#Aufschrei der Dummheit

#Aufschrei der Dummheit

dpa/Wolfgang Kumm

Natürlich blüht bei Facebook oft der Nonsens, die Nichtigkeit, widmet man sich Themen, die eigentlich niemand braucht. Wenn jemand wie Gysi die Patenschaft für ein Zirkuslöwenbaby übernimmt, dann ist das fein für den Zirkus und das Tier, aber eigentlich eine Marginalie, die man gleich wieder vergessen könnte. Wenn man eine solche Fußnote aber dem Stammtisch vorlegt, der sich »Facebook« nennt, dann sieht die Sache anders aus. Plötzlich seiert jeder seine Meinung dazu ab. Alle wollen gehört werden. Ohne Meinung geht heute nichts mehr. Wer was auf sich hält, hat zu allem eine. Und die ist dann auch noch die richtige. Nichtigkeit, die plötzlich Gegenstand einer Diskussion wird, das ist die Grundlage eines Shitstorms.

Bei Gysis Löwen kam es dann nicht ganz dazu. Man sah nur die Ansätze. Man konnte Vorwürfe lesen. Gerade als Linker müsste er wissen, dass er da die Tierquälerei unterstütze. Jetzt habe es endgültig verschissen. Er sei nur ein Machtmensch, der sich über nichts Gedanken mache. Wenn die Linke da nicht kritischer sei, dann wäre sie nichts anderes als eine Partei, die auch unwählbar geworden ist. Lauter so Quatsch las ich dazu.
Wie gesagt, es waren nur Ansätze. Aber man konnte ganz gut sehen, wie einige Nutzer Facebook interpretieren. Nämlich als Schafott, als Richtstätte für Cyber-Savonarolas, die jede Bagatelle zu einem Ereignis umdeuten, das unbedingt die Anhörung von Leuten notwendig macht, die im Besitz einer geistigen Umnachtung sind, die sie die »absolute Wahrheit« nennen. Und diese Gesinnung braucht natürlich unbedingt einen Facebook-Zugang. Sie will ja in die Welt hinaus. Alle erreichen. Zeigen, dass sie es besonders ernst meint. Wenn nötig mit Terror, mit dem Zuscheißen aller Kanäle, damit auch alle ganz genau begreifen, dass hier etwas völlig schief läuft. Die Gerechtigkeit arbeite schließlich so schlecht in diesem Land. Also nehmen sie sie selbst in die Hand. Übernehmen selbst Gerechtigkeit. Hilfe zur Selbsthilfe gewissermaßen.
Gut, bei Gysi klappte es nicht ganz so gut. Zu wenig spektakulär. Und die Leute finden junge Kätzchen einfach zu süß, als dass sie bei deren Anblick auch noch denken wollten. Was die gescheiterten Shitstormer auch so schrieben. Keiner folgte ihnen, weil bei Tieren jedem immer das Herz auf und das Gehirn zu gehe. Hinter jedem Shitstorm-Erfolg steht kein starker Mann oder eine starke Frau, sondern irgendeine frustrierte Lebenseinstellung mit Absolutheitsanspruch, die hinausgeplärrt werden will. Na gut, nicht hinter jedem. Aber hinter den meisten.
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