Für einen geringen Aufpreis durften wir noch bis zum Nachmittag in unserem Hotel in Ubon bleiben. Wir gingen zum Mittagessen noch ein letztes Mal zu den Essständen an der Straße, von denen ungefähr zwei auch tagsüber schon Suppe anbieten. Am Nachmittag schulterten wir wieder die Rucksäcke auf und warteten auf den nächsten Minibus an der Hauptstraße. Die Transvestitin am Obststand verkaufte mir noch eine Tüte Wassermelone, fertig geschnitten, und los ging es in Richtung Busbahnhof. Die Haltestelle hatten uns unsere beiden Führerinnen am Vortag schon gezeigt und so wussten wir, wann wir das Knöpfchen an der Busdecke drücken mussten.
An einer Information sagte man uns die Nummer des Schalters, an dem wir warten sollten. Hier gab es wie am Flughafen ein paar Sitzreihen zum Warten und ein Laufband für die Koffer. Das Laufband war ungefähr fünf Meter lang und man packst quasi seine Koffer drauf, lief daran entlang und durch die Tür raus, wo es auch direkt hinaus kam. Was das Ding also für die fünft Meter tut, weiß glaube ich keiner. Wir stiegen, typisch deutsch, als erstes in den Bus, als dieser aufgerufen wurde. Zunächst überraschte uns die Beinfreiheit der Sitze. Im Laufe der Nacht sollten wir aber merken, dass Busfahren trotzdem zu den ungemütlichsten Reiseformen gehört. Wir machten es uns also erst einmal bequem und probierten die Sitzmassage aus: Eine Art Luftkissen, das sich im Beckenbereich immerwieder langsam aufbläst. Auf den Flachbildschirmen an der vorderen Wand des Busses liefen thailändische Musikvideos, die ziemlich kitschig und verrückt sein können. Leider gab es keine Steckdose, so dass ich nur so lange lesen konnte, wie die Batterie in meinem Computer hielt. Dann wurde es aber auch schon bald dunkel und Jere fing relativ früh an, neben mir zu schlummern. Die Sonne am Horizont schien riesig groß zu sein und erst nach einer Weile merkte ich, was an dem Bild so anders war: Der Himmel verfärbte sich kaum rötlich oder orange. So war die Sonne der einzige Rotton am blaugrauen Himmel. Das hatte ich vorher noch nie gesehen, aber irgendwie verband ich das Bild schon vorher mit Asien.
Ein sehr sensibel wirkender junger Mann war unser Steward und teilte kleine Snacks wie Kekse und Waffeln zum Abendbrot aus. Als es Schlafenszeit wurde, gab er uns warme Decken, die bei der kalten Klimaanlage und vor Allem am nächsten Morgen in den kalten Bergen sehr nützlich waren.
Wir stoppten ein paar Mal in der Nacht. Beim ersten Stopp am späten Abend blieben Jere und ich sitzen, weil wir die Ansagen auf Thai nicht verstanden und nicht wussten, ob die Leute hier ausstiegen, weil ihre Fahrt für sie zu Ende war, oder ob es ein Zwischenstopp sein sollte. Nach einer Weile erspähte uns der Steward durch das Fenster und kam noch einmal hinein. Er informierte uns darüber, dass wir hier ein halbe Stunde Pause hätten und etwas essen könnten. Als wir uns eine Reisspeise rausgesucht hatten und zahlen wollten, bekamen wir erst mit, dass an unserem Busticket jeweils zwei Abreißtickets waren. Wir mussten für dieses Essen also nichts zahlen. Wo wir unsern zweiten Gutschein einlösen hätten können, fanden wir nicht heraus. Auf jeden Fall war das Essen die beste Reise-Inklusiv-Mahlzeit, die ich je hatte.
