Aufstand gegen die Schiedsrichter
Man kennt Frank Arnesen als ruhigen Zeitgenossen, der seine Worte bedächtig wählt. Doch der Däne, seit Sommer als Sportdirektor bei Krisenklub Hamburger SV im Amt, kann auch anders. Nach dem hart erkämpften Remis der Rothosen gegen den 1. FC Kaiserslautern, schimpfte der HSV-Sportchef ganz offen gegen Schiedsrichter Markus Schmidt. «Wir haben gegen 13 Menschen gespielt», rechnete Arnesen vor. «Gegen elf Kaiserslauterer, den Schiedsrichter und alles hier. Ich bin sehr enttäuscht über diesen Scheißdreck», polterte der einstige dänische Nationalspieler. «Es waren nicht nur die Rote Karte und das Handspiel – er hat allgemein nicht gut gepfiffen.»
Der Stuttgarter Referee Schmidt hatte zuvor zwei harte und strittige, aber angesichts der Fernsehbilder nachvollziehbare Entscheidungen gegen den HSV getroffen. In der 22. Minute hatte Verteidiger Slobodan Rajkovic (Spitzname: «Serben-Rambo») nach einem Ellenbogencheck gegen Lauterns Christian Tiffert Rot gesehen. Der Gefoulte selbst, der am Spielfeldrand an der Augenbraue getackert werden musste, unterstellte dem Rotsünder jedoch keinen Vorsatz. «Ich habe das nicht als Rot gesehen. Im Fernsehen sah es härter aus, als es war», sagte Tiffert. In der zweiten Hälfte dann pfiff Schmidt ein Tor von Paolo Guerrero zurück, weil der Peruaner den Ball zuvor bei der Annahme leicht mit dem Arm touchiert hatte.
Mainz’ Trainer Tuchel: «Das muss aufhören!»
Nach den vielen Fehlentscheidungen und strittigen Pfiffen in den vergangenen Wochen stehen Deutschlands Schiedsrichter so stark in der Kritik wie wohl noch nie. Immer häufiger und heftiger geraten die Unparteiischen nach jedem Spieltag aufs Neue unter Beschuss. Zudem werfen Affären wie die jüngsten Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung kein gutes Bild auf die Zunft der Referees hierzulande.
Auch Mainz’ Trainer Thomas Tuchel grantelt nach jeder strittigen Entscheidung so beleidigt wie ein kleines Kind. Am Samstag verschärfte er den Ton noch einmal. Wegen eines nicht gepfiffenen Fouls an 05-Stürmer Eric-Maxim Choupo Moting direkt vor dem Gegentor zum 1:1 gegen Werder Bremen (Endstand 1:3) schimpfte Tuchel im Aktuellen Sportstudio: «Das war das fünfte Mal in dieser Saison, dass eine krasse Fehlentscheidung zum Gegentor führt.» Und weiter: «Das muss aufhören. Ich habe keine Lust mehr, das alles so hinzunehmen und abzutun. Wir tragen die Konsequenzen dafür und der Schiedsrichter hat vielleicht ein Minus in der Klammer – wenn überhaupt.»
Trainer stilisieren jeden strittigen Pfiff zu einer spielentscheidenden Situation
In der Vergangenheit verhängte der DFB für solcherlei Aussagen bereits Geldstrafen. Das Tischtuch, so scheint es, ist derzeit zwischen Klubs und Schiedsrichtern nachhaltig zerrissen. Bei Fans genießen die Männer mit der Pfeife ohnehin einen denkbar schlechten Ruf. Die Folge ist, dass Schiedsrichter unter dem Druck und durch teils überzogenen Reaktionen von Trainern, Spielern, Offiziellen und Fans mehr Fehler produzieren, als üblich. Seitens der Trainer und Klubbosse wird jeder strittige Pfiff zu einer spielentscheidenden Entscheidung stilisiert.
Auch beim DFB hat man das Problem bereits erkannt: «Dadurch dass alles seziert wird, ist es mit Sicherheit viel schwerer geworden», räumte Ex-Schiedsrichter und Schiedsrichter-Beobachter Lutz Wagner in der Süddeutschen Zeitung ein. «Allerdings hilft uns das Sezieren auch beim Aufarbeiten und Lernen.» Ein schlichtendes Gespräch zwischen Verbänden, Schiedsrichtern und Klubs täte sicher gut, um die nervöse Situation zu entspannen.
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