Erika Stucky and Roots of Communication (c) dr
Erika Stucky and Roots of Communication
Zeitgeist, Zeitgeist, Zeitgeist. Wer wissen möchte, was das eigentlich ist, der besuche ein Konzert von Erika Stucky mit ihrer Band Roots of Communication wie jenes, das sie am 20. Oktober im Pôle-Sud in Strasbourg gab. Denn dabei kann man fühlen, hören und sehen, wie musikalisch Kreative heute ihre Ideen in einem Konzert umsetzen. Easy living, crossover, Dada, smooth-sounds, schräge Töne. All das aber noch mehr bietet Stucky an einem solchen Abend. Ihr Bühnenoutfit, eine Mischung aus Rapper-und creative-girlie-style hebt sich gewollt bunt von ihren Partnern ab. Diese agieren an den Drums (Nelson Schaer) oder an diversen Blasinstrumenten – allen voran zwei Alphörnern, (Robert Morgenthaler, Jean-Jacques Pedretti) mit offensichtlichem Spaß. Ob Posaunen, Kaori-Muscheln oder Alphörner, es scheint den beiden völlig egal zu sein, in was sie blasen. Ob sie Stucky, die ihre Stimme selbst mit einer Besen-Percussion-Performance unterstützt begleiten oder ein Solo spielen, ist ihnen egal. Sie sind präsent in jeder Minute, allzeit bereit einen Rhythmusteppich zu legen oder auch gegeneinander in Wettstreit zu treten. Alphörner verwandeln sich plötzlich klanglich in Digeridoos, die Stucky wiederum mit ihrer kraftvollen Stimme und afrikanischen Gesängen ihrer ursprünglichen Herkunft beraubt. Herkunft, Wurzeln, das ist etwas, was in Stuckys Musik zwar immer wieder einmal durchscheint, auch bei ihren Jodeleinlagen, die zeitweise stark an ihren männlichen Gegenpart Hubert von Goisern erinnern, aber Herkunft und Wurzeln sind bei ihr nur dazu da, um verändert zu werden. Um adaptiert zu werden in ihr eigenes Klanguniversum, in dem sie sich von der rauchigen Jazzinterpretin über die stampfende afrikanische Rhythmus-Mama bis hin zur jodelnden Dada-Queen mit Hundemaske ständig verändert. Stucky schwimmt gegen den Strom und in gewisser Weise dennoch ganz oben auf seinen kleinen, sich kräuselnden Wellen, die nur das ganz nach oben tragen, was durch ein darunter liegendes Gebräu bereits vorbereitet wurde. Das ist es auch, was das Publikum an Erika Stucky wohl so liebt. Ihre fast laienhaften Videoeinspielungen, deren Ausschnitte und Unschärfen wir selbst von unseren mittelprächtigen Ergebnissen auf diesem Gebiet zur Genüge kennen, prangen, ungeniert und launig von ihr selbst interpretiert, auf der großen Bühnenleinwand. Der große Besen, den sie geschultert mit einem Hölzchen als Rhythmusinstrument verwendet, steht bei uns allen auch zuhause, genauso wie der gepolsterte Stuhl, auf welchem sie immer wieder Platz nimmt um ihren „guys“ zuzuhören, wenn sie ohne sie Musik machen. Ihre feministischen Querverweise kommen ohne erhobenen Zeigefinger, weiß sie selbst doch auch nicht, wie der alltägliche Spagat zwischen Kindern und Job, zwischen Putzfrau und Super-woman zu schaffen ist. Das alles in Musik ausgedrückt, ergibt eine Mischung die Spaß macht und in der man sich selbst auch wiederfindet. „I put a spell on you“, geschrieben von Screamin` Jay Hawkins und vielfach adaptiert, zeigte Stuckys musikalisches Talent am allerbesten. Fun und eine Interpretation, die unter die Haut ging, dass daraus eine Gänsehaut wurde – great Erika – you bewitched us – with your spell!