Sport treiben und dabei den Geist lösen, entspannen und neue Kraft tanken? Das funktioniert vor allem bei Sportarten wie Yoga und Pilates. Hier kann man sanft von einer Übung in die andere gleiten und seine Grenzen auf schonende Art und Weise austesten. Ich habe in letzter Zeit vor allem Yoga ausgeübt und dabei gemerkt, wie gut ein genussvoller Flow der Seele tut und wie sehr der Körper einem die Dehn-, Kraft- und Stabilisationsübungen dankt.
Yoga mache ich üblicherweise zuhause - zum einen, weil ich mir dafür einen extra Raum eingerichtet habe, in dem ich dann Räucherstäbchen und Kerzen anzünde, zum anderen aber auch, weil mich die Yogakurse im Fitnessstudio noch nicht überzeugt haben. Die Atmosphäre stimmt dort irgendwie nicht so richtig - und meistens gehen die Kurse dann auch nur 45 oder 60 Minuten, und nicht wie in Yogastudios üblich 90 Minuten. Apropros Yogastudios: Hier gefällt mir zwar das Drumherum, aber die Leute sind irgendwie einschüchternd; Yogaprofis eben, die ganz grazil in die Krähe gleiten und so dehnbar sind wie Kaugummi.
Eine gute Mischung aus beiden Welten, also dem Fitnessstudio und der Yogaschule, habe ich kürzlich bei Re-Level erlebt. Dieses Studiokonzept gibt es bereits seit ein paar Monaten in Köln und es richtet sich an Leute wie mich, die den Spagat zwischen zu fitnessstudiomäßig und zu yogamäßig schaffen möchten.
Das Studio an sich ist schonmal etwas ganz anderes: Beim Reinkommen zieht man an der Tür seine Schuhe aus und gegenüber der Anmledung lädt eine gemütliche Sitzecke mit Dutzenden Kissen zum Herumlungern ein. Aber erstmal geht es ans Abnstrengen - und dafür direkt in die Umkleidekabinen, die ebenfalls ein wenig anders sind als in normalen Fitnessstudios: hell, modern und mit offenen Duschen.
Zum Energy Day ist der helle Kursraum proppevoll - der erste Kurs des Tages, BodyArt, ist heiß begehrt. Wir starten mit einer ganz ruhigen Atemsequenz, um dann in einen sanften Flow überzugehen. Für mich ist es das erste Mal BodyArt und ich bereue es sehr, dass ich das nicht schon früher ausprobiert habe, denn der Kurs ist einfach eine echte Wohltat! Mit Hilfe von Dehnübungen und Entspannungselementen werden Muskeln und Geist "entknotet" und der Energiefluss im Körper soll verbesser werden - und das merke ich tatsächlich bereits nach der ersten Stunde. Die 90 Minuten vergehen wie im Flug und sind dabei herrlich entspannend, obwohl wir ordentlich die Muskeln anspannen. Als wir am Ende in die Entspannungsminuten gehen, könnte ich direkt einschlafen ...
Im Anschluss folgt direkt eine Mischung aus Relatic und ReLates - auch hier ist der Raum wieder rappelvoll. Diesmal geht es trotz Yoga Flow etwas fordernder zu, wobei jeder ganz seinem eigenen Fitnesslevel zufolge trainieren kann. Während die einen springen, um die Herzfrequenz noch höher zu treiben, machen andere nur große Schritte oder verweilen in der Kindposition, um sich zu erholen. Alles kann, nichts muss. Der Kurs kommt mir vor wie eine kleine Yoga-Party, erst Recht, weil die Musik, zu der wir trainieren, keine Entspannungsmusik ist, sondern ordentlich Beat hat und unsere Trainerin uns immer wieder lachend antreibt. Wir machen klassische Yogapositionen wie etwa den Krieger oder den Hund, allerdings immer wieder mit dynamischen Elementen und Gleichgewichtsübungen. Tänzer, Krähe oder Halbmond - auch hier versucht jeder sein Bestes, ganz ohne Druck. Zum Abschluss bekommt jeder von uns noch einen Pilates Ball, mit dem wir ein paar leichte Übungen für Bauch und Rücken machen - und dann geht es wieder in die Entspannung!
