Aufklärung in Zeiten der Social Media
Quelle: Facebook
Beängstigend ist hierbei, dass es sich nicht um Neonazis handelt, die dieser Verrohung Vorschub leisten. Eine Facebook-Seite, die den phantasievollen Namen Todesstrafe für Kinderschänder trägt und das Banner in Schwarz-Rot-Gelb unterlegt, bemüht sich regelmäßig, ihre NPD-Ferne zu belegen. Daran muss man nicht unbedingt zweifeln. Diese Ansichten sind in der gesellschaftlichen Mitte in etwa so angekommen, wie der offene und ungenierte Rassismus. Man kann heute durchaus offiziös ein Bekenntnis zur Todesstrafe abgeben, ohne besonders scheel angesehen zu werden.
Auf den Pro-Todesstrafen-Seiten spricht man gerne von Gutmenschen, die Täterschutz betreiben würden, die Opfer alleine ließen. Das ist die viktimisierende Sprache von Menschen, die ihren persönlichen Drang zur Lynchjustiz mit rechtsstaatlichem Gefühl verwechseln. So fordert man nicht nur die Todesstrafe für etwaige Täter, sondern auch noch gleich einen Maulkorb für alle, die nicht für die Todesstrafe sind. Sie wollen nicht nur die moralischen Herren über Leben und Tod sein, sondern auch über das, was andere Mitmenschen für moralisch vertretbar halten dürfen und was nicht. Denn wer im Diensten einer guten Sache steht, der hat jedes Recht der Welt, der darf den physischen Tod einerseits und den intellektuellen Tod andererseits fordern.
Die #Aufschrei-Mentalität gebiert seltsame Blüten. Der #Aufschrei für die Todesstrafe macht das dramatisch deutlich. Facebook wird gerne als Medium der Freiheit gefeiert, weil sich darüber Demonstranten verabreden, Aktivisten austauschen und Aktionen wie Occupy organisieren. Leider trifft sich aber dort auch der Mob, der ungebildete Vollidiot (die Befürworter der Todesstrafe zitieren bei Facebook gerne aus der Bildzeitung) ist dort unter seinesgleichen. Man untermauert sich gegenseitig das hasserfüllte Weltbild, verargumentiert sich gegenseitig Standpunkte, die ja ohnehin vorher schon klar abgesteckt waren.