Ich war früher eigentlich sehr gut darin, in Bussen und Autos zu schlafen, aber wie im Zug und im Flugzeug fiel es mir auch diesmal wieder schwer. Der Busfahrer raste wie der Teufel die Bergstraßen entlang und obwohl ich am Fenster saß und die Sitze wirklich weit nach hinten in eine beinahe Liegeposition gingen, fand ich keine bequeme Stellung. Total bequem an den Sitzen war, dass sie ein Beinteil hatten, das man separat nach oben stellen konnte. Ein paar Stunden schlief ich dann also trotzdem und war am nächsten Morgen ein bisschen gerädert. Am Busbahnhof in unserer Zielstadt Chiang Mai angekommen, packten wir den Computer aus, um das Hotel zu kontaktieren, das wir uns zuvor rausgesucht hatten. Leider war da nichts mehr frei, so dass wir ein anderes aus dem Lonely Planet heraussuchten. Wir suchten uns den nächsten Tuk Tuk-Fahrer (wie ein Motorrad mit einem Gastraum für zwei Personen hinten dran). Für 100 Baht (2,50 Euro) fuhr er uns zum richtigen Hotel, nachdem wir wieder mit Händen und Füßen erklärt hatten, wo wir hin wollten.
Wir checkten ein und merkten gleich: Wir hatten einen großen Glücksgriff mit dieser Unterkunft gemacht. Alles war superschön eingerichtet und sauber (Hotel: Mini Cost, 900 Baht= 22,50 Euro/Nacht/Zimmer). Irgendwie macht für mich so ein Hotelzimmer einen großen Unterschied. Ich fühlte mich gleich sehr viel wohler in dieser Stadt. Voller Tatendrang durchstöberten wir die Flyer und den Lonely Planet nach dem besten Angebot für eine Rafting-Tour. Wir riefen gleich auf eigene Faust an und innerhalb von zwei Minuten war der Tripp für den nächsten Tag gebucht. Jetzt schon freudig aufgeregt gingen wir in die Stadt, um eine Kleinigkeit zum Mittag zu essen. Wir hatten gleich das teuerste Restaurant erwischt, aber keine Lust und zu viel Hunger, um noch weiter zu suchen. Es schmeckte natürlich wieder ausgezeichnet. Einen kleinen Unterschied zu Ubon gab es jedoch: Ds Essen war reichlicher und etwas fetter als das von der Mutti an der Straße.
Um es uns so richtig richtig gut gehen zu lassen und den Knochen nach der Busfahrt etwas gutes zu tun, spazierten wir durch die Straßen von Chiang Mai und suchten uns einen Massagesalon, um uns eine echte Thaimassage zu gönnen (120 – 180 Baht pro Stunde = 3 – 4,50 Euro). Wir betraten den Salon und und wurden in Umkleideräume geschickt, in denen wir ein Hemd und eine Hose bekamen (wie so Chirurgenkittel). Meine waren knallorange. Alleine schon aus seinen Alltagsklamotten hereus zu kommen und diese frischen Sachen anzuziehen, entspannte schon ein wenig. Wir schlossen unsere Klamotten in ein dafür vorgesehenes Schränkchen und nahmen auf eine Holzbank vor einer Schüssel mit Wasser Platz. Gleichzeitig wuschen zwei Frauen unsere Füße mit fruchtig riechendem Wasser und einer Bürste, die ganz schön kitzelte, auch wenn sie ordentlich schrubbten. Danach kamen wir in einen abgedunkelten Raum mit dünnen Matratzen auf dem Boden. Die Luft roch nach Minze und ätherischen Ölen, die Klimaanlage hielt den Raum in einer angenehmen Temperatur. Wir nahmen auf zwei Matten nebeneinander Platz und bekamen einen angenehm warmen Tee zu trinken. Als wir diesen beendet hatten, kamen zwei Masseurinnen und behandelten uns parallel zueinander. Dass es fast exakt parallel war, hörte man an dem Klatschen, wenn sie auf einen eindroschen. Sie fingen an den Zehen an und arbeiteten sich über Zehenknacken und Füße schmerzvoll verdrehen die Beine hinauf. Daraufhin kamen die Finger (autsch) und Arme dran. Der Schlimmste Teil waren eigentlich die Überdehnungen, die wirklich über den Grad heraus gingen, den ich nach dem Sport meinem Körper antun würde. Ein weiterer ziemlich ekliger Abschnitt der Thaimassage war das Rückenknacken. Dabei stehen sie hinter einem, man selbst sitzt im Schneidersitz und hat die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Sie drehen einem im Halbkreis über die Beine nach hinten und die Wirbelsäule knackt, als ob sie bricht. In manchen Stellungen drücken sie mit den Füßen und ziehen mit den Armen an Körperteilen, andere sind wiederrum ganz angenehm. Haben sie eine Gliedmaße abgeschlossen, merkt man unmittelbar, wie sich diese entspannt und gut anfühlt. Insgasamt ist das Gefühl danach wirklich gut. Ich bin nur leider ein bisschen zu schmerzempfindlich für diese Art der Massage. Wahrscheinlich war es trotzdem nicht das letzte Mal.