Nach meinem zweiten Kurs erwartet mich erstmal eine heiße Dusche - und dann steht das Highlight des Tages an, nämlich der Vortrag „Das Leben der 100 Jährigen" von Gesundheitsexperte Marcus Lauk, über den er auch in dem Buch "Steinalt und kerngesund" erzählt. Marcus berichtet von seiner Reise um die Welt, auf der er die Geheimnisse der ältesten Menschen unserer Welt erkunden wollte. Dabei machte er Halt an vier Stationen: In der kalifornischen Kleinstadt Loma Linda, auf der griechischen Insel Ikaria, in den Bergdörfern Sardiniens und auf Okinawa, der Hauptinsel der gleichnamigen japanischen Inselgruppe, die ich übrigens bereits aus Daniela Katzenbergers Beauty-Reise um die Welt kannte - ja, hiermit oute ich mich ;-).
Was Marcus auf seiner Reise gelernt hat: Ein langes Leben hängt nicht nur an gesundem Essen und Sport, sondern vor allem auch am sozialen Leben und der inneren Einstellung. Seine vier Faktoren für ein langes, gesundes Leben sind deshalb Ernährung, Bewegung, Psyche und Umfeld. Besonders interessant fand ich dabei, dass die hundertjährigen Menschen auf Okinawa alle ein "Ikigai" haben, also einen Sinn des Lebens, der sie dazu bringt, morgens aufzustehen und sie bei allem was sie tut inspiriert und motiviert. Ihr Ikigai hält sie am Leben, denn solange sie ihren Lebenssinn nicht erfüllt haben, wollen sie weitermachen. Bei manchen sind es Enkelkinder, bei anderen Lehraufgaben oder schlicht und einfach der Job. Das ist nämlich noch so eine "witzige" Sache: Die hundertjährigen in den Städten, die Marcus besucht hat, denken gar nicht daran, mit ihrer Arbeit aufzuhören. Was wäre unsere Regierung froh, wenn wir das hier auch einführen würden - Arbeiten bis 100! Der Unterschied ist aber einfach, dass die Hundertjährigen das lieben, was sie tun. Sie sehen ihre Arbeit nicht als Arbeit an, nicht als Stress, so wie wir es meistens tun. Morgens aufstehen, keine Zeit fürs Frühstück, zur Arbeit fahren, dort stressige Aufgaben erfüllen, Meetings wahrnehmen und am Abend noch zu Verabredungen hetzen, immer mit dem Blick aufs Handy, ob noch eine wichtige Businessmail eingetroffen ist, die nicht bis morgen warten kann, ab in die Stadt, um Besorgungen zu erledigen, zum Sport, zuhause abwaschen, aufräumen ... Wir sind einfach immer und überall gestresst. Ob wir damit 100 Jahre alt werden? Wohl eher nicht.
Die liebe Kristin von Eat Train Love befasst sich übrigens aktuell ganz ausführlich mit dem Thema Stress - schaut mal bei ihr vorbei, wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr einen Gang zurückschalten möchtet!
An die Sache mit dem Ikigai denke ich auch heute noch. Was ist mein Ikigai? Mein Mann? Mein Hund? Mein Blog? Ganz sicher alles zusammen, aber vor allem auch das Wissen, dass ich das Beste aus jedem Tag machen möchte, denn jeder Tag des Lebens ist wertvoll. Egal ob man 70 0der 100 Jahre alt wird.
Der Energy Day bei Re-Level war für mich ein wahnsinnig entschleunigendes Erlebnis, das ich mit einem Lächeln auf den Lippen am Abend verlassen habe. Ein paar Stunden abschalten, die Muskeln dehnen, bewusst atmen und aufregende Geschichten aus der ganzen Welt hören - genauso einen Tag würde ich mir viel öfters wünschen, um hin und wieder aus dem stressigen Alltag auszubrechen und Körper und Geist etwas Gutes zu tun.
Re-Level erfordert übrigens keine Mitgliedschaft - jeder Kurs kann individuell über die Re-Level Webseite gebucht werden. Dort findet ihr auch die anstehenden Events; Marcus Lauk gibt am 8.11. wieder einen Workshop!
Ich hoffe, dass ich ganz bald wieder in den Genuss solch eines entspannenden Tages kommen werde!