach seiner Weltreise gesagt hat: „Joa, war irgendwie kacke“?
Deshalb musst Du Deine Sichtweise auf bestimmte Dinge, Dein Mindset ändern, wenn Du Dein Ziel erreichen willst. Ich will Dir hier zeigen, wie ich in drei Schritten aus dem Alltag ausgebrochen bin.
Schritt 1: Finde heraus, was Dir wichtig ist
Klingt einfach, oder? Für mich war die Frage damals die schwierigste Frage überhaupt (Stichwort unbegrenzte Möglichkeiten). Den ersten Schritt hast Du eigentlich schon begonnen, denn Du liest diesen Artikel. Du willst also vermutlich eine Auszeit nehmen – super! Um das zu schaffen, musst Du aber Deine persönliche Komfortzone verlassen und Abstriche machen. Finde deshalb für Dich erstmal heraus, wie wichtig Dir eine Auszeit wirklich ist.
Falls Dir das jetzt nicht so leicht fällt, will ich Dir einen kleinen Denkanstoß geben:
Ich glaube, dass der Sinn des Lebens ist, glücklich zu sein. Du hast die einmalige Chance, Deine Zeit auf diesem Planet bestmöglich zu nutzen, um so glücklich wie möglich zu werden. Das ist das Wichtigste!
Beantworte für Dich deshalb die folgende Frage:
„Was würde mich glücklich machen?“
Beschränke Dich auf einen Zeitraum von ein oder zwei Jahren und überlege Dir, was Dich in dieser Zeit am glücklichsten machen würde. Die Frage ist deshalb so wichtig, weil es Dein Leben ist, über das Du entscheiden kannst. Sei unbedingt egoistisch!
Bereit für die Auszeit: So sieht es aus, wenn das Abenteuer endlich los geht
Wenn es Dir wichtiger ist, einen sicheren Job und einen geregelten Alltag zu haben, dann ist das vollkommen okay. Niemand hält Dich davon ab, dein Leben so zu leben, wie Du es willst. Wichtig ist nur, dass Du glücklich bist und sonst nichts.
Wenn Du aber zu dem Schluss kommst, dass Du reisen oder Dich selbst verwirklichen willst, weil Dich das glücklich machen würde, dann solltest Du alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen. Es ist Deine Zeit auf diesem Planet, die Du selbst gestalten und beeinflussen kannst. Werde Dir über Deine Prioritäten bewusst! Was bedeutet Dir etwas im Leben?
Schritt 2: Finde heraus, was Dir Angst macht
Schreibe alle Fragen auf, die Dir beim Gedanken an eine Auszeit durch den Kopf gehen. Was hat Dich bisher immer wieder davon abgehalten, eine Auszeit zu nehmen? Das können finanzielle Dinge sein („Wie soll ich das bezahlen?“, „Was passiert mit meiner Krankenversicherung?“), aber auch Ängste („Was ist mit meiner Karriere?“, „Was denkt mein Umfeld?“ usw).
Es gibt auf den ersten Blick zig Gründe, die aus rationaler und ökonomischer Sicht gegen eine Auszeit sprechen. Die meisten davon stellen mit ein wenig Vorbereitung aber gar kein Problem dar.
Versuche, die Liste zu sortieren und trenne Deine Ängste von den Aufgaben, die man abarbeiten kann.
Versuche, Deine Ängste von den Aufgaben zu trennen, die sich mit der richtigen Vorbereitung klären lassen.
Hier ein paar Beispiele für die Aufgaben und die Ängste, die ich hatte, bevor ich meinen Job für die Auszeit gekündigt habe:
Aufgaben:
- Wie finanziere ich meine Reise?
- Was passiert mit meiner Krankenversicherung?
- Wo stelle ich meine Sachen unter?
- Was passiert mit meinen Katzen? (ja, ich habe zwei Katzen ;-))
Ängste:
- Was passiert mit meiner Karriere?
- Wie reagiert mein Umfeld?
- Was soll ich machen, wenn die Reise vorbei ist?
