Wie erwartet (siehe vorausgegangenen Newsletter) hat die Vergabe des “Ethik-Preises der Giordano-Bruno-Stiftung” an die Initiatoren des “Great Ape Project”, Paola Cavalieri und Peter Singer, höchst unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Der schärfste Angriff auf die Stiftung ging wohl vom Behindertenbeauftragten der Bundesregierung Hubert Hüppe (CDU) aus, der den Festakt in der Deutschen Nationalbibliothek in letzter Minute noch verhindern wollte. Die gbs reagierte darauf mit einer Rücktrittsforderung gegenüber Hüppe, den sie, nachdem der Festakt in Frankfurt ungestört stattfinden konnte, wieder zurücknahm.
Der gbs-Vorstand äußerte zwar Verständnis dafür, dass Hüppe, der Grußworte zum “Marsch für das Leben” radikaler Abtreibungsgegner beigesteuert hatte, mit Peter Singers Eintreten für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht einverstanden sei. Allerdings, so die Kritik der gbs, hätte Hüppe diese eindeutige Meinungsverschiedenheit herausstellen müssen, statt künstlich einen Dissens zu konstruieren, der in Wirklichkeit gar nicht existiert.
“Niemand von uns bestreitet doch, dass behinderte Menschen jede Unterstützung verdienen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können!”, heißt es in der Erklärung des gbs-Vorstands. “Wir sind allerdings anderer Meinung als Hubert Hüppe, was etwa das Recht auf Schwangerschaftsabbruch betrifft. Und auch viele behinderte Menschen widersprechen Hüppes Auffassungen in diesem Punkt deutlich.”
Viele Behindertenaktivisten, so der gbs-Vorstand, würden in puncto Schwangerschaftsabbruch oder PID nicht die Positionen Hubert Hüppes, sondern die Positionen der Giordano-Bruno-Stiftung vertreten. Das erkläre auch, warum in den letzten Tagen “überdurchschnittlich viele behinderte Menschen und engagierte Sonderpädagogen” in den Förderkreis der Stiftung eingetreten seien. Die gbs bemüht sich nun um eine Diskussionsveranstaltung, die klären soll, ob Schwangerschaftsabbruch oder Präimplantationsdiagnostik tatsächlich “behindertenfeindlich” seien. Der in Frankfurt von Behindertenaktivisten eingenommene Standpunkt, man dürfe “nur nicht-behinderte Föten abtreiben”, sei ethisch kaum überzeugend.
Angriffe ganz anderer Art kamen vom “linken” Publizisten Peter Bierl, der sich u.a. in den Zeitschriften “Jungle World” und “Standpunkte” (Rosa-Luxemburg-Stiftung) bemühte, der säkularen Szene im Allgemeinen und der gbs im Besonderen “rechtes Gedankengut” zu unterstellen. “Bierls Unterstellungen sind so absurd, dass man sich dazu eigentlich gar nicht äußern müsste”, erklärte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon. “Da aber leider einige Redaktionen diesen kolossalen Unsinn abdruckten, waren wir gezwungen, dazu Stellung zu beziehen.”
Ansonsten waren die Reaktionen auf die Preisvergabe der Stiftung überwiegend positiv, wie Schmidt-Salomon ausführte. “Wir hatten weitaus schlimmere Hetzkampagnen erwartet. Umso mehr freuen wir uns, dass der Festakt so gut aufgenommen wurde. Viele, die an einer rationalen Debatte über Ethik interessiert sind, gratulierten uns zu dem Mut, diese Preisvergabe durchzuführen. Besonders positiv waren die Reaktionen aus der Tierrechtsszene. Ich bin zuversichtlich, dass wir auf diesem Gebiet zu fruchtbaren Kooperationen kommen werden. Als Stiftung werden wir jedenfalls unser Möglichstes tun, um die berechtigten Anliegen des ‘Great Ape Project’ in die öffentliche Debatte einzubringen.”