Vor ein paar Monaten bat Br.Kizito mich, seinen jüngeren Bruder, der im Krankenhaus von Peramiho behandelt worden war, zu seinem Haus in der Nähe von Uwemba mitzunehmen. Der vielleicht 40-jährige Mann erschreckte mich, weil er so schwach wirkte. Später erfuhr ich dann von Kizito, dass sein Bruder gestorben war. Bis zuletzt hatte er als Elektriker gearbeitet, zum Schluss war er so schwach, dass er nur noch im Sitzen und mit vielen Pausen arbeiten konnte, aber besonders beim Reparieren von Fernsehern war er immer noch sehr geschickt. Kizito bat mich, die Messe zum Abschluss der Trauerzeit zu halten. Schon vor einem Jahr hatte er mich zum 65-jährigen (!) Ehejubiläum seiner Eltern eingeladen. Da ich damals nicht hatte kommen können, sagte ich jetzt gerne zu, umso mehr als Kizito mir schon Fotos von seinem malerischen Heimatort am Nyassa-See gezeigt hatte. Kaum hatte er die Einladung ausgesprochen, kamen ihm anscheinend Bedenken: “Aber du musst wissen, dass wir kein Telefonnetz haben.” Ich sehe kein Problem, denn zwei Tage werde ich wohl ohne Handy und Internet auskommen können. Ein paar Tage später ruft er mich an: “Der Pfarrer wird nicht zuhause sein, und er sagt, dass du deshalb nicht im Pfarrhaus übernachten kannst. Du müsstest also bei uns schlafen.” Offensichtlich ist es ihm peinlich, dass er mir in seinem Elternhaus keinen europäischen Standard bieten kann. Ich frage, ob es ein Moskitonetz gibt – gibt es – und sage, dann hätte ich kein Problem. Ich überlege kurz, ob das Bettzeug wohl sauber sein wird, aber eigentlich zweifle ich nicht daran.
Prior Laurenti rät mir, mit unserem Auto nur bis Ludewa zu fahren, der letzten Stadt vor Kizitos Heimatdorf. Dort will Kizito mich abholen. Er verspätet sich ein wenig und schickt seinen Neffen, um mich zu informieren. Der junge Mann meint, ich könne ruhig bis zum Dorf weiterfahren, aber ich warte doch lieber auf Kizito. Als er mich dann in einem der besten Geländewagen (Vierradantrieb, Differentialsperre), den die Abtei Peramiho zu bieten hat, den Berg zum See hinabsteuert, bin ich sehr froh, dass ein erfahrener, ortskundiger Fahrer am Steuer sitzt, denn es handelt sich nicht um eine Straße, sondern um den steilsten Bergpfad, den ich gesehen habe, seit ich vor 28 Jahren die Schnapsidee hatte, den Hirschbichl mit dem Fahrrad zu überqueren.
Unten angekommen, setzt er mich in der malerischen Pfarrei ab (auf dem Foto erkennt man Turm und Dach der Kirche), denn inzwischen hat der Pfarrer eingesehen, dass es doch einen schlechten Eindruck machen würde, wenn er mich abweisen würde. Ich darf sogar im alten Zimmer von P.Thaddei schlafen, einem der legendären Benediktiner-Missionare, der ein ganzes Volk zum Christentum bekehrt hat, allerdings ein ziemlich kleines, das Volk der Kisi.
Am nächsten Tag stellt Kizito mich dann seinen Eltern und den Verwandten, die zum Teil extra von Dar es-Salaam angereist sind, vor. Der 90-jährige Vater erzählt, dass er als junger Mann Diener bei P.Thaddei war und mit ihm zu Fuß die fünf Tagesmärsche bis zur Bezirksstadt Njombe zurückgelegt hat. Der 85-jährige P.Thiemo hatte mir vor der Abfahrt in Uwemba noch erzählt: “Du fährst nach Lupingu zum Volk der Kisi ? Da gibt es sogar ein populäres Lied: ‘Ein Kisi geriet in Seenot. Da betete er zum Gott von P.Thaddei, er wurde gerettet und ließ sich taufen.’ “ Kizito klärt mich auf, dass dieses Lied schon lange nicht mehr “populär” ist – P.Thaddei muss wohl vor meiner Geburt gestorben sein.
Der Tag vergeht mit Zeitunglesen (die afrikanischen Männer), Kochen (die Frauen – siehe Foto), Fotografieren (ich) und Schwimmen im See (wir alle). Beim Mittagessen merke ich dann, dass ich in Afrika angekommen bin: Alle, auch Kizitos Neffe, der in Dar es-Salaam als Arzt arbeitet, essen ihren Ugali (den landestypischen Maisbrei) mit – vorher gewaschenen – Händen. Mein Wunsch nach einem Löffel löst einige Verwunderung aus. Als der nach einiger Zeit eintrifft, frisch gespült und noch voller Wassertropfen, überlege ich mir, dass gekochte Speisen im Gegensatz zu Wasser praktisch immer unbedenklich sind, und entscheide mich doch für die Hände. Das Foto zeigt den Sohn des Verstorbenen vor unserem Esstisch.
Die Messe am nächsten Morgen findet unter einem Baum direkt vor dem Elternhaus statt, gleich danach bringt Kizito mich wieder in die Stadt, und ich fahre zurück mit vielen schönen Fotos und Erinnerungen im Gepäck und dem Wunsch, bald wiederzukommen.
Ausflug nach Afrika
Autor des Artikels : rsk6400
Zum Original-ArtikelErlebnisse eines deutschen Mönchs im Alltag auf Kuba.