Auf dem Weg zum Superstar

GRANDMA’S BOY
(dt.: Grossmutters Liebling)
USA 1922
Regie: Fred C. Newmeyer
Mit Harold Lloyd, Anna Townsend, Mildred Davis, Charles Stevenson, Noah Young u.a.
Dauer: 56 min

Auf dem Weg zum Superstar

Holterdipolter stolpere ich durch Harold Lloyds Filmografie – nun kommt nach der sechsten Film-Besprechung auch endlich sein erster Langfilm an die Reihe.

Nachdem er in einer ganzen Reihe von Drei- und Vieraktern erfolgreich war – üblich waren zu dieser Zeit Kuzfilmkomödien mit ein bis zwei Akten – brachte Produzent Hal Roach seinen Star 1922 erstmals in einem Fünfakter heraus, die damals als „Abendfüller“ galten. Das war die vorletzte Stufe von Harold Lloyds Weg zum Superstar (die letzte war sein übernächster Film: Safety Last).

Bereits in Grandma’s Boy zeichnet sich überdeutlich ab, weshalb Lloyd derart grossen Erfolg hatte. Der Film ist einfach gut! Sehr, sehr gut.
Es ist erstaunlich, wie harmonisch die Handlung entwickelt ist. Jeder Gag wird minutiös vorbereitet, aus den meisten Gags entwickeln sich neue Handlungsoptionen, überraschende Wendungen oder Auswege aus aussichtslos erscheinenden Situationen. Das ist Lloyds Markenzeichen, man kann es in praktisch allen seinen Stummfilmen (mit Ausnahme vielleicht von Dr. Jack) beobachten: Die unendliche Sorgfalt, mit welcher die Handlung entwickelt wird. Mit welcher er die Handlung entwickelt, müsste man eigentlich sagen. Denn obwohl Lloyd nie als Regisseur seiner Filme fungierte, hatte er doch sämtliche Fäden seiner Produktionen in der Hand.

Was Chaplin manchmal Monate kostete, nämlich den richtigen Dreh bei einer schwierigen Handlungs – oder Figurenkonstellation zu finden, wirkt bei Lloyd wie aus dem Ärmel geschüttelt und doch absolut natürlich und organisch. In dieser Kunst wird er heute leider unterschätzt. Lloyd zählt zwar zu den „grossen Drei“ (Chaplin, Keaton, Lloyd) der amerikanischen Stummfilmkomödie, wird aber immer nur an dritter Stelle erwähnt. Dabei steht er – jedenfalls in meinen Augen – seinen berühmteren Kollegen in nichts nach. Von den anderen beiden unterscheidet er sich in gleichem Masse, wie sich Keaton von Chaplin und Chaplin von Keaton unterscheidet.

Obwohl Grandma’s Boy noch nicht mit so waghalsigen und haarsträubenden Stunts wie etwa Safety Last oder Girl Shy aufwartet, vermag er auch ein heutiges Publikum noch vollständig zu fesseln (eine Behauptung, die ich an einer Schulklasse voller actiongewohnter Elfjähriger verifizieren konnte). Die Spannung wird perfekt aufgebaut, unterschwellig ist sie stets präsent, während die leichteren Sequenzen von zum Teil umwerfenden Gags getragen werden.

Lloyd spielt hier ein Muttersöhnchen, das bei seiner Oma auf dem Land aufwächst und vor allem und jedem Angst hat. Er ist in die hübsche Mildred verliebt, doch sein Nebenbuhler lässt ihn bei dieser kaum zum Zuge kommen.
Als ein streunender Gauner im Kaff während eines Raubs einen Mann erschiesst, formiert sich unter er Leitung des Sheriffs ein Trupp Männer, die den bösen Buben einzufangen versuchen. Auch Harold wird eingezogen – und muss einsehen, dass er ein heilloser Feigling ist. Da greift seine Oma zu einer List…

Das Thema Schwächling durchlebt eine Wandlung und wächst über sich hinaus wurde in der Stummfilmzeit immer wieder gern durchexerziert (von Lloyd selbst, mit Vorliebe aber auch von Buster Keaton), doch selten so exemplarisch und gekonnt wie hier. Punkto Einfallsreichtum und Originalität reicht Lloyd hier noch nicht ganz, aber doch schon sehr nahe an vergleichbare Werke Keatons heran. Die Einladung bei seiner Geliebten, zu welcher Harold in einem total altmodischen Anzug erscheint, und zu dem auch sein Rivale eingeladen ist, gehört dabei mit zu Lloyds schönsten Momenten.
Der Film ist auf der auch hierzulande erhältlichen DVD mit einer hervorragenden Begleitmusik von Robert Israel unterlegt, der einmal mehr das Kunststück fertigbringt, zum Wesen des Filmes vorzudringen und ihn so richtig funkeln zu lassen.
Grandma’s Boy findet sich als Bonus auf der im deutschsprachigen Raum erschienen DVD Safety Last oder im Box Set Harold Lloyd Edition, die sämtliche Stummfilme Lloyds enthält.
9/10

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