„Ich verstehe zwar kein Deutsch, aber du hast bestimmt heute früh Fußball geguckt“, meinte mein Nachbar am Samstagnachmittag. „Und dein Verein hat gewonnen, richtig?“, fragte er ergänzend. Das hatte der Mann gut erkannt. Er wohnt im ersten Stock und mein Apartment ist in der vierten Etage. Mein Jubel war also im ganzen Haus zu hören. Wunderbar! „Wer hatte eigentlich gespielt?“, wollte er wissen. „Hannover 96 gegen Schalke 04“ antworte ich. „Ach so.“
„Ach so?“ Was für ein Spiel! Ich konnte die Begegnung nur im Fernsehen verfolgen, trotzdem hatte ich so sehr mitgefiebert, dass ich völlig vergas in einer Wohnung in Concepción und nicht im Niedersachsenstadion zu sein. Ich hatte schon vorher einen Sieg erwartet, weil auf Schalke 04 einfach Verlass ist. Auf der Mannschaft liegt der Fluch nicht mehr Meister zu werden. Sie muss daher stets irgendwo ihre Titelchancen verspielen und der Tabellensiebzehnte Hannover 96 bot sich dieses Jahr als ideale Blamagehilfe an, doch war die Schalker Niederlage eigentlich nicht so blamabel . Die Roten zeigten lange vermissten guten Fußball mit Leidenschaft und gewannen verdient mit 4:2. Platz 16 sowie sehr viel Hoffnung sprangen dabei raus.
Jedes 96-Tor bekam mein Viertel lautstark mit. Die Fenster waren wegen des sonnigen Wetters weit offen. Es wird an diesem Sonnabend kaum jemand lange ausgeschlafen haben. Nach dem Abpfiff wurde ich allerdings in die örtliche Realität zurückgeworfen. Außerhalb des Cyberspace war niemand, der meine Freude so richtig teilen wollte. Zum Glück wiederholte golTV das Spiel am selben Tag dreimal. Ich guckte mir sogar lieber die Aufzeichnung erneut an, statt den Clásico zwischen Deportes Concepción und Naval im Stadion zu sehen. Jede andere Partie war an diesem Tag einfach emotionslos. 96 lebt wieder.