Dr. Kimble (familiäres Grinsen, unter Dauerstrom: Harrison Ford) in Handschellen. Er ist langsam. Hinter ihm ein entgleisender Zug. Dieser wird schneller. Sein eng miteinander in Beziehung gesetztes Kompositionsprinzip von Rausch und Stauung macht aus "Auf der Flucht" extraelegant pumpendes, nach wie vor zeitloses Genrekino, das auch von einem jungen Paul Greengrass stammen könnte: Andrew Davis' sensationell drückender, keuchender Fortbewegungsthriller ist zu allererst einmal ein Schnittfilm (Schmankerl: ein Schnitt vom Kuss zur Mund-zu-Mund-Beatmung), der seine Jagd in parallele, frenetische Takte schneidet, obwohl er sich die Freiheit nimmt, in dreckbefallenen, aber auch weitausholenden Interieurs nach Belieben zu drosseln, bis zur unheimlichen, mit Gefahr geschwängerten Stille. Die Technik der Fragmentierung, das Zusammenstellen und Einfangen von vorüberziehenden Spontanreaktionen, der obsessive, gehetzte Blick über die Schulter, beherrscht diesen Film, und hierbei ergibt er sich virtuos den flotten Schwingungen. Wenngleich das Drehbuch (David Twohy) von keiner konfusen Verschwörungsseifenoper ablassen kann (Resultat: Mann gegen Mann, Einzelner gegen ein System) und fortwährend verwinkelt erzählen will, formt "Auf der Flucht" obendrein Charaktere, von denen eine widersinnige Beschaffenheit von Empathie ausgeht. Tommy Lee Jones gestikuliert faszinierend eigenbrötlerisch, unzugänglich und sarkastisch den wahnsinnigen "Leitwolf". Sobald er anfängt zu glauben, wird er menschlich(er), gefühlsbetonter. Die kippende, intime Stimmung nimmt in Gänze gefangen.
7 | 10