Aus dem Leben eines Top-Terroristen (1)

Das Ei wäre zu hart, eine völlige Zumutung, schimpft der international gesuchte Top-Terrorist, auf dessen an diesem Morgen grämlich dreinblickenden Kopf fünfundzwanzig Millionen US-Dollar ausgesetzt sind, aber, so denkt der Top-Terrorist, was bringen dir schon fünfundzwanzig Millionen US-Dollar, wenn du nicht einmal jemanden im Hause hast, der dir ein ordentliches Ei zubereiten kann, er schlägt die Zeitung zu, wieder nichts über mich, sagt er zu Maria, die eifrig nickt, die ihm gerade ein Toast aus dem Toaster angelt, sieh dir das doch an, sagt der Top-Terrorist, er steht bereits neben dem Toaster, viel zu dunkel, er hält Maria das Toast unter die Augen, so etwas kann niemand essen, ich sollte dich zum Kochdienst bei den Gefangenen abordnen, denen kannst du so einen Kohleklumpen in die Zelle bringen, aber doch nicht mir, und wieder nickt Maria, während ein morgendlicher Schrei die Stille zerreißt, die sollten doch auf keinen Fall, der Top-Terrorist unterbricht seine eigenen Gedanken und stürmt in den Flur hinaus, er ruft nach Rafael, Rafael, flüstert er, die Stimme bleibt ihm weg, er hat schon länger Probleme mit der Stimme, er wollte schon längst einmal seinen Leibarzt aufsuchen, da stimmt etwas nicht, da ist etwas im Bush, er muss über seinen kleinen Wortwitz lächeln, er flüstert also wieder, Rafael, kein Rafael zu sehen, dafür ertönt ein weiterer Schrei, keine Folter am Sonntag, wie oft hat er das den Jungs schon erklärt, aber die machen was sie wollen, es kotzt ihn an, und da sage noch einmal einer, man solle Top-Terrorist werden, nichts als Ärger mit dem Personal, nein, den Job sollte man, auch diesen Gedanken muss er abbrechen, weil er plötzlich ein Ziehen in der Magengegend verspürt, da kündigt sich etwas ohne Bekennervideo an, vielleicht wieder dieser Durchfall, sicher ist sicher, schon setzt sich der Top-Terrorist in Bewegung und spurtet in Richtung Toilette, er reißt die Calvin-Klein-Unterhose nach unten, die er natürlich nur aus Gründen der Feindbeobachtung trägt, und platziert sich auf dem vergoldeten Rund, keinen Moment zu spät, denn schon entleert sich der Top-Terrorist, und das heute, denkt er noch, wo er doch Besuch von diesem Waffenmagazin bekommen soll, die eine Homestory über ihn machen wollen, der Durchfall will gar nicht mehr enden, so ein Mist, denkt er und greift zu einem der zahlreichen Magazine, mal sehen, er blättert sich durch eine Ausgabe des Playboy, dann folgt Der Waffennarr und schließlich verliert er sich in Der Architektenfreund, denn will man gezielt große Gebäude sprengen, muss man ja schließlich die verschiedenen Bauweisen kennen, und ja, er kennt sich mit all den wichtigen Dingen aus, auch mit Statik, als jemand plötzlich an die Toilettentür klopft, kann man hier denn nicht mal in Ruhe scheißen, flüstert seine immer noch abwesende Stimme zur Tür hin, die Leute von dem Waffenmagazin, sagt Maria, ich komme gleich, biete Ihnen einen Molotowcocktail an, wieder muss er über sein enormes Comedy-Talent lächeln, nein, natürlich nicht, flüstert er, setz sie ins Wohnzimmer, welches meinen Sie, fragt Maria, ja, welches meint er denn nur, der Top-Terrorist überlegt, sein Morgen besteht schon wieder einzig nur aus einem Meer aus Fragen, beständig soll er Entscheidungen treffen, er hat es so satt, so unendlich satt, er wird aussteigen, irgendwann wird er aussteigen, dann wird er sich ein kleines Land unter den Nagel reißen und dort dem Tod allmählich ins Auge sehen, führ sie in das geblümte Wohnzimmer, flüstert er schließlich, sein letztes Wort wird von einem neuerlichen Schwall aus seinem Hintern gekrönt, er hört genau hin, er ist sich sicher, diese Maria kichern gehört zu haben, er greift noch zu einem Comic, er muss die Schriften des Feindes studieren, er liest in einem Micky-Maus-Heft, oh, diese verfluchte Maus, dieses Denunziantenschwein, Bullenfreund, und wieder einmal wird Kater Karlo verhaftet, der Top-Terrorist wischt sich eine Träne aus dem rechten Auge, er ist ja auch nur Mensch, Feind hin, Feind her, er wischt sich den Hintern mit einem achtzehnlagigen Toilettenpapier sauber, dann übt er vor dem Spiel rasch noch sein verschlagenes Terroristenlächeln und macht sich auf den Weg zu den Journalisten, da sind Sie ja, flüstert er und breitet die Arme aus, verflucht denkt er, da kündigt sich etwas an, nicht schon wieder, in seinem Bauch gurgelt es wie in einem wilden Gebirgsfluss, ich müsste mal, flüstert er und rennt rasch zur Toilette zurück, er schlägt die Tür hinter sich zu, er will, da spürt er, die Lage in seinem Bauch überschlägt sich, oh nein, sagt er zu uns Lesern, ab einem gewissen Punkt muss man wirklich einmal alleine sein, er schiebt uns zur Tür hinaus, er hebt die Hand, ein letzter Gruß, bevor sich die Tür schließt und dann können wir nur noch sein Flüstern hören: Verfluchte Scheiße!



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