Aus dem GBS-Newsletter vom 17.03.2011

Von Nicsbloghaus @_nbh

KERNENERGIE: GBS WARNT VOR VERDRÄNGUNG DER RISIKEN

Die schrecklichen Bilder aus Japan haben weltweit Bestürzung und Solidarität mit den Opfern des Erdbebens/Tsunamis ausgelöst. Angesichts der möglicherweise katastrophalen Folgen der Schäden am AKW Fukushima wird die Nutzung der Kernkraft nun auch in Deutschland zur Disposition gestellt: Stehen wir womöglich vor dem endgültigen Ausstieg aus der Atomwirtschaft?

gbs-Gründer Herbert Steffen ist skeptisch: “Mich erinnert die gegenwärtige Debatte an die Diskussionen nach dem Super-GAU in Tschernobyl. Auch damals waren viele davon überzeugt, dass der Ausstieg aus der AKW-Technik vorangetrieben würde. Geschehen ist aber nichts dergleichen. Was mich besonders irritiert, ist, dass viele Politiker nun behaupten, man hätte einen Unfall wie den in Fukushima nicht vorhersehen können. Spätestens seit Robert Jungks Bestsellern aus den 1970er Jahren “Griff nach dem Atom” und “Der Atomstaat” hätte es doch jedem bewusst sein müssen, mit welchen tödlichen Risiken diese Technologie verbunden ist.”

Tatsächlich bedurfte es nach Tschernobyl keines “geheimen Expertenwissens”, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon formulierte seine Haltung zur Kernenergie in den 1990er Jahren folgendermaßen:
“Alle Erfahrungen, die die Menschheit bisher im Umgang mit Risikotechnologien machen konnte oder genauer: musste, sprechen dafür, jede Technologie zu vermeiden, die menschliche Irrtümer, menschliche Unvollkommenheit mit nicht wieder gut zu machenden Katastrophen bestraft. Schärfer formuliert: Es wäre grob fahrlässig, weiterhin auf Technologien zu setzen, die das “Menschenrecht auf Irrtum” negieren, zumal sich gezeigt hat, dass das Festhalten an solchen Risikotechnologien die Entwicklung und Umsetzung von risikoärmeren und damit menschenfreundlicheren Alternativen dauerhaft blockiert” (Schmidt-Salomon: “Erkenntnis aus Engagement”, S. 420).

Der gbs-Sprecher warnte angesichts der Ereignisse in Japan sowohl vor einer “hysterischen Panikmache, die die bestehenden Probleme verschärfen würde”, als auch vor einer “weiteren ökologiotischen Verdrängung der Gefahren der Atomtechnologie”. Es sei “ein Zeichen von Dummheit, eine Technologie zu nutzen, deren Risiken von keiner Versicherung der Welt getragen” würden. “Wären die AKWs auch nur halbwegs vernünftig versichert”, so Schmidt-Salomon, “wäre Nuklearstrom so teuer, dass er keine Abnehmer mehr fände. Hieran erkennt man, wie eng die Wahnsysteme Ökologiotie und Ökonomiotie miteinander verknüpft sind.”

Schmidt-Salomon hatte die Begriffe “Ökologiotie” (ökologische Idiotie) und “Ökonomiotie” (ökonomische Idiotie) erst vor wenigen Wochen in einem Gastbeitrag für das Lifestyle-Magazin “Mind” geprägt. Angesichts der aktuellen Vorgänge in Fukushima hat der humanistische Pressedienst (hpd) nun Auszüge aus diesem Artikel veröffentlicht.

“Keine Macht den Doofen!”
http://hpd.de/node/11296

LEIBNIZ WAR KEIN BUTTERKEKS: “SALOMONISCHES” ÜBER DEN SINN UND UNSINN DES LEBENS

Vor wenigen Tagen ist das neue Buch von gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon erschienen – das erste Buch, das er gemeinsam mit seiner 20jährigen Tochter Lea Salomon verfasst hat: “Leibniz war kein Butterkeks – Den großen und kleinen Fragen der Philosophie auf der Spur” ist nicht nur amüsant zu lesen, es behandelt auch auf “salomonische Weise” einige der wirklich bewegenden Probleme, mit denen wir “aufrechtgehenden, philosophischen Affen” in unserem Leben immer wieder konfrontiert sind.