Nach einer relativ lauten (Hunde, Baby nebenan, Glocken und Mönchgemurmel des Tempels nebenan), aber entspannten schönen Nacht in unserem Traumhotel standen wir am nächsten Morgen mit freudiger Erwartung früh auf und packten unsere Tagesrucksäcke für unser Abendteuer.
Wir mussten keine Lebensmittel packen, weil ein Mittagessen inklusive war. Wir warteten vor dem Hotel in der warmen Morgensonne und pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt fuhr ein Van mit der Aufschrift des Anbieters vor. Wir kletterten hinein und man informierte uns, dass die Fahrt zum Fluss 2 Stunden dauern würde. Die also insgesamt vier Stunden Busfahrt erklärten die lange Ausflugszeit. Wir waren trotz der Aussicht auf die lange Fahrt in dem engen Bus weiterhin aufgeregt. Während eines Zwischenstopps an einem Imbiss lernten wir unsere Mitstreiter kennen: zwei spanische Automobilingenieure, ein verrückter Australier („Ich hab gestern nichts gegessen, nur den ganzen Tag Bier getrunken.“ – Good on ya!) und eine kleine Familie aus Neu Kaledonien. Wie viele französisch sprechende Muttersprachler (ist das doppelt gemoppelt?) hatten sie große Probleme mit der englischen Sprache, so dass wir nur die grundlegendsten Sachen von ihnen mitbekamen. Ich glaube, nach diesem Jahr sagen zu können, dass Franzosen und der-französischen-Kultur-nahe Menschen es ziemlich schwer beim Reisen haben. „Vor den Kopf stoßen“ passt nicht ganz, aber so ähnlich fühlt man sich oft, wenn man mit ihnen kommuniziert. Dadurch, dass wir mit Christopher und Gwenna in Australien eine Zeit lang zu tun hatten, merkten wir, dass das allein an der Kommunikationsweise liegt, die sie gewohnt sind und dass sie gar nichts dafür können. Witzig ist auch, wie wir innerhalb dieses Jahres gelernt haben, ziemlich zuverlässig Menschen zu erkennen. Ich glaube manchmal, Reisen macht einerseits zwar offener gegenüber Menschen, andererseits muss man wirklich aufpassen, dass man nicht zu sehr dieses Schubladendenken bekommt, weil sich bestimmte Sachen immer wiederholen. Das nur so als Gedanken.
Die letzte halbe Stunde der Fahrt fuhren wir auf teilweise unbefestigten Wegen am Berg entlang. Auf einmal liefen Elefanten mit jeweils zwei Touristen schaukelnd auf dem Rücken und einem Führer hinter den Ohren sitzend mitten auf der Straße und in der Nähe konnten wir Wagen mit Büffeln davor gespannt sehen. Die ganze Region am Fluß war eine Art Touristengebiet. Zwischen den großen Tieren hindurch zu fahren erinnerte mich an die Dinosaurierfilme, in denen man auch immer diesen Kameraschwenk von unter hat, der einen selbst ganz klein fühlen lässt.
