John Galliano ... ohne Kopf keine Krone.
Was Spiderman noch wusste, hat dem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und dem Stardesigner John Galliano jetzt gesellschaftlich und karrieretechnisch das Genick gebrochen. Der eine hat in einem Anfall jugendlichen Leichtsinns und maßloser Selbstüberschätzung einen Doktortitel erschlichen.
Der andere lebt seit er denken kann schon als exponierte Kunstfigur und neigt in der tödlichen Kombination aus Alkohol, Größenwahn und Überforderung zu antisemitischen und rassistischen Ausfällen. Beide mussten ihr Amt schlussendlich niederlegen.
Karl-Theodor zu Guttenberg: Sein oder Nichtsein ...
Vielleicht ist es aber auch nicht ganz unerheblich für den Ausgang der beiden Geschichten, dass Wahljahr ist oder dass das Haus Dior nach 14 Jahren Zusammenarbeit ganz froh war, dass ihm hier ein Weg geboten wurde, Galliano loszuwerden. Der gefeierte exzentrische Designer, der erst kürzlich wieder eine grandiose Show geliefert hat, interessiert sich schließlich wenig für schnöde "Mode" sondern kreiert vorzugsweise große "Kunst". Damit repräsentierte er letztendlich um ein Vielfaches mehr "Galliano" denn "Dior". Der Nachfolger steht auch schon in den Startlöchern: Designer Hedi Slimane. Das ging fix. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser aus den Fehlern seines Vorgängers lernt.
Die Entscheidungen mögen nach dem ganzen Rummel nachvollziehbar und schließlich unvermeidlich gewesen sein. Menschen, die derart im Fokus der Öffentlichkeit stehen, haben ein großes Maß an repräsentativen Funktionen inne und müssen daher besonders umsichtig und überlegt handeln. Und das ist gemeint, wenn Onkel Ben zu Peter Parker sagt: „Aus großer Kraft wächst große Verantwortung.“ Dennoch mutet es seltsam an, dass hier Köpfe rollen, wo andernorts skrupellos betrogen und gemordet wird. Aber mittels kleiner Opfer kann schon viel erreicht werden, was das persönliche wie öffentliche Gewissen angeht … und wenn dann noch was bei rumkommt …
Jahrelang wurden Diktatoren in Afrika protegiert aber wenn das Fass überzulaufen droht, sind alle wieder ganz empört. Vielleicht hatte man auch deshalb das Bedürfnis, ein Exempel zu statuieren um die wohltuende und überlebensnotwendige Illusion der öffentlichen Moral aufrechtzuhalten. Aber wenn wir schon über Moral, Ethik und Konsequenzen sprechen … ich hätte da noch ein paar Köpfe auf meiner Liste, die mir mehr am Herzen liegen.
Und übrigens: Thilo Sarrazin ist im Gegensatz zu einem gewissen einsamen und verwirrten Künstler durchaus in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen und hat lange an seinen rassistischen und diskriminierenden Äußerungen gefeilt. Er hat sie fein säuberlich aufgeschrieben, vertrieben und gern immer und immer wieder öffentlich vorgetragen. Er verdient sich damit sogar ein goldenes Näschen. Jaja, so geht es zu in der Welt. Herr Berlusconi wird kopfschüttelnd die Nachrichten vernehmen und sich Biegen vor Lachen: ein falscher Doktor und ein alkoholisierter überreizter Gockel – ein genialer Stoff für die italienische Oper!