Trier09. by L. Charlotte Danielzik.
Ich bin ein bisschen aufgewacht, versuche aus dem Schlafsack zu krabbeln und frage mich, ob ich in einer Wohnung, in der ich so lange nicht geschlafen hab, eigentlich noch zu Hause bin.
Oder ob jemand, der zweimal im Jahr umzieht, eigentlich ein Zuhause hat.
Weiß nicht.
Das Frühstück krame ich mir aus der WG-Küche, einer Box und dem Schreibtisch zusammen, baue alles vor mir auf und starre dann doch lieber aus dem Fenster.
Die Zeit zurückgedreht, war das mal alles meins.
Es ist ein komisches Gefühl.
Aber ein bisschen bin ich auch zurückgekehrt.
Neben meinem provisorischen und meinem vor zwei Jahren richtigen Bett liegen Zeitungen, ein paar Sachen, alte Fotos und viele Gedanken im Staub.
Ich denke mir Glassplitter zwischen die Fenster.
Die Wände leuchten im Weiß der Sonne.
Das hier ist ein Karussell – alles ist an derselben Stelle, aber es dreht sich viel schneller als das letzte Mal, als ich hier saß.
Kurz vor meinem Aufbruch, Umbruch.
Weswegen ich noch gleich geweint habe ..?
Hier, an dieser Stelle, saß ich, bevor ich in den Flieger stieg – und habe in den Nächten die berstenden Tage weggeschrieben.
Sitze auf demselben Stuhl.
Und doch ist das alles ganz anders.
Das Licht, die Töne haben sich geändert.
Die Vorhänge flattern ein bisschen.
Ich muss lächeln, obwohl ich noch ganz schlaftrunken bin.
Wo ist Zuhause, frage ich mich.
Ich muss mal frühstücken und ein bisschen nachdenken.
Hab vergessen, wer ich bin.
Manchmal passiert das.
Nachts.
Und ohne dass man traurig ist.
Der Kopf stellt ganz viele Fragen, auf die das Herz keine Antworten mehr weiß.
Am Kakao hab ich mir die Zunge verbrannt.
(Trier, 09)
Special thanks to: Xun C.