Ich war in meiner Kindheit mit meinen Eltern öfters im Bayerischen Wald auf einem alten Bauernhof, der zum Ferienhof ausgebaut wurde. Das ist heute in etwa 35 Jahre her. Die Heuhofermühle liegt im Tal von Eschlkam, mitten in saftigen Wiesen direkt am sprudelnden Flüsschen Chamb gelegen. Man kann von hier aus sofort in verschiedenen Richtungen loswandern. Eschlkam gehört zum Oberpfälzer Landkreis Cham und hat mit all seinen Ortsteilen knapp 3400 Einwohner. Das Dorf oben am Berg ist in einer halben Stunde erkundet. Es gibt zwei Metzger, zwei Bäcker, ein Touristikbüro und das Restaurant „Zur Post“, ein klassisches bayerisches Restaurant mit deftiger Kost und selbstgebrautem „Waldschmitt“-Bier. In Eschlkam beginnt auch der ostbayerische Jakobsweg.
In der näheren Umgebung gibt es einige Berge, wie z.B. Arber, Osser und Hoher Bogen und größere Ortschaften, wie z.B. Furth im Wald, Cham, Bad Kötzting und Bodenmais. Bis zur tschechischen Grenze sind es ca. 5km. Hier grenzt der Bayerische Wald an den Böhmer Wald. Das gesamte Land besteht überwiegend aus Feldern, Wiesen, Wald und Bergen. Besonders auffällig ist es, dass man fast nirgendwo Zäune auf den Feldern und Wiesen sieht. Dadurch entsteht ein unheimlich starker Eindruck von Weite. Und wo man hinschaut ist Natur. Zu den wichtigsten ökonomischen Faktoren im Bayerischen Wald gehören daher auch Landwirtschaft und Tourismus.
Wir entschließen uns, am zweiten Weihnachtstag loszufahren, um dort bis zum Neujahrstag zu bleiben. Für mich ist es besonders spannend, wieder die Orte aus meiner Kindheit zu sehen, die sich nach all der langen Zeit doch erstaunlich wenig verändert haben. Ebenso die vielen Erinnerungen und Geschichten aus dieser Zeit, von denen ich Daniela erzählen kann. Zum Beispiel wie ich mit ca. 5 Jahren mit dem ebenso alten Jungen Bernd auf dem Feld hinter dem Hof ein Flugzeug gebaut hatte, indem wir zwei Bretter kreuzweise übereinander legten. Wir hatten damals nicht verstanden, warum wir nicht los geflogen sind, als wir uns hintereinander auf die Bretter setzten.
Nach einigen Staus und Umfahrungen, erreichen wir Eschlkam erst im Dunkeln. Kurz bevor wir ankommen, sehen wir ein helles Licht hinter den Bergen. Wir rätseln noch, woher dieses viele Licht kommt, als plötzlich der riesige Vollmond hinter den Bergen aufgeht. Als wir den Hof erreichen, ist alles stockdunkel. Niemand ist da, aber es hängt ein großer Zettel an der Tür. Der Schlüssel steckt und das Apartment ist vorbereitet.
Tour 1: Rundweg von Eschlkam um den Drachensee
Länge: 13,9 km
Höhenmeter: 190 m hoch, 190 runter
Dauer: 2,5 Stunden (reine Gehzeit)
Der erste Tag begrüßt uns mit strahlend blauem Himmel und wir können aus dem Bett heraus den Sonnenaufgang über den Bergen sehen. Wir frühstücken, packen uns einen Rucksack mit Butterbroten und Wasser, schwingen uns in unsere Klamotten und gehen aus der Türe des Ferienhofes einfach los. Ziel ist der Drachensee, ein künstlich angelegter Stausee, dessen Stauwehr 2005 fertig gestellt wurde. Diesen könne man in einer Stunde auf dem Rundweg umrunden, sagt unsere nette Gastgeberin uns. Wir wandern los über Feld- und Witschaftswege, bis wir zu einem Aussichtspunkt auf einer Anhöhe gelangen, von der aus man über den See gucken kann. Wir wandern hinab zum See und entdecken als erstes eine Vogelbeobachtungsstation mit Erläuterungen zu den dort lebenden Vogelarten. Neben unterschiedlichsten Entenarten, Reihern und Störchen gibt es hier sogar Wanderfalken und Steinadler.
Normalerweise gibt es eine schwimmende Brücke über die Mitte des Sees, die aber wegen des Winters abgebaut ist. Wir umrunden den See in entspanntem Tempo, teilweise nicht immer die offiziellen Wege entlang, sondern auch mal quer über eine Wiese oder durch den Wald. Auf dem Rückweg laufen wir wieder hoch durch Kleinaign zum Dorfkern Eschlkams hinauf und kehren noch auf ein Getränk im Gasthof „Zur Post “ ein, bevor wir das letzte Stück wieder hinunter in Tal laufen zu unserem Hof.
Tour 2: Hoch zum Großen Arber Gipfel (1456 m)
Länge: 12,3 km
Höhenmeter: 480 m hoch, 480 runter
Dauer: 2,75 Stunden (reine Gehzeit)
An dem Tag, den wir uns für die Arber-Wanderung ausgesucht haben, ist dicker Nebel und es regnet. Wir lassen uns nicht entmutigen, frühstücken erstmal ausgiebig und hoffen, dass die Suppe sich verzieht, bis wir fertig sind. Das tut sie leider nicht, aber wir fahren trotzdem los. Der Weg zum Startpunkt der Wanderung, die Talstation Arber-Bergbahn, führt uns immer weiter den Berg hinauf. Und je höher wir kommen, desto mehr blitzt die Sonne durch die Wolken. Und plötzlich haben wir eine Höhe erreicht bei der wir über den Wolken sind, und der Himmel ist strahlend blau und die Sonne lacht uns an. Wir sehen von oben, wie der dichte Nebel im Tal liegt. Das sieht atemberaubend aus.
