Aus Watchman's Comicsammlung: "Star Trek: Untold Voyages" (Marvel, 1998)


Comics zu Star Trek gibt es schon fast so lange, wie diese Space Opera selbst existiert. Angefangen mit dem Verlag Gold Key im Jahre 1967, ist die Lizenz im Laufe der Zeit durch zahlreiche Hände gewandert. Aktuell hält sie IDW und im Jahre 1996 war es der Branchenriese Marvel, der nach 1979 einen zweiten Anlauf unternahm, Comics mit Abenteuern aus dem ST-Universum herauszubringen und zu diesem Zweck sogar den Imprint Marvel presents Paramount Comics schuf. Unter diesem Banner publizierte man in den USA in den folgenden 18 Monaten nicht nur eine Reihe von One-Shots und die quartalsweise erscheinenden Serie Star Trek Unlimited (mit TOS- und TNG-Geschichten), sondern auch die monatlichen Serien Star Trek: Early Voyages (Abenteuer von Captain Pike und seiner Crew) und Starfleet Academy (einer der Kadetten war der aus DS9 bekannte Nog), Star Trek: Voyager und Star Trek: Deep Space 9. Hinzu kam mit Star Trek: Untold Voyages eine weitere Veröffentlichung, die im Gegensatz zu den anderen Titeln von Beginn an als abgeschlossener Fünfteiler angelegt war. Und diese Mini-Serie ist es auch, die ich in der ersten Folge von  Aus Watchman's Comicsammlung einmal näher vorstellen möchte.
Die Basics:
Star Trek: Untold Voyages erschien zwischen März und Juli 1998 (Cover Dates) und ist episodisch aufgebaut. In jeder Ausgabe wird eine abgeschlossene Geschichte erzählt, die zwischen Star Trek - Der Film und Star Trek II: Der Zorn des Khan angesiedelt ist, um eine Brücke zwischen den beiden Filmen zu schlagen. Die Prämisse dieser Mini-Serie besteht dabei in einer zweiten Fünf-Jahres-Mission des U.S.S. Enterprise und jedes Abenteuer spielt in einem Jahr dieser Reise. Die Plots wurden von Glenn Greenberg geschrieben, die Zeichnungen (einschließlich der Cover) stammen von Michael Collins, wobei die Inks von Keith Williams besorgt wurden. Die ersten vier Ausgaben haben 32 Seiten (inkl. Werbung), Heft #5 wurde ein größerer Umfang von 48 Seiten spendiert. 
Die einzelnen Ausgaben:
Heft #1 trägt den Titel Renewal und der Name ist Programm. Die Geschichte setzt setzt direkt mit der letzten Szene aus Star Trek - Der Film ein und erklärt, wie Admiral Kirk es schafft, nach dem Ende der V'ger-Krise nicht an seinen Schreibtisch zurückkehren zu müssen. Zudem bekommt es die Enterprise es mit dem Klingonen Krell zu tun, der die NCC 1701 erbeuten will, um dadurch sein Prestige im klingonischen Imperium zu steigern. Kirk greift tief in die Trickkiste und dabei kommt ihm eine der Modernisierungen an seinem Schiff zugute, die ihm beim V'Ger-Abenteuer noch zu schaffen gemacht hatte.
Die Geschichte in Heft #2 heißt Worlds Collide, besteht aus zwei Erzählsträngen und beide handeln von einem Zusammenstoß unterschiedlicher Welten. Da wäre einseits der Handlungsfaden rund um die Crew der Enterprise, die den Einschlag eines Asteroiden auf einem von Dinosauriern bewohnten Planeten beobachten und aufzeichnen soll. Kirk gerät dabei mit McCoy an einander, denn der Doktor hält es für verwerflich, dass der Captain dem Universum seinen nätürlichen Lauf lassen will, anstatt einzugreifen und die Lebewesen zu retten. Der zweite Strang in diesem Heft beleuchtet das Verhältnis zwischen Spock und der jungen Saavik. Diese lebt in der vulkanischen Botschaft auf der Erde, kommt dort aber wegen ihrer Herkunft mit Art und Weise, wie sie dort erzogen werden soll, absolut nicht zurecht. Spock wird gerufen und soll sie wieder auf Linie bringen. Doch die junge Dame erweist sich als ziemlich renitent.
Für die Geschichte Past Imperfect greift Gelnn Greenberg in Heft #3 ein Story-Konzept von D.C. Fontana zurück, lässt McCoys Tochter Joanna auftreten und präsentiert dem Leser im weiteren Verlauf ein Sequel zur TOS-Episode Miri, ein Kleinling. Bislang war McCoy immer davon ausgegangen, dass er die Onlies gerettet habe, doch wie er feststellen muss, hat die Sache nun ein Nachspiel. Eines, dass tödliche Folgen für Joanna haben könnte.

