Aufmerksamkeitstag für seltene Erkrankungen

Von Rakkasei

Hallo :)
Der 28. Februar ist der Aufmerksamkeitstag bzw. Awarenessday für alle seltenen Erkrankungen, die jeweils nur 0,05% der Weltbevölkerung betreffen. Einigen dürften die Erkrankungen ALS oder Trisomie 21 kennen, welche zu den seltenen Erkrankungen gehören. Dazu zählen noch über 6.000 weitere  Erkrankungen, wobei ganze 80 % davon genetisch bedingt sind. Oft sind davon Kinder betroffen und meist vergehen Jahre, bis eine seltene Erkrankung diagnostiziert wird. Es gibt einfach viel zu wenige Spezialisten und Forschung findet so gut wie keine statt.
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Das Gewitter in meinem Gesicht

Auch ich habe eine seltene Erkrankung und es dauerte 8 Jahre bis ich endlich einmal die Diagnose bekam. Das ist eine ganz normale Zeitspanne, die bei seltenen Erkrankungen bis zur Diagnosefindung vergeht. Man muss einfach Glück haben um den richtigen Arzt zu finden, der tatsächlich so etwas in Betracht zieht. Heutzutage hat sich viel getan und viel mehr Ärzte ziehen eine Trigeminusneuralgie in Betracht. Das sah 2006 noch ganz anders aus und deshalb bekam ich auch nur starke Schmerzmittel für die Entzündung vom Kieferknochen und es wurde nie in Frage gestellt, ob tatsächlich nur die Weisheitszähne die Schmerzen verursachen oder eben etwas anderes. Ganze 0,01 % der Weltbevölkerung haben eine Trigeminusneuralgie und der Großteil der Ärzte kennen diese Erkrankung nur aus Lehrbüchern. Und dementsprechend sieht dann leider auch die Behandlung aus.
Der Trigeminusnerv ist ein sogenannter Drillingsnerv und befindet sich im Gesicht und er ist ein sogenannter Gehirnnerv. Er ist sowohl für sensible(Temperatur, Berührungen u.v.m.)als auch motorische(Kieferbewegungen u.v.m.) Funktionen zuständig.
Bei einer Trigeminusneuralgie ist die Myelinschicht der schmerzleitenden Fasern vom Nerv beschädigt, weshalb es zu Fehlern bei der Weiterleitung von Signalen kommt. Folglich werden auch normale Eindrücke wie Temperaturunterschiede zum Beispiel beim Essen oder durch Wind oft als schmerzhaft empfunden. Manchmal gibt es für die Attacken keinen Auslöser, das heißt sie können vollkommen spontan auftreten. Die Attacken dauern zwischen wenigen Sekunden bis zu maximal 2 Minuten und fühlen sich wie Blitze im Gesicht an. Diese Blitze können in Form von Attackenserien auftauchen und die können auch über einen längeren Zeitraum anhalten. Bei der atypischen Form der TN kommen brennende Schmerzen hinzu und ein so genannter Dauerschmerz. Beide Formen der Neuralgie zählen zu den schlimmsten Schmerzen, die ein Mensch empfinden kann. Oft kommt es zu einer Fehldiagnose und dem Patienten werden unnötig Zähne gezogen. Da dieser Nerv bis in die Zähne reicht kann es sich durchaus wie Zahnschmerzen anfühlen. Aber auch ein vollständiges entfernen aller Zähne ist keine Heilung für die Erkrankung, da der Nerv der Verursacher ist und nicht die Zähne! Nach wie vor gilt die TN als unheilbar.
Die TN kann durch Tumore, MS oder Blutgefäße, die direkt am Nerv anliegen u.a. entstehen. Wobei man nach wie vor nicht weiß wieso manche eine TN haben und andere wiederum nicht.
Bei der Trigeminusneuralgie nimmt man Medikamente um die Attacken an sich vorzubeugen. Bisher gibt es noch kein einziges Medikament gegen die TN, das heißt es kommen wenn überhaupt Antikonvulsiva oder Antidepressiva zum Einsatz. Das einzige spezielle Medikament befindet sich leider nach wievor in der Probephase. Es gibt auch einige operative Maßnahmen, Injektionstherapien und anderes, jedoch keine Heilung. Man klebt quasi jedes Mal ein Pflaster auf eine noch blutende Wunde in der Hoffnung, dass die Therapie wenigstens hilft.