Angekommen an der Talstation packen wir uns gut ein und wandern los. Wir wählen den Weg rechts der Bergbahn zum Gipfel. Der Weg zum Gipfel führt nahezu ununterbrochen nach oben. Es gibt kaum ebene Abschnitte, sondern nur Steigung. Aber sie ist gut zu bewältigen, wenn man entspannt aufsteigt. Teilweise liegen Eis und Schnee auf dem Weg. Bei etwa 1400m erreichen wir die Bergstation der Gondelbahn. Hier steht das Arber-Schutzhaus und die Eisensteiner Hütte. Hier legen wir dann eine kleine Pause ein und genießen bei einem Butterbrot den Ausblick, der so weit geht, wie das Auge blicken kann.
Von hier aus steigen wir dann weiter die letzten 56m hinauf bis zum Gipfelkreuz. Es ist teilweise durch die Sonne so warm, dass ich meine Jacke ausziehe und im T-Shirt den Berg hinauf steige. Zwischen den drei höchsten Gipfeln des Arbers liegt ein großes Plateau. Von hier aus ist die Aussicht noch einmal beeindruckender, vor allem in jede Richtung. Es ist dort oben so weitläufig, dass wir uns sogar kurzzeitig verlieren. Ich steige sogar wieder zur Gondelstation hinab, weil ich Daniela dort vermute, weil ich sie oben nirgends finde. Unsere Telefone haben dort oben auch zu wenig Empfang, um sich einfach mal anzurufen. Plötzlich klappt es aber doch und wir verabreden uns am Gipfel beim Wegweiser. Also wieder hoch kraxeln und wieder finden.
Hinunter wählen wir die andere Flanke des Berges. Diese ist wesentlich anspruchsvoller und führt uns über unbefestigte Wege, über Felsen und Wurzeln. Man muss seinen nächsten Schritt immer gut überlegen, teilweise auch mal springen und darauf achten, dass man nicht stolpert. Die Natur wirkt hier teilweise sehr verwunschen. Da es schon recht spät ist und es bald dunkel wird, ersparen wir uns den Schlenker über den großer Arbersee und nehmen den direkten Weg zurück zur Talstation. Zum Arbersee fahren wir dann noch kurz mit dem Auto.
Als wir wieder nach Hause fahren und damit auch wieder auf ein niedrigeres Höhenniveau, sind wir erneut überrascht, dass wir mit fallender Höhe aus dem Sonnenuntergang am roten Himmel wieder in die tiefe Nebel-Regen-Suppe von heute morgen hinein fahren, die immer noch im Tal liegt. Unglaublich was für Wetterunterschiede wegen ein paar hundert Metern.
Tour 3: Wanderung zum Hohen Bogen
Länge: 7,7 km
Höhenmeter: 450 m hoch, 450 runter
Dauer: 1,5 Stunden (reine Gehzeit)
Unsere letzte größere Wanderung geht zum Hohen Bogen. Hier steht oben ein alter nicht mehr genutzter NATO-Abhörposten, mit denen der Westen zur Zeit des Kalten Krieges den „Feind“ im Ostblock belauscht hat. Die Türme mit der Abhörtechnik stehen dort noch und einer kann mit über ein großes Stahlgerüst bestiegen werden.
Nach etwa 300m Höhenunterschied ist dieses Stück aber nach einer guten halben Stunde geschafft und es geht zwar noch weiter hinauf, aber nicht mehr so steil. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir dann das Haus Schönblick, in dem wir auf einen Kaffee und einen Kakao mit Sahne einkehren, um uns aufzuwärmen. Wie der Name des Hauses sagt, hat man von hier aus einen wunderschönen Blick ins Tal bis nach Eschlkam und viel weiter. Wir quatschen ein bisschen mit Urlaubern aus Münster und als uns wieder warm ist, machen wir uns weiter zum Gipfel.
Die Abfahrt mit dem Sessellift gondelt uns durch schneebedeckte Tannen hindurch und ist ein beeindruckendes Erlebnis von absoluter Stille und aber auch ganz doller Kälte. Es dauert vielleicht 15 Minuten, aber es reicht, um als Eisklotz unten anzukommen. Schnell zum Auto und ab zur Sauna zum Aufwärmen.
Weitere Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten
Entspannen in der Sauna
An dem Abend nach Wanderung zum Hohen Bogen genießen wir noch zwei Stunden Sauna und Entspannung im Aquacur in Bad Kötzting. Die Saunalandschaft ist eher unspektakulär und auch ziemlich voll, aber wir können uns trotzdem schön aufwärmen, nachdem wir durchgefroren vom Berg herunter kommen.
Thematische Wanderungen
Die knappe Woche im Bayerischen Wald gefällt uns sehr und tut gut. Die vielen Wanderungen, die Natur zu spüren und die frische Luft zu atmen, geben uns viel Kraft zurück. Wir planen in einem Sommer nochmal hierher zu kommen, wenn die Natur in voller Pracht steht, denn dann ist es sicher nochmal ganz besonders und ganz anders schön. Es gibt auch noch viele weitere Orte zu erkunden, zu denen wir in der kurzen Zeit nicht kommen, wie zum Beispiel die Glasbläserhütten, den Kunstwanderweg oder den Baumwipfelpfad.