An unserem Zielort angekommen streckten wir uns erst einmal aus, nutzten die asiatische Toilette (im Hocken) und wurden in eine große Bambushütte ohne Wände geführt. Hier im angenehmen Schatten bekamen wir erst einmal Ananas und Bananenreis eingewickelt in Bananenblätter angeboten. Wir setzten uns an die Holztische und schauten auf den Fluss. Uns war nicht ganz klar, wie es weiter gehen sollte und so warteten wir erst einmal erwartungsfreudig ab. Die Broschüre versprach ein thailändisches Buffet und wir waren uns nicht sicher, ob es das schon war. Nach einer halben bis dreiviertel Stunde kam ein weiterer Van mit noch ein paar Leuten und das warme Essen wurde aufgetischt. Wie immer sehr lecker, genossen wir dieses Mittagessen im Dschungel. Wir untgerhielten uns noch viel mit den Spaniern, die uns von ihren Erfahrungen mit internationalen Teams erzählten. Als alle satt waren, bekamen wir unsere Ausrüstung: Schwimmwesten, Helme und Paddel. Zwei Thailänder machten ein kurze witzige Einführung in die Komandos auf dem Schlauchbot und Sicherheitsfragen. Sie erklärten, dass der Fluss zur Zeit sehr niedrig sei und wir deshalb auf viele Steine achten müssten.
Anschließend bildeten wir Teams. Da wir uns mit den Spaniern gut verstanden und genau vier Personen plus Führer in ein Boot passten, war das Siegerteam geboren. Das Wasser war zu Beginn sehr ruhig, doch wir waren ein ehrgeiziges Team, so dass wir von der letzten Position der vier Boote auf die zweite vorpaddelten. Wir begannen kleine Wasserschlachten beim Überholen und bald waren alle klitschnass. Die Sonne schien wie in Deutschland im Sommer und so trockneten alle Sachen ziemlich schnell. Zum Glück hatten wir uns mit unserer „Sport“-Sonnencreme eingecremt, die erstaunlich hartnäckig auf der Haut bleibt. Bald kamen die ersten Stufen im Fluss und ein paar Stromschnellen. Erstaunlich gut führte uns unser Führer da hindurch, wobei er selbst die meiste Arbeit übernahm. Wir mussten kaum navigieren, höchstens mal ein wenig vorwärts oder rückwärts paddeln. An engen Stellen lehnten wir uns in die Mitte, oder alle auf eine Seite. Manchmal steckten wir zwischen den Felsen fest und mussten ein wenig hopsen. Insgesamt sieht raften von außen viel wilder aus, als es ist. Es macht Spaß, ist aber kein Adrenalinsport. Das Boot muss echt einiges aushalten. Nicht selten sind wir mit voller Wucht frontal gegen Steine gefahren oder über spitze Steine geschliffen.
Am Ende des Flusslaufes waren wir dann schon trotzdem erschöpft. Der Tripp hatte genau die richtige Länge, um spannend zu bleiben. In kleinen Holzhütten duschten wir uns ab und zogen saubere warme Klamotten an und schauten auf einem Computer die vom Vanfahrer unterwegs geschossenen Fotos an. Jere und ich hatten uns vorher überlegt, dass wir maximal 400 Baht (10 Euro) für die Foto-CD ausgeben wollten. Die wollten aber leider für die (nicht so professionellen) Schnappschüsse 500 Baht. Wir überlegten eine Weile und bekamen dann mit, dass sich die Spanier eine CD kauften. Im Van machten wir mit ihnen aus, dass wir uns die CD teilen und gaben ihnen die Hälfte des Geldes. 500 Baht waren die wenigen Fotos wirklich nicht wert. Aber so war das ja auch in Neuseeland: Die Videos und Fotos kosten mindestens noch mal ein Viertel des Gesamtpreises.
Insgesamt war das ein toller Ausflug und wir sind froh, dass wir ihn gemacht haben! Vielleicht hätte der andere etwas billigere Anbieter auch genügt, denn es war nicht super durchorganisiert oder so. Aber so billig wie in Thailand bekommt man einen solchen Rafting-Trip wohl sonst kaum! Wir sind froh, dies in Chiang Mai gemacht zu haben und planten unser nächstes Erlebnis gleich für den nächsten Tag.