Aufgemerkt: Forest & Crispian

Aufgemerkt: Forest & Crispian
Erfüllung pur.
Es ist doch jedes Jahr das gleiche Dilemma. Gerade für uns Folkfreude bieten Frühling und Herbst die feinsten Farbtupfer an, doch zumeist will sich kein rechter Sommerhit finden lassen. Gott sei dank haben sich die Schweden von Forest & Crispian ein Herz gefasst und mit ihrem dritten Album "Morgenlands" für Abhilfe gesorgt, wovon man sich ab dem 08.06.2012 über Für Records überzeugen kann.
Doch von Anfang an. "Morgenlands" erinnert in seiner Verspieltheit an ein Kaleidoskop voller farbenprächtiger Edelsteine, die je nach Lichteinfall und eigener Interpretationsfreude funkeln wie in 1001 Nacht. Wie sonst kann man sich erklären, dass ausgerechnet der Albumtitel aus einem Foxtrott des Operettenkomponisten Robert Stolz entlehnt ist, und das es sich die vier Schweden auch nicht nehmen lassen, eben jenes orientalische Kunstliedchen auf Deutsch anzustimmen. Gemeinsam mit dem munter aufspielenden "This Ain't A Song For People Wanting To Have Fun" funktioniert dieses Intermezzo fabelhaft und ist nur eins von vielen kabarettesken kleinen Kunststückchen, die aus "Morgenlands" diese feine Revue aus tanzbaren Indiepop und -folkstückchen machen, die mit tiefgründig verschmitzen Texten aufwarten. Nehmen wir nur die erste Single "Let The Best Band Win", die das an eine Jean-Michael Jarre-Skizze erinnernde "The Rider" vorangestellt bekommt und dann selbst zum piano- und geigengetriebenen Feelgood-Hit wird, der seine bittersüße Botschaft trotzdem nicht verstecken muss.
Ähnlich wie im vorvergangenen Jahr Erland & The Carnival" bedienen sich Forest & Crispian mit beherztem Schwung in vielen Schubfächern, mal finden sie dabei diese feinen Salonpopstücke, die auch Belle & Sebastian oder dem Musicalprojekt God Help The Girl gut zu Gesicht gestanden hätten (Who Killed Young Robin), ein anderes mal wird der galoppierende Britfolk der 60er-Jahre zitiert (A Horse's Tale) und dann taucht auf einmal dieses Monstrum "Everyone Is Entitled To A War Machine" auf, das mit seiner repetitiven Art fast schon comichaftes Mini-Opern-Format aufweist. Es ist ein kunterbunter Kirmesplatz, den sich die vier Schweden zu eigen machen, schließlich tauchen Kirmelsorgeln genauso auf wie Marching Drums, lassen ihre Stimmen durchaus auch mal niedlich und kindlich über die Klinge springen und umschiffen die Kitschklippen mit so viel Spielfreude und Lieblichkeit, dass es unumgänglich ist, die Musiker bei der Hand zu nehmen und sich in diesem Panoptikum der Kreativität zu verlaufen. Sollten sich durch diese Lobhudelei immer noch Fragezeichen auf der Stirn der zukünftigen Konsumenten befinden, greife der geneigte Hörer zum abschließenden "Copenhagen", dass von Ferne an den Klassiker "Seasons In The Sun" erinnert und schwelge beherzt der untergehenden Sonne entgegen. Der Bänkelsänger hat sicherlich eines der fabelhaftesten Alben dieses Jahres gehört. Ganz bestimmt!


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