Auf dem Weg zur Versöhnung

Von Die Angelones @DieAngelones

Die Last ablegen – gemeinsam mit vielen anderen Betroffenen.

Sie kam völlig überraschend – diese Karte aus dem Stadtspital Triemli, und als ich sie zitternd in den Händen hielt, sah ich all diese Papiere wieder vor mir, Broschüren und Briefe, die wir im letzten Jahr erhielten und studieren mussten und die alle dasselbe Logo des Spitals aufwiesen, in denselben Farben und in derselben Aufmachung daherkamen.

Ja, ich sah sogar wieder den Menüplan vor mir, der dieser Einladung so ähnlich sah. Dieser Menüplan, der während der Spitalaufenthalte meines Vaters stets ein kleines Highlight darstellte, weil solange ein Mensch Appetit hat und isst, so krank er ja nicht sein kann. Dieser Menüplan, nach welchem er wenige Stunden vor seinem Hinschied noch gefragt hatte, weil er so fest davon ausging, dass alles wieder gut werden würde.

Doch ich hielt keine Menükarte in den Händen, sondern eine Einladung zu einer Gedenkfeier für die Menschen, die in den vergangenen Monaten in Stadtspital Triemli verstorben waren. Dies berührte mich zutiefst. Dieses Spital, dem ich im vergangenen Jahr aufgrund der vielen Besuche mehr und mehr mit Abneigung, ja, fast schon Feindseligkeit gegenübertrat, reichte mir nun die Hand, an den Ort zurückzukehren, der für mich mit so schmerzlichen Erinnerungen verbunden war und den ich seither gemieden hatte. Die Gedenkfeier ging mir zu Herzen wie selten etwas zuvor. Die Möglichkeit, die ganze Last meiner Tränen und meiner Trauer gemeinsam mit so vielen anderen betroffenen Menschen in einem bewegenden symbolischen Akt abzulegen, hat meinen Schmerz, der noch immer so tief in meinem Herzen sitzt, zu lindern vermocht.

In unseren Händen wurden die Steine warm

Es hat mich allen Mut der Welt gekostet, dieser Einladung Folge zu leisten und damit einen ersten Schritt in Richtung Versöhnung zu machen. Ich danke dem Spital Triemli dafür, uns Hinterbliebenen diese Chance geboten zu haben.

immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich

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