Auf Ski über die Alpen: David Wallmann im Interview

In Rekordzeit überquert David Wallmann im April 2018 die Alpen. Der Skibergsteiger über Hochs und Tiefs zwischen Wien und Nizza.

Fotos: Philipp Reiter

21. März 1971: vier österreichische Alpinisten und Bergführer brechen auf, um den Alpenhauptkamm zu überqueren. Mit bloßer Manneskraft. Auf Ski und zu Fuß – die höchsten Gipfel der Alpen im Visier. Klaus Hoi, Robert Kittl, Hansjörg Farbmacher und Hans Mariacher wollen von der niederösterreichischen Rax ins französische Nizza. Rund 85.000 Höhenmeter und 2.000 Kilometer lang ist ihre Reise. Am 29. April erreichen sie das Meer. Geschichte ist geschrieben und bald wieder vergessen.

17. März 2018: Bergführer Helmut Putz aus Bad Goisern ist von der Idee aus den 70er Jahren so fasziniert, dass er sie wiederbeleben will. Mit Red Bull als Hauptsponsor schickt Heli sieben Athleten auf den Langen Weg; mit dem Ziel, die Alpendurchquerung schneller zu schaffen, als vor 50 Jahren. Einer von ihnen: Skibergsteiger David Wallmann. Nach nur 36 Tagen erreichen fünf der sieben Sportler den Strand von Nizza.

David, du bist gerade von einer 36-tägigen Skitour zurückgekommen. Was hast du die letzten Tage gemacht?

18 Stunden nachdem wir in Nizza angekommen sind, stand ich wieder in der Schule und hielt eine Mathematikstunde. Thema war die Berechnung der KFZ-Steuer beim Auto – das werde ich so schnell nicht vergessen. Jetzt sind etwa drei Wochen vergangen und ich habe sogar noch ein paar Skitouren unternommen. Mittlerweile bin ich aber die meiste Zeit mit den Laufschuhen unterwegs.

Wie kam es zur Idee, die Alpen mit Ski zu durchqueren und warum wolltest du unbedingt dabei sein?

Es gab eine Ausschreibung im Internet und ich war vom ersten Moment an von dieser Idee fasziniert. Bewerbung abgeschickt und Anfang Dezember erfuhr ich, dass ich Teil des Teams sein darf. Ich habe einiges auf mich genommen, um mir diesen Traum zu erfüllen. Als Lehrer ist das gar nicht so einfach. Doch letztendlich wurden mir genau 36 Tage unbezahlter Urlaub gewährt.

© Philipp ReiterDafür hat sich David Wallmann Urlaub genommen. © Philipp Reiter

Kurz nach eurem Start regte sich in der Öffentlichkeit Kritik. Ihr würdet von der damaligen Route abweichen, euch nicht an die Regeln halten. Wie siehst du das?

Eine sehr schwierige Frage. Aber ich sehe es so: Die Berge sind jedes Jahr anders und die Natur ist unberechenbar. Aber wem erzähle ich das, ihr kennt euch ja bestens aus. Wir mussten uns an die gegebenen Situationen anpassen und hatten viel Pech mit dem Wetter. Wir haben die Route nicht verändert, weil wir nicht über die Berge gehen wollten. Die Lawinengefahr war einfach zu hoch.

Jeder, der mich kennt, weiß: ich gehe 1000 Mal lieber über einen Berg, als 150 Kilometer die Straße entlang. Aber abwarten, bis sich die Situation entspannt, hätte bei diesen Schneemassen keinen Sinn gemacht. Einmal mussten wir sogar umkehren, weil Philipp ein Schneebrett abgetreten hat. Wenn wir an diesem Tag weitergegangen wären, hätte es womöglich ein Unglück gegeben. Und ich möchte nicht wissen, wie laut unsere Kritiker dann aufgeschrienen hätten.

Kann man so einem solchen Projekt überhaupt nach Regeln spielen?

Regeln sind schön und gut. Sie sorgen für Spannung. Aber einer genau vorgegebenen Route zu folgen, ist meiner Meinung nach unmöglich. Wenn man die Tour 2019 wiederholen würde, gäbe es sicher an einem anderen Ort das Lawinenproblem und man müsste dort von der Route abweichen.

Noch nie zuvor hat jemand die Alpen auf Ski in 36 Tagen durchquert. Warst du dir immer sicher, dass ihr Nizza erreichen würdet?

