Auf einer Skala von 1 bis 10

Von Privatkino
Titel: Auf einer Skala von 1 bis 10
Originaltitel: On a Scale of 1 to 10
Autor: Ceylan Scott
Genre: Jugendbuch ab 14 Jahren
Verlag: Chicken House
Format: Hardcover, 256 Seiten
ISBN: :978-3551521118


Kauft doch wieder einmal in eurer örtlichen Buchhandlung ein!

Inhalt:
Iris ist tot. Und Tamar sitzt in Lime Grove, einer geschlossenen Jugendpsychiatrie, wo sie den ganzen Tag lang sinnlose Fragen beantworten soll. Wie fühlst du dich, auf einer Skala von 1 bis 10? Du weißt schon, dass du dich nicht normal verhältst? Was genau ist eigentlich passiert? Aber Tamar sagt nichts. Sie kann einfach nicht erzählen, was mit Iris geschehen ist. Das Monster lässt es nicht zu. ©Chicken House

Meine Meinung:
Im Vorfeld wurde viel von dem Buch gesprochen, der Carlsen Verlag hat auch nicht daran gespart, einige Blogger damit zu überraschen. Besonders auf Instagram gab es daher einiges an Bildmaterial und ich wurde langsam unruhig. Ich wollte diese Geschichte lesen, ich wollte diese Geschichte so unendlich dringend lesen, weil Bücher über Selbstverletzung gibt es nicht sonderlich oft.  Deswegen war ich am Erscheinungstag die Erste in der Buchhandlung.

Und nun, nun herrscht etwas Ernüchterung in mir. Keine Frage, ich finde es unglaublich wichtig, das Geschichten dieser Art ein Platz eingeräumt wird und keinesfalls ist das Buch schlecht, allerdings ist es halt auch nicht gut, sondern so mittelmäßig.

Wir lernen Tamar kennen, die seit dem Tod ihrer Freundin Iris komplett den Halt verloren hat und letztlich in die geschlossenen Jugendpsychiatrie eingeliefert wird.
Dort lernt sie Jugendliche kennen, die ebenfalls haltlos in der Welt umhertreiben und gegen ihre Erkrankung kämpfen.
Nach und nach erfährt der Leser die Geschichte von Iris, aber auch die von Tamar.

Klingt ja prinzipiell mal ganz okay, aber es fehlt der Geschichte an Tiefe, sowohl bei den Charakteren, als auch der Thematik selbst. Letztlich vermisste ich aber auch die emotionale Bindung, um komplett in die Geschichte einzutauchen.
Tamar ist in der Psychiatrie, man weiß ungefähr wieso und erhofft, vielleicht während den Therapiegespräche mehr zu erfahren, allerdings ist ihr Therapeut, naja wie sage ich es freundlich, inkompetent. So wie Tamar mit ihm geredet hat, redet man vielleicht mit ganz ganz ganz entfernten Bekannten, aber doch nicht in einer Therapie, wo es um eine Gesprächsbeziehung geht, an der der Therapeut allerdings auch nicht sonderlich interessiert scheint.
Zudem erfährt man als Leser kaum etwas über Tamars Gefühlswelt, ihre Gedanken – man sieht die Ansätze, dass mag wohl stimmen, aber eine Tiefe, die hat mir die ganze Geschichte über gefehlt.

Unendlich schade fand ich es auch, dass die Nebencharaktere irgendwie komplett untergehen, obwohl einigen doch etwas mehr an Platz eingeräumt wird. Gerade Jasper, der irgendwie zu Tamars Vertrauten wird, über ihn erfahren wir nichts, rein gar nichts – okay doch, dass er eine Essstörung hat, aber mehr nicht und das fand ich auch bei Tamar schade und traurig. Man erfährt nichts außer, dass sie eine psychische Krankheit hat, aber wer die Charaktere außer ihrer Erkrankung sind, bleibt komplett leer. Als ob die Charaktere nicht mehr als ihre Erkrankung wären.

Und dann muss ich leider auch noch auf den Carlsen Verlag eingehen, der schreibt auf seiner Homepage zu dem Buch:
„Packend, echt, mitfühlend – dieser Insiderroman liest sich wie ein Thriller und sensibilisiert für die dramatischen Ausmaße psychischer Krankheiten.“

Okay, wo fange ich an – eine psychische Krankheit ist kein Thriller, wird sich auch nie so lesen lassen und nur weil bei Selbstverletzung Blut fließt, wird es nicht mehr ein Thriller.
Insiderroman – wirklich jetzt? Zu diesem Wort fällt mir nicht mal irgendwas ein, es ist einfach nur extrem unpassend.
Sensibilisiert für die dramatische Ausmaße einer psychischen Erkrankung – hier stört mich eigentlich nur die Bezeichnung „dramatische Ausmaße“, ich meine, welche Erkrankung ist schon wunderschön, aber muss es gleich dramatisch?  Ich meine, man sagt ja auch niemand, wow, letzte Woche hatte ich einen so dramatischen Schnupfen, kannst du dir gar nicht vorstellen.

Meine Rezension ist nicht gut ausgefallen, wirklich nicht, aber nun weiß ich, dass die Autorin selbst eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hat und an Selbstverletzung leidet. Weshalb es mir so schwer fällt, die Rezension so schlecht stehen zu lassen.
Ich mag Ceylan Scott, weil sie die Geschichte aufgeschrieben hat, weil der Carlsen Verlag ihr einiges an Marketing eingeräumt hat und auch wenn ich die Umsetzung nicht sonderlich gelungen finde, hat das Buch Platz verdient. Es ist okay, zwar nicht mehr, aber auch nicht weniger.