Auspulsieren der Nabelschnur

Auspulsieren der Nabelschnur kann sich potentiell positiv auf die Gesundheit des Babys auswirken

Auspulsieren der Nabelschnur kann sich potentiell positiv auf die Gesundheit des Babys auswirken

Haben Sie schon einmal vom Auspulsieren der Nabelschnur gehört? Wenn Sie diese Frage mit Nein beantworten, so gehören Sie keineswegs einer Minderheit an – dieses Thema fand nämlich bis vor kurzem nur wenig Beachtung. Nicht unbedeutend dabei ist die Tatsache, dass bei den vielen Fragen, die werdende Eltern beschäftigen und bei der Fülle von Ratgebern und Internetforen zu den Themen Schwangerschaft und Geburt, diese Option nicht unbedingt mit ins Auge gefasst wird.

Was passiert mit der Nabelschnur sobald das Kind die Welt erblickt?

Eine Geburt ist eine ganz besondere Erfahrung. Viele Eltern planen lange daraufhin und diskutieren viele Details: Beginnend mit dem Namen, über die notwendigen Vorbereitungskurse bis hin zur Wahl der Geburtsmethode und -ortes. Die Vielfalt an Informationen kann einen durchaus überfordern. Auch ist das Ereignis Geburt äußerst emotionsträchtig, sodass in dieser Zeit durch die große Aufregung die Aufmerksamkeit eingeschränkt ist. Daher realisieren die meisten Eltern nicht alle medizinischen Schritte.
Bei den meisten Entbindungen wird das Baby, bevor es der Mutter in den Arm bzw. auf den Bauch gelegt wird, noch einige Sekunden unterhalb des Herzniveaus der Mutter gehalten, um einen kurzen Blutaustausch über die Nabelschnur zu gewähren. Während das Neugeborene dann an die Mutter übergeben wird, wird die Nabelschnur recht schnell abgeklemmt, um gegebenenfalls einen Blutrückfluss zu vermeiden.

Es gibt jedoch Meinungen, die entgegen dieser gewöhnlichen Methode als Alternative eine längere Verbindung der Nabelschnur ohne Abklemmen anregen, um ein sogenanntes „Auspulsieren“ der Nabelschnur zuzulassen. Wie geschildert, erfolgt die Trennung des Mutter-Kind-Blutkreislaufs häufig in wenigen Augenblicken (30 Sek.). Bei der Methode der verzögerten Trennung kann man mehrere Minuten (bis zu 15) abwarten.

Für und Wider das Auspulsieren

Die Befürworter des späten Abnabelns argumentieren mit einem sanfteren Start ins Leben.
Noch gibt es relativ wenige Studien zum Thema Auspulsieren, unter anderem vom Verband amerikanischer Gynäkologen ACOG (2012) sowie von Prof. S.J. McDonald (2013) vom Mercy Hospital für Frauen in Melbourne. Diese analysierten 15 Datensätze aus randomisiert-kontrollierten Studien bei insgesamt 3.911 Mutter-Kind-Paaren.

Eine verzögerte Abnabelung liefert laut diesen Studien folgende Resultate:
- ein höherer Eisenwert sowie bessere Blutwerte (mehr rote Blutzellen/Hämoglobin)
- ein höheres Geburtsgewicht durch ein erhöhtes Blutvolumen
- ein zweifach verringertes Eisenmangelrisiko in den ersten sechs Lebensmonaten

Bei normalterminierten Geburten sind die Unterschiede im Vergleich zum schnellen Abnabeln gering, bei Frühgeburten allerdings werden bei der verzögerten Methode höhere bzw. bessere Messwerte zugesprochen. Auch bei den Müttern hat sich entsprechend kein gesundheitlicher Nachteil gezeigt.
Zweifler dieser liberalen Methode kritisieren ein geringfügig stärkeres Gelbsuchtrisiko für das Baby, welche dennoch gut durch Lichttherapie behandelt werden kann. Dieses erhöhte Risiko hängt damit zusammen, dass die kindliche Leber die nun größere Blutmenge nur langsam abbauen kann.

Neue Entscheidungsfreiheit

Insgesamt ist die bisherige Forschung in diesem Feld noch nicht tiefgreifend genug, daher kann nach gegenwärtigem Sachstand noch keine klare Aussage abgegeben werden. Beispielhaft empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktuell, die Nabelschnur 1 bis 3 Minuten nach der Geburt abzuklemmen.

Unabhängig von der Geburtsmethode kann die Mutter bzw. das Elternpaar nach eingehender Beratung persönlich entscheiden, welchen Weg sie bevorzugen. Die dargestellten Forschungsansätze deuten an, dass das Auspulsieren der Nabelschnur im Zusammenhang mit gesundheitlichen Vorteilen für das Baby stehen kann.

Mit dieser Überlegung ergibt sich eine weitere Option in Richtung natürlich orientierter Geburten. Es ist eine individuelle Abwägung der gesundheitlichen Vorteile (potentiell bessere Blutwerte) gegenüber geringfügigen Nachteilen (potentielles Gelbsuchtrisiko). Selbstverständlich kann die Abnabelung nur dann verzögert werden, wenn das Neugeborene sowie die Mutter die Geburt gut überstanden haben und somit das Auspulsieren der Nabelschnur sich nicht unmittelbar negativ auf den Gesundheitszustand der beiden auswirken könnte.

Bild-Copyright: andrechinn/flickr (CC BY 2.0)


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