Das Buch könnte eine Lücke schließen, auf die in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen wurde: Bislang gab es nämlich keine allgemeinverständliche Einführung in die Denkweise des evolutionären Humanismus, die auch von einem breiteren Publikum mit Genuss zu lesen wäre.

hpd-Redakteur Frank Navissi schrieb in seiner Rezension des “Leibniz-Buchs” auf dem Portal des Humanistischen Pressedienstes: “In einem sokratischen Dialog kommen Schmidt-Salomon und seine Tochter Lea ins Gespräch über ‘das Leben, das Universum und den ganzen Rest’. Dabei berühren sie die Grundfragen der Philosophie, der Menschheit und des Menschseins. (…) ‘Leibniz war kein Butterkeks’ sollte für Schüler im Ethikunterricht Pflichtlektüre werden und für neugierige Erwachsene ebenfalls.”

Weitere Informationen zum Buch und den Autoren findet man auf der “Website zum Buch”. Auf hpd.de gibt es neben der Rezension des Buchs auch ein Interview mit den beiden Autoren.

Die “Website zum Buch”:
http://www.leibniz-war-kein-butterkeks.de/

hpd-Interview mit den Autoren
http://hpd.de/node/11276

hpd-Rezension von Frank Navissi:
http://hpd.de/node/11290

Das Buch bei unserem Kooperationspartner denkladen.de:
http://www.denkladen.de/product_info.php/info/p1651

“AUCH BISCHÖFE MÜSSEN BEI DER WAHRHEIT BLEIBEN”: SÄKULARER PUNKTSIEG VOR GERICHT

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat im Rechtsstreit mit gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon eine Niederlage erlitten: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sah es als erwiesen an, dass Müller in der Auseinandersetzung mit Schmidt-Salomon die “Pflicht zur Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit” nicht erfüllt hat.

Anlass des Rechtsstreits war eine Predigt des Bischofs gegen die Religionskritiker Richard Dawkins und Michael Schmidt-Salomon im Mai 2008. In der Predigt hatte Müller unter anderem behauptet, Schmidt-Salomon würde in seinen Schriften Kindstötungen legitimieren. Da diese Aussage wahrheitswidrig und diffamierend war, ließ der Philosoph dem Bischof eine Unterlassungserklärung zustellen. Müller revidierte daraufhin den Predigttext auf der Internetseite des Bistums, weigerte sich aber, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben, wobei er sich auf seine besondere Stellung als Amtsträger der katholischen Kirche berief.

Da Bischof Müller dafür bekannt ist, seine eigenen Kritiker mit Unterlassungsklagen zu verfolgen, dachte Schmidt-Salomon, es sei an der Zeit, den Spieß umzudrehen: Mit Unterstützung des Alibri Verlags und der Giordano-Bruno-Stiftung strengte er ein Gerichtsverfahren an, das klären sollte, ob Priester tatsächlich ein besonderes Recht besitzen, unwahre Tatsachenbehauptungen aufzustellen.
Im September 2009 wurde die Klage von dem Verwaltungsgericht Regensburg aus formellen Gründen abgewiesen, da bei einem Bischof, der eine Körperschaft des öffentlichen Rechts vertrete, “keine Wiederholungsgefahr” bestünde. Auf die grundlegende Frage, “ob ein Bischof ungestraft das Blaue vom Himmel lügen darf” (Schmidt-Salomon), ging das Gericht in seiner Urteilsbegründung nicht ein.

Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun in seinem Urteil vom 24. Februar 2011 nachgeholt: Das Gericht stellte im Berufungsverfahren fest, dass die Behauptungen des Bischofs im Widerspruch zu Schmidt-Salomons Veröffentlichungen standen und geeignet waren, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit zu schaden. Da der Bischof seine “Pflicht zur Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit nicht erfüllt” habe, sei der Philosoph “in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt” worden. Daher verurteilte das Gericht die Diözese Regensburg, die Schmidt-Salomon entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

In seiner Stellungnahme wies der Philosoph auf die grundsätzliche Bedeutung des Urteils hin:
“Das Gericht hat deutlich gemacht, dass die Kirche kein rechtsfreier Raum ist. Auch Bischöfe sind zu Sorgfalt und Wahrhaftigkeit verpflichtet, wenn sie über Andersdenkende herziehen. Damit wurde die Auffassung des Bistums zurückgewiesen, dass eine freie Predigt nur möglich sei, wenn verhindert werde, dass Bürgerinnen und Bürger gegen diffamierende Predigten vorgehen können. Dies ist ein wichtiges Signal für den Rechtsstaat: Nun sind Herr Müller und seine Kollegen, wie alle anderen Bürger auch, dazu verpflichtet, wahrheitsgemäß zu zitieren. Vielleicht sehen sie es irgendwann sogar selber ein, dass es ratsam wäre, ein Buch erst einmal zu lesen, bevor sie es in ihrer Sonntagspredigt verdammen.”

Chronik des Rechtsstreits mitsamt Dokumenten (Urteile, Stellungnahmen, Presseartikel):
http://www.schmidt-salomon.de/mss-mueller.htm

RELIGIONSKRITISCHE INITIATIVEN: VOLKSBEGEHREN IN ÖSTERREICH, “HEIDENSPASS” IN DRESDEN

- Erstmals hat sich in Österreich eine breite Plattform humanistischer und laizistischer Organisationen (u.a. gbs-Österreich) gegen die Privilegien von Religionsgemeinschaften formiert. Sie hat das Einleitungsverfahren für ein Volksbegehren gestartet, mit dem das Parlament gezwungen werden soll, sich mit dem Thema zu befassen.
Weitere Informationen:
http://hpd.de/node/11226

- Die gbs-Regionalgruppe Dresden (GeFAHR e.V.) plant unter dem Label der “Religionsfreien Zone” ein Alternativprogramm zum diesjährigen evangelischen Kirchentag in Dresden (1. – 4. Juni 2011). Viele prominente Köpfe der säkularen Szene haben ihre Teilnahme bereits zugesagt. Vorgesehen ist eine Mischung aus Unterhaltung, Information und Diskussion u.a. mit Ralf König, Carsten Frerk und Michael Schmidt-Salomon sowie Vertretern der Parteien und der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters (FSM). Um die Veranstaltungsreihe finanzieren zu können, ist die Dresdner Regionalgruppe auf Spenden angewiesen. Alle, die die “Religionsfreie Zone Dresden” unterstützen möchten, können ihre Spende bequem über helpedia.org entrichten.
Spendenaufruf auf helpedia.org:
http://www.helpedia.de/spenden-aktionen/deinhirn2011

Website des Veranstalters:
www.gbsdd.de

ZEUGIN EINES EHRENMORDS: VERANSTALTUNG MIT NOURIG APFELD IN MASTERSHAUSEN

Am Sonntag, dem 3. April 2011, liest die Islamkritikerin Nourig Apfeld aus ihrem bewegenden Buch “Ich bin Zeugin des Ehrenmordes an meiner Schwester” am Stiftungssitz in Mastershausen. Gemeinsam mit Michael Schmidt-Salomon wird sie anschließend über Islam, Islamismus, Integration und Emanzipation diskutieren.

Die Veranstaltung beginnt mit einem Sektempfang um 14.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich (gbs-Büro Mastershausen, Tel: 06545 910286, Fax: 06545 910287, Email: steffen@giordano-bruno-stiftung.de, eine Rückmeldung erfolgt nur, falls bereits alle Plätze vergeben sind).

Weitere Informationen zur Autorin:
http://de.pluspedia.org/wiki/Nourig_Apfeld

Die Rezension des Buches auf hpd:
http://hpd.de/node/10895