Frühlingsfrische im Doppelpack.
Manchmal bin ich echt beeindruckt: Da denkt sich der geneigte Konsument frischgepresster Folkpop- und Countryblues-Platten nichts Böses und schon flattert mal wieder eine Anfrage ins Haus, die auf's erste Ohr zwar passen, aber nicht unbedingt den ursprünglichen Bänkelsänger-Kontext streift. Nach mehrmaligem Hören ertappt er sich aber dann doch beim Mitwippen, Schwelgen und Mitsingen. Vorhang auf für I Used To Be A Sparrow und Songs For The Sleepwalkers.
Leicht und doch mit dem gewissen schwermütigen Nimbus beginnt "Luke", das erste Album von I Used To Be Sparrow, die namentlich aus Dick Petterson und Andrea Caccese bestehen. Beide im Vorfeld schon mit einer musikalischer Vorerfahrung, jedoch erst seit kurzem vereint, was dann schlußendlich aufgrund der Ausgefeiltheit der Songs auf "Luke" schon ein wenig verwundert. Das Anfangsduo aus "Cambodia" und "Life Is Good" steht hierbei synonym für das ganze Album, das sich aus fein arrangierten Popsongs zusammensetzt, die mal intim, meist aber kunstvoll ziseliert in die Gehörgänge schrauben. Texte die sich poetisch mit dem eigenen Wohl und Wehe befassen, gerne harmonisiert im Gleichklang aus Kopf- und Bruststimme wie im hervorragenden "Let Go", dass sich in vier Minuten immer wieder ein Stück an die euphorischeren I Am Kloot-Stücke annähert. Überhaupt scheint ein eher überschwänglicher Duktus die beiden Musiker mit Wurzeln in Schweden (Petterson) und Italien (Caccesse) zu durchwehen, gebremster Hurra-Effekt mit Hall und Widerhall, ankernd zwischen Folk und Pop, der sich nicht hundertprozentig der einen oder anderen Schublade zuordnen will. Mit dem ruhig dahinfliessenden "Lovers On The Moon" begeben sich die beiden auf die Spuren der gerade so angesagten Singer/Songwriter-Mode, die naturverbunden und heimelig, jedoch auch mit der ein oder anderen elektronischen oder artifiziellen Spitze aufwarten kann. So geht man mit "I Used To Be A Sparrow" auf eine anregende Reise, die sich auch namentlich in vielen Titeln widerspiegelt ("Hawaii", "Copenhagen"), auf der man aber auch gar zu gerne die ein oder andere Pause einlegt, um sich einfach von den unwiderstehlichen Melodien verzaubern zu lassen. Auf Dauer mag das dem ein oder anderen vielleicht ein klein wenig zu perfekt und ausgeglichen erscheinen, bei frühlingsfrischen Temperaturen und dem Spaziergang an der abendlichen Stadtsilhouette vorbei, ist "Luke" der geradezu ideale Begleiter.
Vor (und auch während) er mit I Used To Be A Sparrow unterwegs war, lässt sich Andrea Caccese aber auch nicht lumpen und fabriziert als Songs For The Sleepwalkers artverwandtes, jedoch deutlich zurückgenommeres Liedgut. Sein aus dem letzten Jahr stammendes Album "Our Rehearsed Spontaneous Reactions" zeigt mit seinen acht, bisweilen skizzenhaft daherkommenden Songwriterminiaturen weitere Facetten seines Könnens und tummelt sich irgendwo an der Grenze zwischen sehnsüchtelnder Elegie und experimentierfreudigem Indiefolk. Meistens sehr offen gehalten, wie im von klassischen Elementen durchzogenen "Down The Line", das mit seinen sanft aufgetürmten Streichern weniger tränenreich daherkommt, als man es auf das erste Ohr vermuten könnte. Generell scheint Caccese alais Songs For The Sleepwalkers allein einen deutlich geringeren Hang zur Klangfülle zu haben, die Songs wie das seinem neuen Projekt am nächsten kommende "We Are Still Here" decken eine weit weniger dicke Schicht an Klangfarben hab, die einzelnen Tupfer kitzeln vielmehr die Facetten nur in kleinen Dosen heraus. Die akustische Gitarre spielt die Hauptrolle, bekommt hier und da ein wenig Elektronik spendiert, vergißt aber darüber hinaus nicht, dass Caccesse der Hauptakteur ist, der lieber in Ruhe erzählt und das auch bis auf im ein wenig tiphoppig erscheinenden "Awake" auch konsequent durchzieht. Höhepunkt ist hierbei sicherlich "Set The World On Fire" mit einer Streicherbegleitung, die auch einem Bon Iver oder dem Bänkelsängerliebling Matt The Electrian Schauer über den Rücken laufen liesse. Meine Güte, was freue ich mich schon darauf, auch mit Songs For The Sleepwalkers in den Abend zu laufen, vielleicht am besten mit dem letzten Song "What If I Do", der allein schon in seiner schlichten Schönheit Gänsehautmomente auslösen kann.
Noch mehr Infos gibt's hier und hier und dazu das Versprechen, dass im Juni auch in Deutschland getourt wird