Das vierte Abenteuer von Star Trek: Untold Voyages heißt Silent Cries. Weil Kirk, Spock und McCoy  einen Botschafter zu einem wichtigen Treffen geleiten, übernimmt Mr. Sulu zwischenzeitlich das Kommando über die Enterprise, damit das Schiff auf das Hilfeersuchen einer Forschergruppe auf Duran 12 reagieren kann. Die Wissenschaftler haben ein Wesen entdeckt, das sie The Crier nennen und das elektromagnetische Impulse absorbieren und mit unglaublicher Geschwindigkeit wieder abgeben kann. Mit Hilfe des Criers ließe sich die Kommunikation innerhalb der Galaxis revolutionieren. Aber es haben auch orionische Gangster von der Sache Winde bekommen, die sich nicht so leicht verscheuchen lassen. Sulu steht damit vor echten Bewährungsprobe als Commander.
Journey's End lautet treffend der Titel des letzten Heftes dieser Mini-Serie. Die Enterprise steht kurz vor dem Ende ihrer Reise und die Crew feiert Chekovs Beförderung, die gleichzeitig auch eine Versetzung auf die Reliant bedeutet. In die Party platzt der Notruf des Schulschiffs Yorktown, das von einem gewaltigen Raumschiff unbekannter Natur angegriffen wird. Die Enterprise macht sich sogleich auf den Weg. Kirk, Spock und McCoy werden von den Aliens entführt und es stellt sich heraus, dass der Galaxis eine gewaltige Katastrophe droht, wenn es den Dreien nicht gelingt, die Außerirdischen von ihrem verhängnisvollen Vorhaben abzubringen.
Kritik:
Auf Lizenzen basierende Comics können für die Fans der zugrundeliegenden Serien oder Filme schnell zur Enttäuschung werden. Etwa dann, wenn es den Autoren nicht gelingt, die Stimmung des Ausgangsmaterials angemessen zu übertragen und/oder sich die Charaktere untypisch verhalten. Oder man die Protagonisten schlicht nicht gut erkennt, weil der Zeichner ihre Gesichtszüge nicht drauf haben. Greenberg und Collins umschiffen alle diese Klippen erfolgreich und man merkt den Storys an, dass seinerzeit kein Schnellschuss getätigt werden sollte, sondern man sich im Hause Marvel bewusst war, es bei den ST-Fans mit einem kritischen Leserkreis zu tun zu haben. Nicht umsonst wurden die Plots im Vorfeld mit Paramount abgestimmt. Alle Geschichten sind spannend, kurzweilig und hätten durchaus gute Episoden einer zweiten TV-Serie mit Kirk und Co abgegeben, wenn diese realisiert worden wäre.
Mein persönlicher Favorit ist dabei Worlds Collide (Heft #2). Und zwar nicht wegen des Spock /Saavik-Plots, sondern wegen des primären Erzählstrangs um den von einem Meteoriteneinschlag bedrohten Planeten. In klassischer Star Trek-Manier wird hier nämlich eine interessante moralische Frage durchgespielt und zu einem überraschenden, doch gleichzeitig überzeugenden Abschluss gebracht. Doch auch die anderen Ausgaben haben individuelle Stärken. Richtig schlecht ist keines der Hefte.

Schlussbemerkung/Verfügbarkeit:
Als das letzte Heft dieses Fünfteilers in den USA erschien, hatte Marvel das Interesse an der ST-Lizenz schon wieder verloren und alle anderen Serien des Imprints bereits einen Monat zuvor eingestellt. Im Falle der Early Voyages kam das Aus sogar mitten in einer laufenden Geschichte. Dieses Schicksal blieb den Untold Voyages glücklicherweise erspart, so dass die Enterprise wenigstens ihre zweite fünfjährige Reise wie geplant beenden konnte. Bekanntlich war ihr dies im TV im Bezug auf ihre ersten Reise nicht vergönnt. Durch die Rückgabe der Lizenz kam es für Marvel leider auch nicht mehr in Frage, die fünf Ausgaben von Star Trek: Untold Voyages in einem Sammelband bzw. Trade Papperback herauszugeben. Zwar hat IDW inzwischen eine sog. Omnibus-Edtion mit allen Heften von Star Trek: Early Voyages herausgebracht, doch wer an den Untold Voyages, die übrigens nie auf deutsch erschienen, interessiert ist, muss sich auf die Suche nach den Einzelheften machen. Sie sind aber bei Onlinehändlern weiterhin im Umlauf, daher nicht übermäßig schwer zu finden und in sehr gutem Zustand zu Preisen sogar unterhalb des damaligen Verkaufspreises zu haben.
Star Trek: Untold Voyages ist eine spannende Serie und ein gutes Beispiel dafür, wie Lizenz-Comics ein bekanntes Franchise bereichern können. Wer sich für Star Trek und zudem für Comics interessiert, düfte mit den fünf Heften durchaus seinen Spaß haben.
Bilder: Copyright Marvel Comics

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