Diese Aufteilung ist sehr subjektiv und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manches lässt sich auch nicht klar trennen und passt in beide Spalten. Es geht hier nur darum, dass Du Deine persönlichen Ängste von den Punkten trennst, die Du mit der richtigen Vorbereitung relativ problemlos abarbeiten kannst.
Schritt 3: Dein „Worst Case“ und eine Entscheidung
Das ist aus meiner Sicht der wichtigste Schritt, denn er kann den Knoten in Deinem Kopf zum Platzen bringen. Ich bin Adriana jetzt noch dankbar dafür, dass sie mir diese Frage damals gestellt. Sonst würde ich vielleicht nicht gerade in Guatemala sitzen, ein kühles Bier trinken und diesen Artikel für Dich schreiben.
Schaue Dir Deine Ängste an und male Dir den „Worst Case“ aus. Frage Dich:
„Was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn ich mir eine Auszeit nehme?“
Diese Frage hilft Dir dabei, Deine irrationalen Ängste in ein rationales Verhältnis zu rücken. Es ist natürlich nicht gesagt, dass dieser „Worst Case“ jemals eintritt. Aber könntest Du damit leben, wenn es so wäre? Was könntest Du dann tun?
Eine meiner größten Ängste war die Reaktion meines Umfeldes und was mit meiner Karriere passieren würde. Genau das sind die irrationalen Ängste, die Du mit der richtigen Einstellung besiegen kannst. Besiegen heißt nicht unbedingt, dass eine Angst ganz verschwindet – ich hatte ständig Angst, bevor die Reise los ging
Ich habe damals alles mal grob durchgespielt und mir vorgestellt, wie es wäre zu kündigen und zu reisen. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich im schlimmsten Fall ein paar Monate arbeitslos wäre und mir einen neuen Job suchen müsste. Dieses Risiko war lächerlich gering, weil ich im Gegenzug die vermutlich beste Zeit meines Lebens haben könnte. Oder hast Du schon mal jemanden getroffen, der nach seiner Weltreise gesagt hat: „Joa, war irgendwie kacke“?
Was die Reaktion meines Umfelds betrifft? Das Feedback zu meinem Plan war positiv. Damit meine ich nicht überwiegend, sondern ausschließlich positiv! Nicht nur Freunde und meine Familie, sondern auch Arbeitskollegen haben mich in meiner Entscheidung bestärkt. Sogar meine beiden Chefinnen haben mir signalisiert: „Cool, machen!“, wofür ich ihnen heute noch unglaublich dankbar bin. Eine negative Reaktion hätte zwar nichts an meinem Plan geändert, aber ein gutes Gefühl war es trotzdem
Lebe Dein Leben, nicht das eines anderen
Alles hat damals damit angefangen, dass ich mir die Frage aus Schritt 1 gestellt habe: Was würde mich glücklich machen? Damals bin ich zu folgendem Ergebnis gekommen:
Ich habe mir klar gemacht, dass mir kein neues Auto und kein neuer Job der Welt das geben können, was ich wirklich will. Jetzt bin ich jung und gesund. Ich will jetzt die Welt sehen, fremde Kulturen und Menschen kennen lernen. Warum soll ich jetzt einen Großteil meiner Zeit im Büro arbeiten und auf meine Rente warten?
Ich will später auf mein Leben zurückblicken und sagen: Geil war’s!
Und Du? Finde raus, was Dir am wichtigsten ist im Leben und setze dann alles daran, dieses Ziel zu erreichen. Du wirst sehen, dass die Organisation und alle offenen Fragen mit etwas Vorbereitung kein unüberwindbares Hindernis darstellen. Auf diesem Blog helfen wir Dir dabei.
Auf Rucksackrausch findest Du demnächst weitere Artikel und Tipps zum Thema Auszeit nehmen.
Was hält Dich davon ab, eine Auszeit zu nehmen? Oder hast Du den Ausstieg schon geschafft und kennst Tipps, die anderen bei ihrem Ausstieg helfen können? Ich freue mich über Deinen Kommentar.
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