Ich habe unglaublich viel Zeit investiert, um mich auf dieses Projekt vorzubereiten. Neben der körperlichen Vorbereitung war mir wichtig, dass mir meine Ausrüstung keine Probleme bereitet. Ich habe lange am Material getüftelt und bin zu Hause mit Tourenskischuhen herumgelaufen, um meine Füße an die 12-Stundentage zu gewöhnen. Ich war mir ziemlich sicher: wenn ich nicht schwer stürze und mich verletze oder krank werde, dann schaffe ich den Langen Weg.

Und während der Tour?

Es klingt vielleicht abgedroschen. Aber Tag für Tag, besonders bei richtig schlechtem Wetter, hat mich der Hintergedanke vorwärts getrieben, dass mich das alles nur stärker machen wird.

© Philipp ReiterNicht aufgeben. Jeden Tag kämpfen. Auch, wenn die Bedingungen so widrig sind wie hier beim Aufstieg zum Refuge des Grands Mulets am Mont Blanc. © Philipp Reiter

Wie hast du dich motiviert, jeden Tag wieder in die Skischuhe zu schlüpfen?

Ich muss gestehen, diese Frage habe ich mir vor dem Projekt häufig gestellt. Aber als wir in Reichenau gestartet sind, war es für mich so selbstverständlich und sie ist nie mehr aufgetaucht. Ich hab’s einfach getan.

Wie sah dein Alltag während der Durchquerung aus?

Ok, das ist die bis jetzt einfachste Frage: Frühstück, Skitour, Abendessen und dann noch schnell ein paar E-Mails beantworten bzw. der Familie und den Freunden Bescheid geben wie es mir geht.

Ihr musstet wegen Schlechtwetter Gipfel wie den Mont Blanc oder die Dufourspitze auslassen. Was war dein extremstes Erlebnis auf der Expedition?

Am 30. April kamen in der Schweiz vier Skitourengeher in einem Schneesturm um. Auch bei uns gab es viele extreme Momente, die wir durchstehen mussten. Aber im Nachhinein betrachtet und basierend auf dem, was am 30.04. passiert ist, war es wohl eines der vielen „White Outs“. Wir hatten womöglich ziemlich ähnliche Verhältnisse, wie die 14-köpfige Gruppe, von denen vier ihr Leben lassen mussten. Das hat mich sehr schwer getroffen, denn wir sind fast an derselben Stelle gewesen und ich sitze jetzt hier und mir fehlt Gott sei Dank nichts.

© Philipp ReiterTraumhafter Gipfelsieg am Rheinwaldhorn. Nach White-Outs, Sturm und vielen Rückschlägen ein ganz besonderer. Tamara Lunger beendete den Langen Weg nach dieser Etappe. © Philipp Reiter

Ihr hattet teilweise Etappen von über 60 Kilometern und fast 5.000 Höhenmeter zu absolvieren. Dazu noch wenige Pausentage. Wie hat das dein Körper ausgehalten?

Einen richtigen Pausentag hatten wir gar nicht. Einmal waren wir nur 1,5 Stunden unterwegs. Mein Körper war schon sehr an diese tägliche Belastung gewöhnt. Ich hatte nur einen schlechten Tag und ich war der einzige, der weder kränkelte noch Blasen an den Füßen bekam. Diese Umstände haben mir das Leben während der Tour sehr einfach gemacht, denn wirklich leiden musste ich nie.

Im letzten Winter hast du auf Tourenski über 400.000 Höhenmeter abgespult. Wie sieht’s diese Saison aus? RedBull Der Lange Weg schießt dich diesen Winter vermutlich noch weiter nach vorne.

Im Großen und Ganzen werde ich wieder auf dieselbe Anzahl an Höhenmetern kommen wie im letzten Jahr. Der tägliche Durchschnitt während der Alpenüberquerung lag ja knapp unter 2.500 Höhenmetern. 😉

Also eh Standard für dich.

Haha. Stimmt.

© Philipp ReiterZwischenwelt. Auf ihrer 36-tägigen Tour begegnen die Alpenüberquerer nur selten anderen Tourengehern. Selbst der Weg zum Piz Palü ist menschenleer. © Philipp Reiter

In deinen Instagram-Storys haben wir dich auf der Tour fast nur essen gesehen. Wie groß ist der Hunger eines Alpendurchquerers?

Sehr groß und es dreht sich doch sehr viel ums Essen. Aber jetzt heißt es wieder etwas Fasten. Man glaubt es kaum, aber ich habe ein wenig zugelegt.

Die wichtigste Frage zuletzt: Würdest du es wieder tun?

Auf jeden Fall! Aber nur in einem homogeneren Team. Philipp wäre auch wieder dabei. Wie sieht es aus, Toni Palzer? 😉


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