Dunkle Zeiten

Was diese Schmerzen mit einem Menschen machen ist kaum zu beschreiben. Während schweren Schüben kann ich manchmal Tage lang kaum was essen und auch trinken fällt mir schwer. Wörter korrekt auszusprechen ist ein Ding der Unmöglichkeit und wenn jede Bewegung weitere Attackenserien auslöst und selbst atmen Schmerzen verursacht, dann lässt einen das ganz schön verzweifeln. Manchmal kommen dann noch unangenehme Begleitsymptome wie laufende Nase, tränende Augen und anderes hinzu. In der Notaufnahme bekommt man nicht immer Hilfe und manche Ärzte meinen, dass man diese Phasen einfach aushalten muss.
Auch Zahnbehandlungen können solche Schmerzschübe auslösen und es ist schwer einen Zahnarzt zu finden, der die TN kennt.
Es gibt natürlich auch milde Verläufe und es wird davon ausgegangen, dass 1/3 der Betroffenen nur eine Episode in ihrem ganzen Leben haben. Denn bei der Erkrankung kann es auch zu einer Remission kommen. Leider weiß keiner so genau wieso bei manchen die TN chronisch wird und bei anderen wiederum nicht.
Bei der Trigeminusneuralgie handelt es sich um Nervenschmerzen, das heißt meistens sind frei verkäufliche Schmerzmittel wirkungslos. Und diese Schmerzen können aus dem Nichts eine unsagbar hohe Intensität erreichen, die einen alles um sich herum vergessen lassen können. Das natürlich bei jedem anders! Manche haben diese starken Schmerzschübe öfters und andere nur einmal im Jahr. Auch hier weiß man nicht genau woran es liegt.
Wenn man noch nie solche Schmerzen hatte, kann man sich das alles wahrscheinlich kaum vorstellen. Manche Mütter meinen selbst eine Geburt sei angenehmer und leichter zu ertragen, aber selbst das ist ja bei jedem anders. Ich hatte schon so starke Attackenserien, dass ich selbst Verbrennungen an der Hand durch heißes Wasser nicht gemerkt hatte. Ein Arzt meinte mal die TN sei so, als würde man an eine heiße Herdplatte packen und das aufgrund der TN als nicht schmerzhaft beschreiben. Das klingt alles so absurd, aber leider ist es für die Betroffenen die Realität. Natürlich ist nicht jeder Schmerzschub so und die Medikamente sollen ja auch genau das verhindern oder eher die Frequenz genau solcher Attackenserien niedrig halten.

Begleiterkrankungen

Neben der TN habe ich auch infolge der wirklich langen Zeit ohne Diagnose und Behandlung bzw. fehlerhaften Behandlungen eine PTBS entwickelt. Das ist leider nicht ganz so ungewöhnlich wie man denkt. Man muss halt immer bedenken wie tiefgreifend so eine Diagnose ist und was für Einschränkungen sie konkret mit sich bringt. Vor allem im Winter muss ich vorausschauend planen, da bei mir der Nerv vor allem bei Kälte reagiert. Ich hab jetzt keine Angst vor den Schmerzattacken, sondern vor den Ärzten. Leider denken einige Ärzte immer noch, dass jeder TN-Patient über 60 sein muss obwohl auch Babys diese Erkrankung haben können. Vor allem um Krankenhäuser mache ich in der Regel einen großen Bogen. Es ist einfach nur extrem frustrierend wenn Ärzte einen nicht ernst nehmen, Probleme herunter gespielt werden und man am Ende dann doch keine Hilfe bekommt. Und wenn man tagelang kaum was gegessen oder geschlafen hat wegen der Schmerzen, dann ist das mental schwer auszuhalten.
Vor allem wenn die Ärzte dann noch mit der Einweisung in die Geschlossene ankommen, da sie einen angeblich nicht in die Neurologie überweisen dürften. Und in der Psychiatrie muss man dann wirklich Glück haben, dass die einen den Umständen entsprechend behandeln und nicht nur ruhig stellen. Die Trigeminusneuralgie ist eine neurologische Erkrankung und leider sieht das nicht jeder Arzt so. Und das man mental angeschlagen ist wegen so starker Schmerzen sollte selbst erklärend sein. Aber dieses ruhig stellen löst ja das Problem nicht und es ist echt erschreckend wie manche Ärzte einen behandeln, nur weil die TN eben eine sehr komplexe Erkrankung sein kann.

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Danke fürs lesen :) Den Eintrag könnt ihr ruhig teilen.